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1314 - Im Bann der schönen Nymphe

1314 - Im Bann der schönen Nymphe

Titel: 1314 - Im Bann der schönen Nymphe
Autoren: Jason Dark
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rötete ihr Gesicht. Auf ihren kleinen Handflächen lag ein dünner Film aus Schweiß. Sie wischte die feuchte Haut an der Hose ab. Sie leckte über die trocken gewordenen Lippen, und sie konnte den Blick einfach nicht von der Wasserfläche abwenden.
    Ja, da war etwas! Jetzt sah sie es schon deutlicher. Unter der Oberfläche, noch in der Tiefe versteckt, bewegte sich etwas auf das Ufer zu, an dem sie stand.
    War es hell? War es dunkel? So genau konnte sie es nicht erkennen. Jedenfalls war es keine Täuschung und auch kein Reflex vom Sonnenlicht, denn kein Strahl erreichte den Weiher.
    Es trieb näher.
    Es schwamm höher.
    Es war so bleich.
    Es tauchte auf.
    Jenny Mason bewegte sich nicht mehr. Sie hörte das leise Platschen, dann war es da.
    Sie starrte stumm und fassungslos auf das, was sich aus dem Wasser schob.
    Es war der Kopf eines jungen Mädchens!
    ***
    Alles war in diesen Momenten anders geworden. Jenny wusste selbst nicht, wie sie sich fühlte. Sie stand auf der Stelle und hielt den Kopf gesenkt, um das Gesicht nicht aus den Augen zu lassen. Noch hatte es das Wasser nicht verlassen. Nach wie vor schwamm es unter der Fläche. Durch die zuckenden Wellen war es auch nicht so konturenscharf zu sehen, doch Jenny Mason hatte keinen Zweifel.
    Was sie gesehen hatte und noch immer sah, das war ein Gesicht.
    Ein bleiches Etwas in einem grünlich schimmernden Glas, das trotzdem nicht fest war.
    Noch sah sie den Körper nicht. Nur das Gesicht. Lächelte es? War es starr? Welchen Körper besaß die Gestalt?
    Fragen über Fragen, auf die Jenny keine Antwort wusste. Sie merkte nur, dass sie sich entspannte. Der erste Schreck war dahin.
    Das Gesicht blieb, und es trieb näher.
    Jenny verspürte den Drang, dem Gesicht entgegenzulaufen. Dazu hätte sie ins Wasser gemusst, das traute sie sich jedoch nicht.
    Es war auch nicht nötig, denn das Gesicht trieb auf sie zu. Jenny hatte nie gewusst, wie tief das Wasser war. Bei entsprechenden Fragen hatte man ihr nur geantwortet:
    »Zu tief, Kind…«
    Aber nicht für die andere. Sie schwamm und trieb näher. Blätter umgaben den Kopf, bis zu dem Augenblick, als das Gesicht sich wieder an die Oberfläche schob.
    Und diesmal blieb es dabei. Es war wieder das Platschen zu hören. Dann schaute es hervor und Jenny an. Noch immer zeigte das Mädchen seinen Körper nicht. Es waren wohl die hellen Schultern zu sehen. Alles, was sich unter dem Hals befand, sah aus wie ein verwackeltes Bild.
    Beide schauten sich an. Jenny sprach auch jetzt kein Wort. Sie konnte ihren Blick von dem Gesicht nicht lösen, und sie hatte sich nicht geirrt. Etwas war anders.
    Auf dem Kopf lag ein Kranz aus bleichen, nassen Blättern. Er umrandete fahlblondes Haar, das strähnig den Kopf umgab. Die Gesichtshaut sah ebenfalls fahl aus, aber sie schimmerte auch in einem seltsamen Grün, das im direkten Gegensatz zu den dunklen Pupillen der Augen stand. Die Umgebung schien geschminkt mit grauer Farbe. Wie Tränen hatten sich einige Tropfen aus der Umgebung der Augen gelöst und rannen an den Wangen nach unten.
    Es war kein guter Blick, aber auch kein böser. Man konnte ihn als abwartend oder lauernd beschreiben. Der Mund mit den vollen Lippen zeigte kein Lächeln. Sie lagen aufeinander, und darüber malte sich die etwas dicke Nase ab.
    Jenny Mason wusste nicht, was sie von dem Erscheinen des Mädchens halten sollte. Wer war diese Person und wie konnte sie existieren?
    Lebte sie? Wenn ja, dann hätte sie im tiefen Wasser eigentlich ertrinken müssen. Das wäre normal gewesen. Als unnormal bezeichnete sie die andere Lösung.
    Sie lebte und war trotzdem tot. Eine Wasserleiche, die von der Strömung angetrieben worden war.
    Nur – hier gab es keine Strömung. Demnach musste sie sich allein auf den Weg gemacht haben. Aus der Tiefe kommend. Tot und trotzdem lebendig?
    Für einen Erwachsenen war dies ebenso unbegreiflich wie für ein Kind. Eine Ertrunkene, die noch lebte…?
    Jenny dachte darüber nach. Sie war ein Kind, und sie glaubte an die alten Geschichten und Märchen. Sie kannte viele Märchen, und sie war beim Lesen dieser Geschichten oft mit dem Tod konfrontiert worden, und das in einer ungewöhnlichen Form. Da waren die Bösen dann schreckliche Tode gestorben. Man hatte sie auch ertränkt.
    Besonders die Hexen.
    Wie hier? War das Mädchen, das drei, vier Jahre älter sein mochte, ertränkt worden?
    Aber es lebte doch!
    Jenny Mason gab sich einen Ruck. Sie konnte einfach nicht mehr an sich halten. Sie wollte etwas
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