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1460 - Lockruf des Trolls

1460 - Lockruf des Trolls

Titel: 1460 - Lockruf des Trolls
Autoren: Jason Dark
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einer Glasglocke. Niemand redet offen darüber, niemand trägt es in die Welt hinaus. Lieber leiden sie und hoffen, ihre Kinder groß zu bekommen.«
    »Wie viele Kinderleichen hat man eigentlich schon gefunden?« erkundigte sich Al.
    »Ich weiß es nicht. Aber es sind einfach zu viele. Das hat sich im Laufe der Zeit summiert. Manchmal gibt der Sumpf wieder eine frei. Ansonsten bleiben die Kinder verschwunden. Ich habe auch nie eine Statistik über die verschwundenen Babys gelesen. Niemand hat sich die Mühe gemacht, eine zu erstellen.« Er tippte gegen seine Stirn.
    »Das haben die alles in den Köpfen gespeichert.«
    McCormick lachte bitter. »Trolle mit Vampirzähnen. Das ist der reine Wahnsinn. Allein, dass es Trolle geben soll, kann ich nicht begreifen. Für mich waren das immer Fabeltiere. Sie sind Wesen aus Legenden und Mythen, nicht nur hier, sondern auch in den nördlichen Ländern Europas. So schlau habe ich mich gemacht. Dabei habe ich immer gedacht, es wäre so wie mit dem Monster von Loch Ness. Auch wenn man sie nicht sieht, muss man nur daran glauben.«
    »Genau. Aber wir haben sie gesehen.«
    »Das ist ja unser Schicksal.« Peter Login musste lachen. »Schicksal ist gut, wirklich. Ich will nicht hoffen, dass die Entdeckung etwas Schicksalhaftes mit sich bringt, das für uns lebensgefährlich wird.«
    Er verengte die Augen. »Man kann nicht erwarten, dass diese kleinen Monster erwachsene Menschen in Ruhe lassen und sich nur auf Kinder konzentrieren, wie es in den Überlieferungen zu lesen ist.«
    »Wir warten erst mal ab, Peter.«
    Login schaute auf die Uhr. »Inzwischen sind zwei Tage vergangen, seit du den letzten Kontakt mit deinem alten Kumpel gehabt hast. Meinst du nicht, dass man uns im Stich gelassen hat?«
    »Daran glaube ich nicht. Ich kenne meinen alten Freund Sir James. Es wird etwas passieren. Außerdem haben wir erst früh am Tag. Aber ich werde trotzdem auf Nummer Sicher gehen und mal anrufen.«
    »Gut.« Login schüttelte den Kopf. »Ich ärgere mich nur, dass wir hier in einem Funkloch sitzen. In Wales ist eben alles anders.«
    »Du sagst es.« McCormick trat die Kippe mit seinem Absatz aus.
    Dann hob er den Kopf. »So, ich denke, dass ich mal wieder zurück in meine Wohnung auf vier Räder gehe. Und was hast du vor?«
    »Mal sehen, ob ich die Tote male. Ihr Sohn wollte sich großzügig zeigen.«
    »Dann tu es doch.«
    »Mal schauen.«
    Peter Login verließ zuerst den Unterstand. Er stand nicht grundlos so hoch. Bei starken Regenfällen wurde der Tümpel zum Teich.
    Dann stieg das Wasser, aber es drang nie in die Hütte ein, sodass man dort immer mit trockenen Füßen sitzen konnte.
    McCormick blieb allein zurück. Er war jetzt 66 Jahre alt. Er hatte ein hartes Berufsleben hinter sich, aber so etwas wie in letzter Zeit war ihm noch nie widerfahren. Da hatte er tatsächlich diese. Trolle im schalen Licht der Dämmerung gesehen. Er hätte eigentlich weiterfahren können, wie es sein Vorsatz gewesen war, aber das hatte er nicht fertig gebracht. Seine Neugierde war zu groß gewesen, und er sah es als einen Glücksfall an, einen Verbündeten getroffen zu haben. Mit Peter Login konnte man reden, denn auch er hatte einen Troll gesehen und sogar versucht, ihn zu fotografieren, was jedoch nicht geklappt hatte.
    Seine Zeichnung allerdings hatte haargenau dem Aussehen des Trolls entsprochen. Nur mit den zwei hervorstehenden Zähnen konnten beide Männer nicht recht etwas anfangen. Sie hatten zwar ausgesehen wie die Hauer von Vampiren, an die allerdings glaubte keiner von ihnen.
    Nach einer Weile stand auch McCormick auf. Vom langen Sitzen war er steif geworden. Mit vorsichtigen Schritten stieg er die Stufen der Treppe hinab und blieb auf dem weichen Boden stehen.
    Mit seinem Wohnmobil hatte er nicht bis an die Hütte heranfahren können. Er wäre unterwegs stecken geblieben, denn hier hatte der Sumpf das Sagen.
    Man musste schon Acht geben, wohin man seine Schritte setzte.
    Nahe der Hütte ging es, aber dort, wo die Bäume nicht mehr so hoch wuchsen und nur noch ein paar Birken die Stellung hielten und sich Niederwald, sperriges Unterholz und dichte Büsche ausbreiteten, war es gefährlicher. Da bewies die Natur, wie tückisch sie sein konnte.
    Die Luft bewegte sich nicht. Aus Südwesten war wärmere Luft geströmt. Sie hatte sich mit Feuchtigkeit voll gesogen und hinterließ eine schwüle Wärme. Feine Nebelschwaden hatten sich gebildet, und erste Mücken tanzten bereits in der Luft.
    Al McCormick
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