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1448 - Der Kaiser von Karapon

Titel: 1448 - Der Kaiser von Karapon
Autoren: Unbekannt
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normalerweise seiner besonderen Stellung wegen kaum zur Geltung kamen. Er war intelligent und gebildet, und man konnte sich sehr gut mit ihm unterhalten - zumindest so lange, wie er nicht auf die Idee kam, den Herrscher herauszukehren. Bei Diskussionen aller Art ließ er sich zwar gerne auf verschiedene Standpunkte ein, aber im Endeffekt war er niemals dazu zu bewegen, einen Standpunkt oder eine Überzeugung aufzugeben. Er hatte immer recht, ganz gleich, was auch geschehen mochte.
    Das machte diese Gespräche mitunter recht anstrengend.
    Ab und zu brachte sie die Sprache auf die Perle Moto. „Woher stammt sie?" fragte sie zum Beispiel. „Seit wann gehört sie zum Kronschatz von Karapon? Enthält sie noch weitere Berichte über fremde Schiffe? Und warum glaubt ihr alle, daß ein weiteres Bruchstück der Perle in der NARGA SANT sein muß?"
    Aber bei solchen Gelegenheiten zeigte es sich, daß Thoy-P'ang es in Sachen Verschwiegenheit ohne weiteres mit der ehemaligen Wissenden aufnehmen konnte.
    Er ließ sich nicht ausfragen, sondern wahrte seine Geheimnisse - genau wie Dao-Lin-H'ay.
    Und so kam es, daß sie manchmal stundenlang aneinander vorbeiredeten oder ihre Gespräche einem seltsamen Tanz ähnelten, bei dem sie sich beständig umkreisten, von Aggressivität und Faszination zugleich aneinandergefesselt.
    Immerhin schien Thoy-P'ang allmählich einzusehen, daß Dao-Lin-H'ay tatsächlich nichts von dem vermuteten zweiten Stück der Perle Moto wußte, denn er kam immer seltener auf diesen Punkt zurück. Dafür berührte er eines Tages ein anderes, nicht minder heikles Thema. „Wenn wir dieses riesige Schiff haben", sagte er, „werden wir Kartan erobern. Du kannst bis zu einem gewissen Grad bestimmen, wie das Schicksal der Kartanin in diesem Fall aussehen soll. Ich habe mittlerweile begriffen, daß ihr ein sehr stolzes Volk seid. Wenn wir Karaponiden über euch herrschen wollen, werden wir das nur mit Gewalt tun können."
    „Ihr werdet niemals über Kartan herrschen!" sagte Dao-Lin-H'ay heftiger, als es in ihrer Absicht lag. „Du könntest es tun!" erwiderte Thoy-P'ang ruhig. „Ich könnte dich zur Kaiserin machen. Dir würden sie gehorchen."
    Dao-Lin-H'ay lachte. „Du irrst dich!" sagte sie. „Die Kartanin würden das niemals akzeptieren. Im übrigen solltest du dir die Eroberung Kartans nicht zu leicht vorstellen. Auch mit diesem großen Schiff kannst du unser Sternenreich nicht im Vorübergehen zu deinem Besitz machen."
    „Es käme auf die Schnelligkeit und einige andere Faktoren an", erklärte er gelassen. „Vielleicht werden wir die Schwarzen Sternenstraßen benutzen."
    Er beobachtete sie, während er das sagte, und sie mußte sich zusammenreißen, um sich nicht zu verraten, denn von den Schwarzen Sternenstraßen sollte sie wohl besser nie etwas gehört haben. „Was sind die Schwarzen Sternenstraßen?" fragte sie verblüfft. „Du müßtest sie doch kennen. Die NARGA SANT hat diesen Weg genommen."
    Sie hatte ihm gesagt, daß das Schiff in ein Schwarzes Loch geflogen war - nicht mehr und nicht weniger. Und sie wiederholte es jetzt. „Ganz recht", bestätigte Thoy-P'ang. „Sie hat eine solche Straße benutzt - oder zumindest hat man es versucht."
    „Ich kenne diesen Begriff nicht", behauptete Dao-Lin-H'ay so unbefangen, wie es ihr möglich war. „Woher hast du ihn?"
    „Von der Perle Moto."
    Sie saß da und tat, als wisse sie nichts, aber es kostete sie eine schier unglaubliche Kraft, die Krallen zurückzuhalten. „Hat die Perle Moto euch auch verraten, wie man diese Straßen benutzen kann?" fragte sie nach einer langen Pause.
    Er musterte sie aufmerksam. „Du weißt etwas über diese Dinge", stellte er fest, und für einen Augenblick stieg die Wut in ihm auf, die Ungeduld des Herrschers, der es gewöhnt war, auf den leisesten Wink alles zu bekommen, was er haben wollte.
    Sie starrte ihn an und rechnete damit, daß er im nächsten Moment die Wachen rief und sie fortschaffen ließ, um endlich all das aus ihr herauszuholen, was sie ihm verschwieg.
    Endlos lange Sekunden vergingen. Dann tat er einen tiefen Atemzug. „Eines Tages wirst du es mir verraten", sagte er, erhob sich und ging davon.
    Zwei Tage ließ er sich nicht blicken.
    Dafür kam Sisa-Vart, und die Wachen ließen sie ein. „Heute nacht", flüsterte Sisa-Vart ihr ins Ohr, während sie Dao-Lin-H'ay umarmte, als sei sie über alle Maßen erfreut, eine langjährige Freundin allen Befürchtungen zum Trotz gesund und unbeschädigt wiederzusehen.
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