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1291 - Die Verblendeten

Titel: 1291 - Die Verblendeten
Autoren: Unbekannt
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dem hellen Band des Khumbugletschers - und dann wurde es stockfinster.
    Als ich diesmal nach oben blickte, entdeckte ich allerdings keinen durch Wolken verdunkelten Himmel mehr, sondern erahnte mehr als ich es sah die Decke einer Höhle – und mir fiel ein, daß es im Mount-Everest-Massiv Tausende von Höhlen geben sollte, von denen nur wenige erforscht und noch weniger kartographiert worden waren.
    Ein wahrhaft „sicheres" Versteck hatte sich mein Kidnapper für sich und mich ausgesucht...
     
    *
     
    Doch es kam noch schlimmer.
    Der Haluter kurvte mit mir durch ein wahres Labyrinth von Eishöhlen, so daß meine Hoffnungen, die Freunde sowie die Panisha der Tschomulungma würden uns aufspüren, rapide sanken.
    Darum setzte ich alles auf eine Karte, als wir hautnah über eine Eisbrücke hinwegflogen, unter der sich ein düsterer Abgrund verbarg. Ich sah das alles nicht einmal richtig, sondern spürte es mit Hilfe meines Shant.
    Mit einer gewaltigen Kraftanstrengung machte ich mich so schwer, daß meine Beine hart gegen die Eisbrücke prallten. Sie hielt dem Anprall nicht stand, sondern barst Aber sie bremste den Flug meines Entführers doch so weit ab, daß er sich überschlug und in den Abgrund stürzte.
    Sofort beschleunigte ich mit aller Energie mein Gravojet-Aggregat, denn das war funktionsfähig geblieben, nur hatte ich die Schaltungen bisher nicht erreichen können. Raketengleich schoß ich nach oben.
    Nicht für lange.
    Etwas packte meine Beine mit unwiderstehlichem Griff. Sie schienen mir aus dem Rumpf gerissen zu werden.
    Ich hieb auf den Notschalter, um die Sicherheitsschaltung des Gravojet-Aggregats, die eine Überlastung verhindern sollte, zu überbrücken.
    Ganz bewußt riskierte ich dadurch, irgendwo über mir an einer Eis- oder Felsdecke zerschmettert zu werden. Doch mein Unterbewußtsein wußte, daß das nicht geschehen würde.
    Und es behielt recht.
    Etwas knallte gleich einem Dampfhammer gegen den Rückentornister meines Flugaggregats und ließ von ihm nicht mehr übrig als ein paar Fragmente von Spulen, Metallplastikverkleidungen, Generatoren, Injektoren und Projektoren.
    Etwas Schweres, Schwarzes wälzte sich von hinten über mich und fing den Aufprall an der Höhlendecke ab. Zusätzlich zu den Metallplastiksplittern surrten Felssplitter um meinen Schädel.
    Danach ging es erneut abwärts, durch eine enge Schlucht hindurch - und auf die zugefrorene Fläche eines Sees, die von den Felswänden ringsum von starken Scheinwerfern erhellt wurden.
    Ich ging in die Knie, als der brutale Zugriff meines Entführers schlagartig aufhörte.
    Aber ich hätte kein Shan sein dürfen, hätte ich meinen Kampfeswillen nicht ungebrochen erhalten. Sofort schaltete ich die Notlampe im Gürtel meines Shant ein, wirbelte herum und sprang in weiten Sätzen dorthin zurück, woher ich gerade erst gekommen war - zu der engen Schlucht, die aus der Höhle mit dem See hinausführte.
    Ich stieß meinen Kampf schrei aus, als ich die Schlucht durch die massige Gestalt des schwarzen Haluters versperrt sah. Meine Arme wirbelten gleich Dreschflegeln durch die Luft, und meine Absätze knallten mit der Wucht von prähistorischen Kanonenkugeln gegen den Kuppelkopf meines Gegners.
    Es ließ ihn völlig kalt.
    Ich wurde gepackt und gleich einem Sack voller Abfall auf die Eisfläche zurückgeschleudert.
    Im nächsten Moment klang eine Stimme auf.
    „Wehre dich nicht länger, Julian Tifflor!" rief sie laut und deutlich und in unverfälschtem Interkosmo. „Du bist nicht bei Feinden, sondern bei Freunden!"
    Beinahe hätte ich trotz meiner unerfreulichen Situation laut gelacht So aber rappelte ich mich nur auf, hielt die rechte Hand schützend über meine geblendeten Augen und rief zurück: „Freunde pflegen sich mir offen zu nähern. Bisher haben sie mich noch nie entführen lassen, um mir ihre Freundschaft zu bekunden."
    „Früher warst du auch noch ein Mensch, dessen Reaktionen berechenbar und vor allem menschlich waren", erwiderte die Stimme - und ich glaubte, eine gewisse Bitterkeit aus ihr herauszuhören. „Heute bist du eine fanatisierte Kampfmaschine. Ich will dir trotzdem offen gegenübertreten, wenn du mir dein Wort gibst, daß du nichts gegen mich unternimmst, sondern mich bis zu Ende anhörst."
    „Wenn ich dir mein Wort gebe...?" fragte ich verwundert.
    Irgendwie erschütterte es mich, daß jemand, der mich mit brutaler Gewalt hatte entführen lassen und der mich fürchtete und mich völlig falsch einschätzte, bereit war,
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