Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1280 - Der Engel und sein Henker

1280 - Der Engel und sein Henker

Titel: 1280 - Der Engel und sein Henker
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Sie ging vorsichtig und schaute durch die Öffnung nach draußen.
    Sie hatte gehofft, John Sinclair zu sehen. Der tauchte nicht auf. Er musste sich an einer anderen Hausseite aufhalten. Sie wollte auch nicht ihren Kopf zu weit nach draußen strecken, weil schon bei dem Gedanken daran Horrorbilder auftauchten.
    Dass plötzlich von oben her dieses mächtige Henkerbeil nach unten raste und ihren Kopf vom Körper trennte und diese verfluchte Gestalt endlich ihr Ziel erreichte.
    Es war eine normale Nacht für sie. Wie die davor und auch die anderen in der letzten Woche.
    Und doch war alles anders. Da lauerte die Gefahr. Sie war in ihre Nähe geglitten, und Lavinia spürte das Kribbeln bis in ihre Fingerspitzen hinein.
    Da hörte sie das Geräusch - und schrie auf!
    Lavinia hatte nichts gesehen. Trotzdem schrie sie, weil dieses Geräusch so gar nicht hierher passte.
    Es war ein knappes und hässlich klingendes Lachen von einer Männerstimme gewesen, die auch nicht John Sinclair gehörte.
    Die Psychologin wagte es nicht, sich umzudrehen.
    »Ich grüße dich, meine Liebe…«
    Und wieder schrak sie zusammen. Diesmal nicht so ängstlich. Es war eine Reaktion der Überraschung, denn mit einer derartig vertrauten Ansprache hätte sie nicht gerechnet. Das konnte eigentlich nicht wahr sein. Ich muss mich verhört haben! dachte sie und vernahm schon die nächste Aufforderung.
    »Willst du mich nicht anschauen? Soll ich zu dir kommen?«
    Noch mal erschrak sie. »Nein, das nicht. Das will ich nicht.« Sie hatte nur geflüstert, aber sie war auch gehört worden, denn der andere kam nicht. Zumindest hörte sie keine Schritte hinter sich, und so drehte sie sich langsam zur Seite und dann vollends um.
    Da stand er!
    Nein, diesmal schrie sie nicht, obwohl es auch eine Überraschung für sie war. Zum ersten Mal sah sie den Henker nicht mehr in einem Spiegel oder in der Wand, sondern direkt vor sich, und er sah aus wie jemand aus Fleisch und Blut.
    Es war nicht zu glauben. Es war nicht zu übersehen. Der nackte Oberkörper, die Halbmaske vor dem Gesicht, dessen obere Hälfte damit verdeckt war, die blaue, weit geschnittene Hose und das mächtige Beil mit der Doppelklinge und dem langen und harten Griff, das er jetzt nicht zum Schlag erhoben hatte, sondern locker in der rechten Hand hielt, wobei die tödliche Klinge nach unten wies.
    Das war wirklich kein Geist, der war echt. Er hatte seine Welt verlassen, und sie war sogar in der Lage, ihn zu riechen. Er strömte irgendetwas aus, das dem Schweißgeruch eines Menschen gleichkam. Es konnte sein, dass dieser Geruch von seinem nackten Oberkörper stammte, der leicht glänzte.
    Die Psychologin war so vertraut angesprochen worden. Fast wie eine alte Bekannte. Sie aber suchte vergeblich nach Merkmalen, die auf ein Bekanntsein mit dieser schrecklichen Gestalt hindeuteten.
    Wobei sie der Körper weniger interessierte sondern mehr die untere Gesichtshälfte.
    Nein, da gab es nichts, an das sie sich erinnert hätte.
    »Warum sagst du nichts?« fragte der Henker mit einer Stimme, die ungewöhnlich nachhallte. Ähnlich wie es manchmal bei einem schlecht gestimmten Mikrofon vorkommt.
    Sie wollte nichts sagen. Ihre Kehle war zugeschnürt. Sie starrte auf das verdammte Beil, von dessen Klinge Blut auf den Boden tropfte.
    Frisches Blut…
    Lavinia wusste, was das zu bedeuten hatte. Sie wollte nicht darüber nachdenken. Leider war es ihr unmöglich, die eigenen Gedanken zu kontrollieren. Sie kamen zwangsläufig und sorgten für ein schreckliches Bild, das vor ihren Augen entstand.
    Draußen vor dem Haus sah sie einen John Sinclair mit abgeschlagenem Kopf liegen. Enthauptet.
    Getötet durch die Klinge dieser verfluchten Gestalt, die es eigentlich nicht geben konnte. Da war John Sinclair mit offenen Augen in den Tod gelaufen, und sie stand jetzt allein. Dass es auch noch einen anderen Grund für die blutige Klinge geben konnte, kam ihr in diesem Augenblick nicht in den Sinn.
    »Willst du mich nicht ansprechen? Willst du nicht mehr mit mir reden? Treibst du es wieder wie früher…«
    Lavinia hatte genau hingehört. Besonders der letzte Teil der Ansprache war ihr bitter aufgestoßen.
    Warum sagte er das? Warum sprach er von früher wie jemand, der sich dort anscheinend auskannte und sogar mit ihr zusammengewesen war.
    Da hatte sie plötzlich ihre Probleme, und die Angst begann wieder zu steigen wie eine Flut. Da merkte sie wieder den Schweiß, der erneut aus ihren Poren trat, und dann wunderte sich Lavinia
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher