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1280 - Der Engel und sein Henker

1280 - Der Engel und sein Henker

Titel: 1280 - Der Engel und sein Henker
Autoren: Jason Dark
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welcher das war, wussten wir nicht. Wir gingen allerdings vom Schlafzimmer aus.
    Lavinia Kent betrat die Wohnung. Die Tür hatte sich glatt öffnen lassen, und aus der Wohnung strömte uns ein erneuter Hitzeschwall entgegen. Aber auch der Geruch der Angst.
    »Ich komme jetzt, Mr. Logan.«
    »Ja, schon gut.«
    »Wo sind Sie?«
    »Erste Tür links. Aber komm alleine.«
    »Mach ich doch glatt!«
    Das passte mir. Denn wenn Logan hinausschaute, dann musste er erst den Kopf drehen, um in den Flur blicken zu können. Und genau da stand der Schrank, der ihm diesen Blick verwehrte. Mir allerdings würde er die perfekte Deckung geben.
    Ich bewunderte die Frau in ihrem beigen Hosenanzug, die nach außen hin so gar keine Angst zeigte.
    Auch jetzt ging sie sicher und schaute sich nicht einmal um.
    »Ich bin da, Mr. Logan.«
    »Schlag die Tür wieder zu!«
    »Gut!« Sie gab mir ein Zeichen. Ich stand noch nahe der Tür und drosch sie ins Schloss.
    »Okay?«
    »Nein, noch nicht ganz. Bleiben Sie stehen. Ich schicke jetzt jemanden, um nachzuschauen, ob Sie wirklich allein gekommen sind und auch keine Waffe bei sich tragen.«
    »Das können Sie gern tun, Mr. Logan!«
    Eine andere Frau kam weinend aus dem Zimmer. Es musste die Ehefrau des Psychopathen sein. Sie blutete am Kopf und trug einen hellblauen Overall. Die Tränen hatten die Schminke in ihrem Gesicht verlaufen lassen, sodass sie fast aussah wie ein schlecht geschminkter weiblicher Clown.
    Mich hatte sie nicht gesehen. Ich war blitzschnell neben den Schrank gehuscht. Von dort aus konnte ich alles hören, aber nichts sehen und musste mich deshalb auf mein Gefühl verlassen.
    »Ich bin Julia Logan. Entschuldigen Sie, Madam, aber er hat die Kinder. Verstehen Sie?«
    »Natürlich.«
    »Haben Sie eine Waffe?«
    »Nein!«
    »Ich muss Sie aber untersuchen.«
    »Gern.«
    Ich sah nichts, ich hörte nur, wie die Hände der Frau über den Körper der Psychologin streiften.
    Auch das Weinen der Gequälten vernahm ich. Sie musste unter einem wahnsinnigen Druck stehen, und ich wünschte mir, dass wir alles hinbiegen konnten.
    »Hat sie eine Waffe?«
    »Nein!«
    »Dann komm wieder her!« schrie er.
    Seine Stimme zitterte. Er stand unter Stress. Jemand wie der war in der Lage, alles kaputtzumachen.
    Er war nicht berechenbar, und genau das bereitete mir Probleme. Ein falsches Wort, eine falsche Bewegung, und er drehte durch.
    Ich wusste auch nicht, ob Lavinia Kent tatsächlich Stoff mitgebracht hatte. Gesehen hatte ich nichts an ihr, aber das Zeug konnte man natürlich verbergen.
    Julia Logan ging wieder zurück. Ich hörte ihre leisen Schrittgeräusche und die raue Stimme des Mannes. »Setz dich wieder auf den Boden. Dicht bei mir!«
    Jetzt konnte ich mir ein erstes Bild machen. Die Frau würde in der Nähe ihres Mannes sein, und sie würde einer Kugel nicht entgehen können. Aus kürzester Entfernung war das unmöglich.
    Meine Beretta hatte ich längst gezogen. Ich hielt sie in der rechten Hand. Die Mündung wies noch zu Boden.
    »Und jetzt kannst du kommen!«
    »Ich bin schon unterwegs.«
    »Wie heißt du eigentlich?«
    »Lavinia Kent.«
    »Okay, Lavinia. Halte die Arme vom Körper weg. Ganz vorsichtig dann. Denk immer daran, wer bei mir ist.«
    »Das weiß ich doch.«
    »Gut, dann komm!«
    Bisher war alles glücklich verlaufen. Ich hätte zufrieden sein können, wenn da nicht dieses verdammte Gefühl gewesen wäre, das mich einfach nicht loslassen wollte. Es war wie ein Druck, der immer mehr an Stärke gewann und mich innerlich verdammt mitnahm.
    Sie ging weiter. Das hörte ich genau. Sie bewegte sich auch nicht unnormal, sondern wie jemand, der in ein Zimmer geht, in dem er erwartet wird. In diesem Fall bewunderte ich die Nerven der Frau, obwohl mir auch jetzt noch nicht klar war, was ich hier eigentlich sollte. Eine Geiselnahme fiel nicht in meinen Bereich.
    Aber meine Freundin Purdy Prentiss hatte bestimmt ihre Gründe gehabt, dass sie mir Bescheid gegeben hatte. Irgendetwas konnte passieren, das nur schwer zu erklären war.
    »Bleib stehen!«
    »Okay!«
    Ich hörte ein scharfes Lachen. Danach ein lautes Atmen, schon mehr ein Keuchen.
    »Bitte, Mr. Logan, beherrschen Sie sich. Wir können jetzt über alles reden und haben alle Zeit der Welt.«
    »Nein, verflucht, die haben wir nicht. Wir haben keine Zeit mehr. Ich habe keine mehr. Verstanden?«
    »Ja, schon gut.«
    »Wo ist der Stoff?«
    »Sie bekommen ihn, Mr. Logan.«
    »Wann?«
    »Keine Sorge. Sie müssen sich wirklich keine Sorgen
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