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143 - Die Höllenfahrt des Geisterzugs

143 - Die Höllenfahrt des Geisterzugs

Titel: 143 - Die Höllenfahrt des Geisterzugs
Autoren: Dämonenkiller
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auch Menschen anzutreffen", sagte Coco. Sie deutete zum Fuß des Viadukts, wo fahl und verschwommen ein Licht flackerte. Der Schein brennender Kerzen brach sich in vielen kleinen Butzenscheiben.

    Der Waggon besaß an beiden Enden Durchgänge, nur war der zur Lok hin durch eine Eisenplatte verschlossen.
    „Passen Sie auf!" warnte der Schaffner, während er die ersten Bolzen löste. „Ich möchte auf keinen Fall, daß der Fahrtwind die Platte nach innen wirbelt."
    Es war eine mühselige, zeitraubende Arbeit. Zum Teil waren die Bolzen festgerostet und ohne entsprechendes Werkzeug kaum zu lockern.
    Nach wie vor schnaufte der Zug durch eine schier undurchdringliche Schwärze. Es gab keinerlei Bezugspunkte, an denen man sich hätte orientieren können.
    Allmählich wurden die ersten Passagiere unruhig. In einem Abteil schrie ein kleines Kind. Burian vernahm eine Frauenstimme, die besänftigend auf das Kleine einredete. Kurz darauf wurde die Schiebetür aufgestoßen. Ein Mann, ungefähr Mitte Vierzig, korpulent und mit leicht gerötetem Gesicht, trat auf den Gang heraus. Vergeblich versuchte er, eines der Fenster zu öffnen.
    „Hier ist die Suppe genauso dick", schimpfte er. „Möchte bloß wissen, wie lange das so weitergehen soll."
    „Komm schon, Heinz", sagte die Frauenstimme. „Du änderst nichts daran, wenn du dich aufregst." „Ich will mich aber aufregen", erwiderte er heftig. „Verdammt, ich will endlich wissen, woran ich bin. Eine Stunde sind wir bestimmt schon unterwegs. In der Zeit gehe ich zu Fuß nach Weilheim." „Vielleicht irrst du dich, Heinz…"
    Das Kind begann erneut zu schreien. Jämmerlicher als zuvor, und immer wieder von heftigem Schluchzen unterbrochen.
    „Sieh endlich zu, daß der Bengel den Mund hält. Das Plärren macht mich noch verrückt."
    „Das hättest du dir vorher überlegen sollen. Man kann nicht einfach Kinder in die Welt setzen und sich hinterher vor der Verantwortung drücken. Der Kleine hat die Hosen voll; wenn du das nicht verstehst…"
    Burian wandte sich wieder um. Er hatte keine Lust, sich den Familienstreit weiter anzuhören. Aber andererseits war es kein Wunder, wenn die Leute gereizt reagierten. Wer jetzt noch nicht spürte, daß vieles anders war als es sein sollte, der war entweder völlig abgestumpft oder hatte den Sinn für die Realität verloren.
    „Ich suche den Schaffner. Er muß uns sagen, was los ist."
    „Bleib hier, Heinz, das bringt doch nichts. Du machst dich höchstens lächerlich."
    „Kümmere du dich um das Balg, Martha. Die Männersachen überlaß mir." Wütend schlug der Mann die Tür zu.
    Bevor er sich noch suchend umgesehen hatte, gesellten sich weitere Passagiere zu ihm. Teils heftig gestikulierend redeten sie aufeinander ein. Burian konnte sich vorstellen, daß das, was sie zu besprechen hatten, wenig hilfreich sein würde. Der Ruf nach dem Schaffner wurde zunehmend lauter. Dann löste sich die Gruppe auf; die Männer und Frauen eilten nach beiden Richtungen davon. Burian sah den Korpulenten näherkommen. Noch hatte er sie allerdings nicht entdeckt.
    „Da vorne geht es nicht weiter", rief jemand.
    „Davon überzeuge ich mich selbst", erwiderte der mit Heinz Angeredete. Er stieß die Schwingtür auf, bog um die Ecke - und blieb wie angewurzelt stehen.
    „He", stieß er hervor, „was macht ihr da?" Und wesentlich lauter fügte er hinzu: „Kommt alle zu mir, ich habe ihn."
    Überrascht ließ der Schaffner die Hand mit dem Gabelschlüssel sinken. Etwa ein Drittel der Bolzen hatte er bereits gelöst. Die Eisenplatte rieb knirschend am Rahmen.
    „Was ist los?" wollte der Schaffner wissen. Er gab sich jede Mühe, überrascht dreinzublicken, doch die Furcht wich nicht aus seinen Augen.
    „Dasselbe wollte ich Sie fragen."
    Breitbeinig, die Fäuste in die Hüften gestemmt, stand der Korpulente herausfordernd da. „Wir sollten Weilheim längst erreicht haben."
    „Der Nebel ist an der Verspätung schuld", antwortete der Schaffner ausweichend.
    „Ach, Unsinn." Mit einer unwilligen Handbewegung wischte der andere alle Bedenken fort. „Das erzählen Sie lieber Ihrer Großmutter. Hier läuft doch irgendein krummes Ding."
    „Ich bitte Sie…", begann Wilhelm Meier, wurde aber abrupt unterbrochen.
    „Er hat schon recht", pflichtete eine Frau bei. „Wenn ich es richtig sehe, versuchen Sie, die Trennwand zu lösen. Wollen Sie auf die Lok klettern?"
    „Natürlich hat er das vor", fügte ein kräftiger Bursche in der Uniform eines Obergefreiten hinzu.
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