Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1410 - Mallmanns Blut-Bräute

1410 - Mallmanns Blut-Bräute

Titel: 1410 - Mallmanns Blut-Bräute
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Junge?«
    ***
    Linus schrie!
    Nein, er schrie nicht. Er wollte schreien. Er hätte den Schrei loswerden müssen. So wäre die Spannung in seinem Innern gelöst worden, doch in Wirklichkeit schrie er nicht.
    Der Schrei lief nur in seinem Kopf ab.
    Die Stimme hatte einer Frau gehört. Es war die Blonde, die Mörderin, die Person im Zug, die kein Spiegelbild hatte, was auf einen Vampir hindeutete.
    Die Hände des Jungen lagen auf dem Rand des Trogs, und dort klammerten sie sich fest, als wollten sie das Material zerbrechen. Er stellte irgendwann fest, dass er wieder atmen musste, und als er das tat, bekam er Schwierigkeiten. Er zog die Luft nicht tief in sich hinein, sondern atmete intervallweise und laut. Auch brachte er es nicht fertig, sich zu drehen. Er wollte die Frau nicht anschauen, denn eine tiefe Furcht saß in ihm.
    Vampire brauchen Blut. Er ging nicht davon aus, dass die Blonde satt war. Das Blut eines jungen Menschen würde für sie eine Köstlichkeit sein.
    Er blieb weiterhin in seiner leicht gekrümmten Haltung stehen und hatte dabei das Gefühl, dass die Haut auf seinem Rücken noch kälter geworden war.
    Die Angst erlebte eine Steigerung. Plötzlich legte sich eine Hand auf seine rechte Schulter. Er spürte den leichten Druck, blieb weiterhin so versteift und fürchtete sich davon, dass ihn die Frau drehen würde, um von vorn her an seinen Hals zu gelangen.
    Dann vernahm er ein leises Lachen und hörte auch die amüsierte Frage. »Nun, mein Junge? Hast du erfahren, was du wolltest? Ist deine Neugierde befriedigt?«
    Linus gab keine Antwort. Nach wie vor fühlte er sich wie ins Gesicht geschlagen.
    »He, was ist denn? Bist du stumm?« Zum ersten Mal regte sich etwas bei ihm. Er war plötzlich in der Lage, den Kopf zu schütteln.
    »Aha, du lebst also noch.«
    »Bitte… bitte …«
    »Sag jetzt nichts, Junge. Ich hätte dir den Anblick gern erspart, aber du wolltest mir ja unbedingt auf den Fersen bleiben. Ich würde dir vorschlagen, dass du dich jetzt umdrehst. Ich spreche nicht gern gegen den Rücken anderer.«
    Linus hatte die Worte gehört. Sie waren sanft gesprochen worden, aber das hatte nichts zu sagen. Sie wollte, dass er sich umdrehte, und ihm bleib wohl keine andere Wahl. Er konnte sich nicht gegen diese Person stellen. Außerdem wollte er nicht mehr länger in das bleiche Gesicht des Wirts schauen.
    Aber die blonde Frau! Was würde sie tun? Würde sie weiterhin so freundlich bleiben? Er konnte es nicht glauben, und er wünschte sich zurück in sein Zimmer, wo es auch viele fremde und unheimliche Gestalten gab, die aber waren verborgen in seinen zahlreichen Büchern und wurden nur in seiner Fantasie lebendig.
    Die Hand berührte noch immer seine Schulter. Er bekam auch den leichten Druck mit, den sie ausübte, und jetzt stemmte er sich nicht mehr dagegen.
    Er drehte sich herum. Dabei bewegte er seinen Mund, ohne etwas zu sagen, und auch seine Augen waren größer geworden.
    Es war dunkel, es war neblig. Er sah die Frau vor sich trotzdem recht deutlich. Ihr Gesicht, das blonde Haar, der lange Mantel, der offen stand, und er glaubte auch, das Lächeln auf ihren geschlossenen Lippen zu sehen.
    »Ich denke, dass wir diesen Totenacker verlassen sollten.«
    Es war ein normaler Vorschlag, dem er nichts entgegensetzen konnte. So deutete Linus ein Nicken an und schaute zu, wie die blonde Frau zurückging.
    Mit zitternden Knien folgte er ihr. Dabei überlegte er, ob es nicht besser war, wenn er eine Flucht versuchte, aber er war sich fast sicher, dass sie schneller war als er.
    »Ich denke, wir sollten uns ein wenig unterhalten, mein Junge.«
    Die Kehle saß ihm zu, und eine Antwort konnte er deshalb nicht geben. Dafür hörte er ihre nächste Frage.
    »Wie heißt du?«
    »Linus Hill.«
    »Okay, Linus, ich bin Justine, und ich muss dir ein Kompliment machen. Du bist verdammt wach. Du gehst mit offenen Augen durch die Welt. Das habe ich gemerkt, als ich dich im Zug zum ersten Mal sah und du mir von deinem Spiegel erzählt hast.«
    Linus nickte nur.
    »Lass uns zu einer Bank gehen, mein Junge. Im Sitzen spricht es sich besser.«
    Linus fiel von einer Überraschung in die andere. Allmählich verschwand die starke Angst in seinem Innern, und er fühlte sich etwas gelöster. Reagierte so eine Person, die sein Blut wollt?
    Linus wusste es nicht. Sein Leben war auf den Kopf gestellt worden. Er hatte erkennen müssen, dass auf dieser Welt Dinge existierten, die es eigentlich nicht geben durfte. Jetzt befand er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher