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1317 - Die Orphischen Labyrinthe

Titel: 1317 - Die Orphischen Labyrinthe
Autoren: Unbekannt
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bekam Sri den Eindruck eines schneckenhaften, schwarz schillernden Körpers. Sie sah zuckende Psi-Fühler und ein Dutzend um sich schlagende Ärmchen.
    Sie verstärkte ihre Abwehr, und dann war der Spuk auf einmal vorbei.
    Ihr war nun klar, daß der Nakk, der Tormeister von Yagguzan, es gewesen war, der versucht hatte, Kontakt mit ihr aufzunehmen. Sie fragte sich, ob er aus reiner Neugierde gehandelt oder ob er versucht hatte, sie zu manipulieren.
    Sri fröstelte, und sie nahm sich vor, Veth von dem Zwischenfall zu erzählen. Aber dann passierte etwas, das ihr diese Episode als unbedeutend erscheinen ließ.
    „In der Realität hast du deine parapsychische Fähigkeit unter Kontrolle, du kannst sie nach Belieben gebrauchen", hatte Veth sie vorgewarnt. „Aber wer weiß, ob das in der Pararealität ebenso ist und dir deine Empathie nicht vielleicht zum Fluch wird."
    Und genau so war es.
    Kaum daß Sri ins Labyrinth abgestrahlt worden war, erfaßte sie ein Gefühlssturm ohnegleichen. Sie hatte ihren Geist geöffnet, um möglichst viele Eindrücke von der Umgebung, in die sie transmutiert worden war, zu erfassen.
    Aber sie empfing jetzt alles auf einmal.
    Es war wie ein einziger, nicht endenwollender Aufschrei aller Kreaturen, die die Labyrinthe bevölkerten. Ob Jäger oder Verbannte, ihrer aller Emotionen stürmten auf sie ein.
    Sie spürte den Haß und die Wut, die Angst, den Schmerz und die Seelenqual, wie sie auch die Labyrinthbewohner verspürten ... in diesem Augenblick, jetzt!
    Der psionische Druck war so stark, daß Sri glaubte, davon überwältigt zu werden. Sie hatte nicht die Kraft, sich gegen diese Gefühlswoge zu wehren, sie konnte sich dagegen nicht abschirmen. Aller Haß, alles Leid dieser Labyrinthwelt drang in sie ein und nahm von ihr Besitz.
    Alles Entsetzen, alles Böse und Negative schien von ihr wie von einem Magneten angezogen zu werden. Es verbrannte sie, glühte sie aus. Sri schrie. Sie wollte am liebsten in ihr Gehirn greifen und den Unrat der Pararealität aus ihrem Schädel reißen. Aber sie konnte die einzelnen Bruchstücke nicht auseinanderhalten, nicht aussortieren ... es war eine einzige große und immer weiter anwachsende Lawine.
    Sri hatte nicht mehr die Kraft, sich gegen den beginnenden Wahnsinn zu wehren. Wenn es ihr Schicksal war, im Labyrinth den Anziehungspunkt für alle negativen Gefühle zu bilden, als Katalysator für alle Labyrinthbewohner zu dienen, dann wollte sie es hinnehmen, vielleicht trug sie damit zu einer Besserung der Verhältnisse bei.
    Sie erwartete den Wahnsinn - und er trat in Gestalt eines wie aus Myriaden feiner Fäden gesponnenen Gespenstes auf sie zu. Sie war geschlagen, völlig apathisch und ergab sich ihrem Bezwinger.
    Aber der Wahnsinn nahm ihre Kapitulation nicht so ohne weiteres an. Er stellte Bedingungen. Er wollte sie nicht nur bezwingen, sondern für sich gewinnen.
    Die gesponnene Gestalt krümmte sich und erinnerte in dieser lauernden Haltung an einen vielfach gezackten Blitz mit etlichen Ausläufern. Sechs der Blitzbahnen waren die Beine, auf denen sich der Wahnsinn auf sie zu bewegte.
    Er schickte Fäden aus seinem Körper, zu Bündeln und Netzen gesponnen, hüllte sie damit ein und ummantelte sie. Nun hatte sie der Wahnsinn völlig umschlossen. Sie sah in sein Inneres, in dem sich aus dem Gespinst nun ein Ball aus dichter Schwärze kristallisierte. Der Ball rotierte, und von seinen Rändern lösten sich schwarze Pünktchen, die sich zu Spiralarmen formierten.
    Sri sah dem Schauspiel fasziniert zu. Die Angst war gewichen, Ruhe kehrte in sie ein.
    Und sie wurde immer ruhiger, je größer die Spiralarme aus schwarzen Pigmenten wurden und je durchscheinender der Kern dieser schwarzen Miniaturgalaxie des Irrsinns wurde.
    Und die Spiralgalaxis wurde zu einem losen Pigmenthaufen, zu einem flirrenden Nebel aus Schwärze, und Sri war nun die Ruhe selbst.
    Die schwarzen Pigmente sammelten sich in einem ovalen Gebilde, ballten sich darin wieder zu einer dichten Kugel aus Schwärze.
    Der Wahnsinn hatte noch immer Blitzgestalt, mit sechs Blitzstrahlbeinen und ebenso vielen Blitzen als Arme. Die krumme, gezackte Gestalt war aus einem dichten Netzwerk von grünlichen, haarfeinen Fäden gesponnen. Und dieses Netzwerk spannte sich über ein dunkles Skelett.
    „Geht es dir wieder besser, Sri?" fragte der Wahnsinn. „Ich bin es, Veth, in der Gestalt des Spearers."
    Das schwarze Auge des Blitzers schien sie besorgt anzublicken.
    „Danke, Veth", sagte sie mit fremder
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