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1375 - Wächterin der Toten

1375 - Wächterin der Toten

Titel: 1375 - Wächterin der Toten
Autoren: Jason Dark
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weg…«
    Clara Lintock hatte jedes Wort verstanden. Ob sie allerdings genau wusste, worum es ging, war fraglich. Als sie jedoch die Augen öffnete, da bekam sie etwas zu sehen, was sie wiederum erschütterte.
    Der Geist war verschwunden!
    Das Kreuz lag vor ihr. Das Grab der Großmutter auch, doch die feinstoffliche Gestalt gab es nicht mehr. Sie war entfleucht wie ein Traum nach dem Wachwerden.
    Traum? Wirklichkeit…?
    Clara war nicht mehr in der Lage, das auseinander zu halten. Da schoben sich die beiden so verschiedenen Dinge zusammen, aber sie kam zu keinem Ergebnis.
    Ihre Knie zitterten. Die Normalität kehrte allmählich zurück. Der Wind brachte wieder den Geruch des Sommers mit. Sie drehte den Kopf und hielt das Gesicht dem Strom entgegen. Dabei hatte sie das Gefühl, die Normalität zu tanken.
    Ruhig sein. Tief durchatmen. Luft holen, vielleicht auch nachdenken. So genau wusste sie das nicht. Aber die Warnung hatte sie nicht vergessen, und sie glaubte auch daran, denn sie war von ihrem Schutzengel abgegeben worden.
    Noch einen letzten Blick warf sie auf das einsame Grab. Dann machte sie auf der Stelle kehrt und lief den Hang hinab. Zunächst noch verhalten, dann jedoch schneller, wobei sie auch der Steilheit Tribut zollen musste.
    Dass sie auf dem recht steilen Stück nicht hinfiel, glich einem kleinen Wunder. Aber vielleicht hatte auch da der Schutzengel eingegriffen.
    Der dunkle Fleck am Rand der schmalen Straße vergrößerte sich zusehends. Es war ihr eigenes Auto, dass sie dort abgestellt hatte.
    Der Mini wartete auf sie.
    Auf dem letzten Rest der Strecke bremste sie ihr Tempo. Sie ging langsamer, aber sie musste auch keuchen, so sehr hatte der Lauf nach unten sie angestrengt.
    Clara Lintock stieg nicht in den Wagen ein. Sie lehnte sich über das Dach des Mini, streckte die Arme nach vorn und wartete zunächst ab.
    Durchatmen, sich beruhigen und wieder zu sich selbst finden. Das war am besten. Sie spürte das innerliche Zusammensacken, aber sie wusste auch, dass sie jetzt nicht fahren konnte und sich zunächst mal erholen musste.
    Was sie erlebt hatte, das widersprach aller Logik. An Geister hatte sie bisher nicht geglaubt, doch nun war sie vom Gegenteil überzeugt worden.
    War sie das wirklich?
    Noch immer war es schwer fassbar für sie. Sie drehte dem Hügel und dem Grab den Rücken zu und traute sich kaum, sich wieder umzudrehen. Nach einer Weile tat sie es dennoch, schaute dann den Hang hoch und sah von diesem Friedhof eigentlich nur das Kreuz auf dem Grab der Großmutter, dass ihr zuzuwinken schien. Die anderen Steine waren einfach zu klein, um genau gesehen zu werden.
    Über ihr Gesicht huschte ein Zucken. Einen Geist sah sie nicht mehr, aber sie würde auch nicht vergessen, was sie da gesehen hatte. Nicht den Geist der Großmutter, sondern ihren eigenen, vor dem sie sich nicht zu fürchten brauchte, weil er ja ihr Schutzengel war.
    Welcher Mensch sah schon seinen Schutzengel? Wer glaubte schon daran, ihn je zu Gesicht zu bekommen? Gab es diese Wesen überhaupt oder waren sie nur eine Erfindung, um die Menschen zu beruhigen?
    Viele Fragen auf einmal drangen auf sie ein, doch auf keine wusste sie eine konkrete Antwort.
    Doch sie ahnte, dass das Erscheinen des Schutzengels auch mit dem Tod ihrer Großmutter zusammenhing, und als sie daran dachte, rann es ihr kalt den Rücken hinab.
    Endlich schloss sie die Fahrertür des Mini auf. Sie setzte sich hinter das Lenkrad, ohne allerdings den Zündschlüssel ins Schloss zu stecken. Clara wollte noch nicht fahren, weil sie noch zu sehr zitterte. Sie dachte plötzlich an ihre Eltern, die beruflich unterwegs waren. Das waren sie fast immer, und Clara kannte es kaum anders.
    Ihr Vater war der Kapitän eines Kreuzfahrtschiffes und ihre Mutter dort die Restaurantchefin. Früher war ihre Mutter immer zu Hause geblieben. Seit mehr als zwei Jahren jedoch begleitete sie ihren Mann, denn Clara war mittlerweile alt genug geworden, um allein zurechtzukommen. Wenn sie mit Problemen zu kämpfen hatte oder sie mal einen Verwandten brauchte, mit dem sie reden konnte, hatte sie sich immer an ihre Großmutter gewandt. Das war jetzt auch vorbei. Die Frau, die immer ein offenes Ohr für sie gehabt hatte, lag im Grab.
    Allmählich gelang es ihr, wieder normaler über das Erlebte nachzudenken, und sie kam sogar zu einem Ergebnis. Es musste nicht unbedingt stimmen, aber es konnte durchaus sein, dass sie etwas erlebt hatte, was für die Zukunft wichtig war. Sie versuchte sogar,
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