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1403 - Die fliegenden Menschen

Titel: 1403 - Die fliegenden Menschen
Autoren: Unbekannt
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dem Dorf trugen Kleider aus gefärbter Quimonwolle, ihre Männer schritten gravitätisch in Jacken aus schillernden Echsenhäuten einher, und die jungen Mädchen hatten Blumen ins Haar geflochten. Die Hirten hatten sich in dicke Pelze und Drachenleder gekleidet, und ihre Weiber, stämmige Gestalten mit breiten Gesichtern, trugen hohe, bunte Mützen und dicke Ketten aus Silber und Edelsteinen.
    Nur die Kinder sahen aus wie immer - barfuß und schmutzig. Sie trommelten eifrig auf kurzen Röhrenknochen herum und schwangen fleißig ihre Rasseln, wie es sich bei einer Hochzeit gehörte.
    Vor Nathans Haus hatte man ein großes Vordach errichtet und es mit Blumen und Girlanden geschmückt. Auf zwei Tischen waren die Hochzeitsgeschenke ausgebreitet - warme Decken aus weichem Pelz, allerlei Hausrat, darunter zwei eiserne Kessel, für die man einigen sturen Hangarleuten aus Klein-Basis halbwegs die Köpfe hatte einschlagen müssen, außerdem Kleidung, Schmuck und Waffen. Covar Inguard und seine Artima würden ein wohlhabendes Paar sein.
    Endlich trat Nathan aus dem Haus, von Kopf bis Fuß in einen gewaltigen Umhang aus schneeweißem Quimonpelz gehüllt. Es war auch Zeit, denn von den Feuerstellen her duftete es verlockend, und die Hirten spielten bereits mit ihren Messern, um anzudeuten, daß sie allmählich hungrig wurden. Aber das interessierte Nathan nicht, und er hob die Arme und begann mit der langen Litanei, von der es hieß, daß schon die Vorfahren sie bei jeder Trauung angestimmt hatten.
    Nathan kam gerade an die Stelle, an der endlich von dem jungen Paar die Rede war, als einige der besonders wachsamen Hirten plötzlich die Köpfe hoben. Einen Augenblick später hörten es auch die anderen.
    Es donnerte.
    Nathan unter dem Vordach fuhr in seiner Rede fort, aber das Publikum geriet in Unruhe.
    Denn es war kein gewöhnlicher Donner.
    Covar Inguard hatte später oft versucht, diesen Augenblick in seinen Gedanken zu rekonstruieren, aber es war ihm nie zur Gänze gelungen.
    Er erinnerte sich an einen riesigen Schatten, der den Himmel verdunkelte, und an Männer, die ihre Waffen zogen und mit Pfeilen auf das gewaltige Ungeheuer schössen, und er erinnerte sich an einen Windstoß, der viel schwächer als die Stürme von Bugaklis war und doch viel furchtbarer.
    Es war ein Windstoß, der von oben kam und fast keinen Sand aufwirbelte. Selbst die zarten Blüten im Haar der Frauen und am Rand des Daches rührten sich kaum, und der Wind hatte nicht einmal genug Kraft, um die Quimonpelze der Hirten zu zerzausen.
    Aber dafür hatte dieser Windstoß eine gewaltige Stimme. Sein Fauchen erfüllte die Luft und ließ die Herzen derer, die es vernahmen, zu Eis gefrieren.
    Ja, wahrhaftig - denn sie stürzten zu Boden und blieben regungslos liegen.
    Die Frauen mit ihren Blumen im Haar, die Männer in ihren schillernden Jacken, die Hirten mit all ihrem Putz, die barfüßigen Kinder - zu Hunderten fielen sie in den Staub. Der Platz zwischen den Häusern war mit ihren Leibern bedeckt.
    Einige, die an den Feuerstellen arbeiteten, stürzten in die Flammen und verbrannten, ohne einen Laut von sich zu geben.
    Draußen in den Pferchen schrien die Tiere in panischer Angst und verstummten dann alle auf einmal, als der seltsame, fauchende Wind auch sie erfaßte.
    Stille breitete sich aus, nur die Feuer knisterten und krachten, und der Gestank nach verbranntem Fleisch erfüllte die Luft.
    Covar Inguard, seine Braut, Nathan und einige andere standen wie gelähmt unter dem Vordach und starrten auf ihre hingestreckten Stammesgefährten, unfähig, zu begreifen, was da geschehen war. Und der dunkle Schatten senkte sich aus dem Himmel herab, nicht flatternd wie ein Drache, sondern lautlos wie ein böser Geist. Mit dem Schatten kam eine seltsame Kälte, von der Covar Inguard nicht wußte, ob sie wirklich war oder nur seiner Einbildung entsprang. Diese Kälte lahmte ihn, und seine Gedanken flossen träge.
    Schwach erinnerte er sich an Berichte und Geschichten, die er gehört hatte.
    Die Tronahae, die mit ihren Sand-Seglern die endlosen Wüsten des Nordens durchführen, erzählten sich Schauergeschichten von Jägern, die aus dem Himmel herabgestiegen kamen und Menschen verschleppten - niemand wußte, wohin. Sie flüsterten vom eisigen Wind des Todes, der kein Wind, sondern eine Waffe war, und von Wesen, wie noch keines lebenden Menschen Auge sie je gesehen hatte. In den Wüsten sollten sie ihr Unwesen treiben und manchmal auch die wilden Stämme des Meeres
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