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1468 - Tanz im Totenreich

1468 - Tanz im Totenreich

Titel: 1468 - Tanz im Totenreich
Autoren: Jason Dark
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vorbei. Die Augen hinter den geschliffenen Brillengläsern konzentrierten sich auf Tom, der unter den Blicken anging zu frieren.
    Das waren nicht mehr die Augen eines Menschen. Aus dieser Entfernung ließ sich das gut beurteilen. Es waren einfach nur kalte und auch gnadenlose Blicke. Das war dieses böse Fixieren, bevor jemand damit begann, etwas Grausames zu tun.
    So musste es sein, wenn man dem Tod ins Auge blickte. Tom glaubte fest daran, dass dem so war. Er schaute den Tod an. Es war der Wille, der sich in den Augen wiederfand, jemanden aus dem Weg zu räumen, und Tom wusste, dass Walcott nur einmal den Finger zu krümmen brauchte, um ihm den Tod zu bringen.
    Er sagte nichts.
    Er bettelte mit den Augen, aber er stellte auf diese Weise auch eine Frage.
    Warum?
    Walcott, der Killer, schien ihn verstanden zu haben, und Tom zuckte zusammen, als er von der Gestalt angesprochen wurde.
    »Wo ist deine Schwester?«
    Tom Abel schwieg. Darauf eine Antwort zu geben war ihm unmöglich, obwohl sie eigentlich auf der Hand lag und der unheimliche Besucher es ebenfalls wissen musste.
    »Sie ist tot!« presste Tom hervor.
    Eric Walcott schüttelte den Kopf.
    Tom holte Luft. »Ja, verdammt, sie ist tot! Sie lebt nicht mehr! Wir haben sie begraben.«
    »Ich will wissen, wo sie ist!«
    »Geh auf den Friedhof. Da findest du ihr Grab!«
    »Nein und ja. Ich kenne das Grab, aber ich weiß, dass es deine Schwester noch gibt. Und ich will eine Antwort haben, sonst wird es dir ergehen wie deinem Bruder. Aber dich werde ich mit einer Kugelgarbe durchlöchern, wenn du mir keine Antwort gibst.«
    Tom Abel verstand die Welt nicht mehr. Er stand zwar noch mit beiden Beinen auf dem Boden, aber war ansonsten völlig von der Rolle. Was ihm da gesagt und was er auch gefragt worden war, das passte überhaupt nicht. Das ging gegen alles, was er bisher gehört hatte. Wie konnte jemand nur diese Fragen stellen?
    Denn auch der Killer war tot, obwohl er vor Tom stand, was den fast aus der Bahn warf. Hier waren die Regeln auf den Kopf gestellt worden. Seine Schwester sollte noch leben oder war von den Toten zurückgekehrt. Für beides fand er keine Erklärung, obwohl ja ein Toter vor ihm stand.
    »Sie ist wieder da«, flüsterte Walcott mit einer neutralen Stimme.
    »Ich weiß es genau. Aber ich will auch wissen, wo sie sich aufhält. Was ich mache, das mache ich richtig. Ich habe sie gekillt, und ich werde sie noch mal killen.«
    »Du bist doch tot!« sagte Tom Abel mit automatenhaft klingender Stimme. »Du kannst nicht mehr zurückkehren. Du bist erschossen worden.« Er musste plötzlich reden. »Du – du – bist ein Zwillingsbruder – genau wie Brian mein Zwillingsbruder gewesen ist, verdammt noch mal…«
    »Das Jenseits wollte mich noch nicht!« flüsterte der Killer. »Der Teufel hat mir eine Aufgabe zugeteilt, damit ich mit deiner verdammten Schwester gleichziehe.«
    »Sie hatte nie etwas mit dem Teufel zu tun. Sie hat auch nie an ihn geglaubt.«
    »Das war ihr Fehler.« Tom schnappte nach Luft. In seiner Kehle brannte es.
    Er sah, wie der Killer nickte, und hörte ihn dann flüstern: »Es reicht, verflucht noch mal. Es reicht endgültig. Ich will jetzt wissen, wo sie steckt. Wenn ich die Antwort von dir nicht bekomme, werde ich dich erschießen. Aber ich schwöre dir, dass ich sie doch bekomme.«
    Es war schon komisch, aber Tom glaubte der Gestalt jedes Wort.
    Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Er fühlte seine Wange brennen, aber nicht von außen, sondern von innen, und dieses Feuer war überall verteilt.
    Zum ersten Mal in seinem Leben spürt er, was es hieß, Todesangst zu haben. Das Gefühl war nicht zu beschreiben. Sein Körper schien zu brennen. Heiße Wogen stiegen in ihm hoch und sammelten sich in seinem Kopf.
    Der Tote ging noch einen weiteren Schritt auf ihn zu. Er war jetzt so nahe, dass die Mündung Tom berühren konnte, wenn der andere die Waffe nach vorn streckte.
    Genau das tat er.
    Das kalte Metall hinterließ einen Abdruck an Toms Kehle. Genau dort, wo bei seinem Bruder Brian das Messer im Hals steckte. Der Killer würde ihn auf eine andere Art killen, aber daran wollte Tom jetzt nicht denken.
    »Wo?«
    Tom Abel ahnte, dass es die letzte Frage gewesen war, die ihm der Typ gestellt hatte. Und wieder war es ihm nicht möglich, so zu antworten, wie der andere es wollte.
    »Ich weiß es nicht…«
    Tom schloss die Augen. Er spürte den Druck der Mündung noch immer. Gleich würde der Tote abdrücken. Die Geschosse würden ihm den
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