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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Dritte von rechts mit dem glatt rasierten Gesicht und der stämmigen Figur«, sagte Fisser irritiert.
    Kapitän Betten nickte.
    »Von ihm kauften Sie die Taschenuhr?«, fragte er ernst.
    »Ja, ich vertraute ihm, bitte bereiten Sie mir keine Scherereien«, antwortete der Händler und reichte dem Kapitän das Foto.
    »Ihm vertrauten viele, auch ich. Keine Sorge, die Gerechtigkeit nimmt ihren Lauf«, antwortete der Kapitän und schob das Foto in den Umschlag.
    »Von Bord der Jenny?«, fügte er hinzu.
    »Ja«, sagte Fisser kleinlaut.
    »Keine Sorge!« Der Kapitän nahm den Schirm aus dem Ständer, verließ das Geschäft, ging in Richtung Knyphauser Straße und suchte das kaiserliche Polizeirevier auf.
    Der 45-jährige Polizeirat Malte Mannen empfing den abgemusterten Kapitän mit Hochachtung, bat ihn Platz zu nehmen und wies auf die Holzbank im nüchternen Dienstzimmer. Der Beamte trug eine schwarze Schleife im weißen, gestärkten Hemdenkragen, eine Weste und eine dunkle Tuchjacke mit ausgelegtem Kragen. Er hatte ein forsches Gesicht und trug sein dunkelblondes Haar, in dem Silberfäden schimmerten, nach hinten gekämmt.
    »Kapitän, was führt Sie zu mir?«, fragte er und blickte den alten Mann skeptisch an.
    Folkmar Betten berichtete. Er holte weit aus, schilderte den Besuch bei Heye Fisser, ließ nicht aus, dass er, abergläubisch, die Taschenuhr bei seinem Vetter in Norden hinterlegt hatte, unter Erwähnung seiner gesundheitlichen Störungen. Er weihte den Polizeirat ein in die Ereignisse an Bord der Santana und reichte ihm das Foto.
    »Für Ihre Akten«, sagte er. »Hier ist der Brief der Mutter des Opfers«, fügte er hinzu und händigte dem Kommissar den Brief aus.
    Malte Mannen las die Zeilen der leidenden Witwe und schaute auf.
    »J. T.?«, fragte er.
    »Jan Toenjes, der Koch. Er hatte angeblich am frühen Morgen einen Ruf gehört. Diese Aussage gehörte zu seinem Plan und sorgte erfolgreich für unsere Ablenkung«, trug der Kapitän vor.
    Der Polizeirat Malte Mannen entnahm dem Schreibtisch einen Aktenbogen, tauchte die Feder in das Tintenfass und notierte die Aussagen des glaubwürdigen und angesehenen Seemannes.
    »Das fassen wir zuerst einmal zu einer Anklageschrift zusammen«, sagte der Polizeirat anschließend.
     
    Jan Toenjes, der als Koch zuletzt auf der Brigg »Jenny« fuhr, zu Hause in Nessmersiel, dem der Mord an dem Matrosen Pitt Luttmann und Raub zur Last gelegt wurde, befand sich zurzeit auf See, wie sich herausstellte. Er wurde im Herbst desselben Jahres nach der Rückkehr aus Malmö in Bremen festgenommen.
    Im Jahre 1903 wurde er wegen des heimtückischen Mordes an dem Matrosen und Bordkameraden, wegen Raubes und Betruges zu lebenslänglicher Gefängnisstrafe
     verurteilt.

Der Knüppelmord
    J akoba Boomfalk hatte in Berumerfehn als Tochter des Gärtners Kuno und seiner Frau Amanda im Jahre 1935 das Licht der Welt erblickt. Ihr Bruder Alrich
    kam 1937 auf die Welt.
    Ihr Elternhaus lag am Verlaadsweg mit der Schleusenmauer des Fehnkanals. Während ihrer Kindheit luden hier junge kräftige Männer, später waren es
    Kriegsgefangene gewesen, in großen Weidenkörben Torfscheite von den Kähnen, die sie mit langen Staken durch das träge Moorwasser bugsierten.
    Auch sie hatte oft geholfen, als sie sechs geworden war, und die Scheite aufgelesen, die aus den Körben gefallen waren.
    Ihr Papa befand sich damals als Marinemaat auf einem U-Boot, das von Brest im fernen Frankreich auslief und glücklicherweise Radarortung und Wasserbombenabwürfe überstanden hatte.
    Zu der Zeit hatte Mama das große Gartengelände, in dem noch vor Jahren Blumen und Ziersträucher geblüht hatten, Gemüse und Kartoffeln angepflanzt.
    Sie hatte viel geweint, wenn sich nach langem Warten die Feldpostbriefe mit gewaltigen Verspätungen einfanden und der Papa wortkarg von erfolgreichen Einsätzen berichtete und er Mama Mut zusprach und die Briefe mit »Sieg Heil« unterschrieben hatte.
    Abgesehen von den ständigen Ängsten angesichts der schweren Bombenangriffe der Alliierten auf dieStadt Emden blieb der Landkreis Norden vom direkten Kriegsgeschehen verschont.
    Jakoba und ihr Bruder Alrich mussten nicht hungern. Sie besuchten die Volksschule, auf der sich die Sirene befand, die Alarm gab, wenn feindliche Bomberverbände, die sie bei klarem Wetter am Himmel sehen konnten, den Küstenstreifen von Wilhelmshaven bis Emden überflogen.
    In der kleinen Dorfkirche betete Mama mit den vielen Nachbarinnen. Sie weinten, wenn sie aus
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