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1439 - Totenfeld

1439 - Totenfeld

Titel: 1439 - Totenfeld
Autoren: Jason Dark
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wenige Falten. Die Haut war noch recht glatt. Der breite Mund fiel darin auf, der zu einem Lächeln verzogen war und es auch blieb, als sie uns die Gläser hinstellte.
    Sie fand ihren Platz in einem Sessel, dessen Lehnen nur zum Teil gepolstert waren und ansonsten aus hellem Holz bestanden.
    Etwas allerdings unterschied sie von Lady Sarah. Die Horror-Oma war stets stolz auf ihren Schmuck gewesen. Das traf bei Anna Bancroft nicht zu. Sie hatte nicht einmal eine Kette umgelegt. Dafür schimmerten an ihren Fingern einige Ringe mit bunten Steinen.
    Sie hob ihr Glas an. »Ich denke, wir sollten auf unsere gute alte Freundin einen Schluck trinken.«
    Der Meinung waren wir auch.
    Der Saft war wirklich eine Wohltat. Er schmeckte hervorragend.
    Wir lobten ihn, was unsere Gastgeberin freute.
    »Ich gebe mir auch viel Mühe, wenn ich ihn herstelle. So etwas bekommt man nicht zu kaufen.«
    Ich hatte sie heute zum ersten Mal gesehen, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie Jane nur angerufen hatte, damit sie ein Erbstück abholte. Mein Gefühl sagte mir, dass mehr dahinter steckte.
    Nur wusste ich nicht, was Anna Bancroft im Schilde führte.
    Sie rückte auch nicht sofort damit heraus, sondern sprach lieber über ihre verstorbene Freundin, die ein sehr aufregendes Leben geführt hatte.
    »Und dabei habe ich sie immer gewarnt, aber sie wollte nicht hören.« Anna winkte ab. »So ist sie schon als junge Frau gewesen. Sie hatte immer ihren eigenen Kopf.«
    Wir erfuhren auch, dass Anna zwei von Lady Sarahs Ehemännern gekannt hatte. Lady Sarah war früh zur Witwe geworden, und sie hatte das Glück gehabt, nach dem Tod ihrer Männer stets ein kleines Vermögen zu erben. So war sie im Alter sehr unabhängig gewesen.
    »Und Sie sind immer hier wohnen geblieben«, stellte Jane fest.
    »Ja, mich hat es nie in die Großstadt getrieben.«
    »War Ihnen das nicht zu langweilig?«
    »Nein, ich hatte mein Auskommen. Man kennt mich hier. Man mag mich, man kommt auch mal zu mir, wenn man Hilfe braucht. Ich lege den Leuten dann die Karten.«
    »Das hörten wir schon.«
    Ich lehnte mich zurück. Es war warm im Raum. Zwei Wandleuchten gaben einen senffarbenen Schein ab, und man konnte sich hier so wohl fühlen, dass einem irgendwann die Augen zufielen und man ein kleines Nickerchen machte.
    Sie seufzte. »Ich habe ja erst vor nicht allzu langer Zeit vom Tod meiner Freundin erfahren, aber ich habe nicht vergessen, was sie mir mal sagte. Sollte ich nicht mehr sein, dann möchte ich, dass Jane Collins die kleine Borduhr erbt.«
    »Was für eine Uhr?«, fragte Jane.
    Anna Bancroft lachte. »Wir haben sie immer so genannt, weil sie auf dem Sideboard steht. Nicht hier, sondern im Nebenzimmer. Dort steht sie auch noch heute.«
    »Hat diese Uhr etwas Besonderes an sich?«, wollte Jane Collins wissen.
    »Ja und nein. Es war praktisch das erste antike Teil, das sich Sarah gekauft hat. Ihr Alter schätze ich auf rund zweihundert Jahre. Sie ist wirklich ein kleines Schmuckstück. Zudem eine englische Uhr und nicht so verspielt wie die französischen. Ich werde sie gleich holen. Zunächst möchte ich meinen Saft trinken und mehr über Lady Sarah hören, und auch über Sie, Jane.«
    Dieser Wunsch war nicht unnatürlich, und Jane Collins tat ihr den Gefallen. Dass sich Sarah Goldwyn immer wieder gegen die Mächte der Finsternis gestellt und deshalb auch den Namen Horror-Oma bekommen hatte, ließ sie nicht aus, denn sie musste davon ausgehen, dass Anna Bescheid wusste. Aber sie ging nicht auf Einzelheiten ein, was Anna allerdings nicht hinnehmen wollte.
    »Da war doch noch etwas«, sagte sie.
    »Was, bitte?«
    Anna Bancroft lächelte mich an. »Sie hat von Ihnen immer als Geisterjäger gesprochen.«
    »Ach ja?«
    Sie winkte ab und lachte. »Bitte, tun Sie nicht so, als wäre Ihnen das fremd.«
    Ich nickte. »Nein, fremd ist es mir nicht, aber sicher hat Sarah ein wenig übertrieben. Wir haben sie stets davor gewarnt. Sie sollte die Finger von verschiedenen Dingen lassen, aber das hat sie leider nicht getan. Irgendwann musste das Glück sie mal verlassen, und das ist leider eingetreten.«
    »Wie starb sie?«
    Ich wusste, dass die Frage gestellt werden würde, und gab ein leises Seufzen von mir. Einer direkten Antwort wollte ich ausweichen, deshalb sagte ich: »Es ist nicht so einfach zu erklären. Zumindest hat sie einen sehr ungewöhnlichen Tod gehabt.«
    Da ich nicht mehr weitersprach, schüttelte Anna Bancroft den Kopf und beschwerte sich. »Sorry, aber das
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