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1280 - Der Engel und sein Henker

1280 - Der Engel und sein Henker

Titel: 1280 - Der Engel und sein Henker
Autoren: Jason Dark
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gehabt, aber zu oft sollte man es nicht strapazieren, und da sah ich mich mehr als Schutzengel an.
    Ich hörte genau zu, und es dauerte nicht mehr lange, bis der Henker endlich zum Finale kommen wollte. Es drängte mich, die beiden zu sehen, und so schlich ich näher auf die Tür zu, die einen Spalt offen stand.
    Beim ersten Blick in das Zimmer sah ich den Toten. Er war für den Henker nicht interessant. Ich zog die Tür etwas weiter auf, damit ich einen besseren Blick erhielt. Zum Glück verursachte die Tür keine Geräusche, und ich bekam eine Szene präsentiert, wie sie auch in einen Film hineingepasst hätte.
    Lavinia Kent kniete auf dem Boden. Sie schaute zum Fenster hin und drehte mir den Rücken zu.
    Ebenso wie der Henker, der sich etwas gebückt und das Beil dabei auch leicht nach unten gestreckt hatte.
    Ich drehte mich etwas zur Seite hin und sah, dass die Klinge den Nacken der Psychologin berührte.
    Es floss kein Blut. Demnach hatte die Gestalt noch nicht zugeschlagen.
    Bis das passierte, wollte ich nicht warten.
    Ich schob mich in das Zimmer hinein und sah dabei, wie sich der Henker aufrichtete und sein Beil anhob.
    Was dies zu bedeuten hatte, stand fest.
    Meine Waffe brauchte ich nicht zu ziehen. Die hielt ich bereits in der Hand. Ebenso wie das Kreuz, denn es schaute aus meiner Linken hervor. Dann sagte ich:
    »Du wirst sie nicht töten, Henker!«
    ***
    ***
    Die Worten waren wie der berühmte Meisterschuss oder der Blitzstrahl, der ihn traf.
    Bestimmt hatte der Henker zuschlagen wollen, mein Auftreten hielt ihn jedoch davon ab. Dass er so überrascht war, ließ darauf schließen, dass er mich nicht mehr auf der Rechnung gehabt hatte. Er fuhr herum, ohne dass sein Beil dabei sank, und die Augen in den Schlitzen der Maske starrten mich kalt an.
    Ich wusste nicht, welches Ziel sie genau hatten. Ob es nun die Beretta war oder mein Kreuz. Egal wie, er musste gespürt haben, dass hier jemand vor ihm stand, der ihn daran hindern wollte, einen Mord zu begehen. Und das war kein Schutzengel, der sich als Geist in der Gegend bewegte, sondern jemand aus Fleisch und Blut.
    Lavinia Kent kniete nach wie vor steif und starr am Boden, aber sie musste mich einfach gehört haben, und so etwas gab ihr dann die nötige Hoffnung.
    »Jetzt bin ich der Schutzengel, Henker«, flüsterte ich ihm zu und streckte dabei meine linke Hand mit dem Kreuz nach vorn. »Nicht nur Schutzengel, sondern auch Erzengel. Vier Erzengel, die ihre Zeichen hier auf meinem Kreuz hinterlassen haben. Die den Sieg wollen, die zeigen, welch eine Macht in ihnen steckt.« Ich zählte die Namen auf. »Michael, Raphael, Gabriel und Uriel…«
    Er hatte die Namen gehört, und bei jeder Nennung war er zusammengezuckt, als litte er unter körperlichen Schmerzen. Ich hatte ja erfahren, dass er voll und ganz auf der anderen Seite stand und dabei die Engel liebte, die zu Beginn der Zeiten beim großen ersten Kampf in die Hölle geschickt worden waren.
    Er fing sich wieder. Dabei schüttelte er den Kopf. Er hob auch drohend sein Beil an, was mich jedoch nicht schreckte, denn ich hatte längst festgestellt, dass sich mein Kreuz meldete und seine Wärme in meine Hand ausstrahlte.
    »Du bist es nicht!«, sagte er mit einer schweren Stimme, als hätte er Mühe, jedes einzelne Wort zu finden. »Du bist nicht ihr Schutzengel.«
    »Inzwischen schon.«
    »Ich werde dir den Schädel vom Rumpf abschlagen.«
    »Bitte, darauf warte ich«, erklärte ich gelassen. »Mich schreckt dein Beil nicht. Du schreckst mich nicht, denn ich weiß, dass deine Zeit vorbei ist, Henker.«
    Er wollte es nicht glauben. Er schüttelte den Kopf, als wollte er etwas abwerfen wie einen Ballast.
    »Es gibt keinen Sieg der Höllenengel!«, sagte ich.
    Er sprang auf mich zu.
    Er riss das Beil hoch. Er schien zu einem Ungeheuer anzuwachsen, und ich glaubte, für einen winzigen Moment die Fratze des Teufels in der Halbmaske schimmern zu sehen.
    Dann schlug er zu!
    Es war ein mächtiger Schlag, der mich sicherlich in zwei Hälften getrennt hätte. Aber der Henker war es nicht gewohnt, mit seiner Waffe schnell und geschickt umzugehen. Für ihn zählten einzig und allein Kraft, Wucht und Treffsicherheit.
    Letzteres trat nicht ein, denn ich war mit einer schnellen Bewegung zur Seite geglitten. Ich hörte noch das Fauchen der Doppelklinge, als sie von oben nach unten fuhr, aber sie traf mich nicht als Ziel, sondern den Boden. Mit voller Wucht hackte sie hinein.
    Den leichten Sessel schleuderte ich zwischen
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