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127 - Das Aruula-Projekt

127 - Das Aruula-Projekt

Titel: 127 - Das Aruula-Projekt
Autoren: Christian Montillon
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Substanz, die von ihm blieb, versickerte im Boden.
    »Einssssam.« Die Taratze verging, als ein Lichtstrahl durch die Wolken brach.
    »Für immer«, sagte der Nosfera, bevor sich seine Gestalt mit dünnen Rissen überzog, er in pulvertrockenen Teilchen zu Boden fiel und sich in Nichts auflöste. Nicht einmal Staub blieb von ihm zurück.
    Aruula verharrte starr, gerichtet und verzweifelt.
    Minuten vergingen, in denen sich nichts veränderte.
    Nur hin und wieder stieß sie einige knappe Worte aus.
    »Aruula allein«, sagte sie. »Aruula einsam.«
    Mit der Zeit zog sie die Silben immer weiter in die Länge.
    »Aaaa-ruu-uula«, hätte man dann hören können, schließlich gar: »Uuu-la.«
    Ihren Oberkörper begann sie leicht hin und her zu wiegen, und bald summte sie eine schwermütige Melodie vor sich hin, lauter und lauter werdend.
    Doch während ihr Mund sang, gingen ihre Gedanken auf eine Reise. Als sie darüber nachdachte, was ihr Körper tat, erkannte sie, dass sie genau diese Laute schon einmal gehört hatte.
    Nur – wann war das gewesen? In Gedanken erhob sie sich über ihren Körper und sah ihn von oben her. Was sie sah, war ebenso hinreißend wie erschreckend. Eben schloss sie die Augen, gab sich ganz dem Rhythmus der Melodie hin. Es war, als sei sie in eine Ekstase gefallen, wie sie es von Schamanen kannte, die ihre Götter anbeteten. Die Augäpfel unter ihren geschlossenen Lidern bewegten sich hastig.
    Schlangengleich wand sich ihr Oberkörper zu dem melodischen Summen. Der Hals bog sich weit durch, die Haare umschmeichelten Kopf und Schultern wie ein samtener Vorhang.
    Dann fiel es ihr endlich ein: Ihre Doppelgängerin hatte diese Laute ausgestoßen, noch vor der Begegnung mit dem Nosfera!
    Ja, eine Doppelgängerin; nicht wie Spiegelbild nur eine Vision, sondern aus Fleisch und Blut. Sie hatte sich selbst gesehen, wie sie wie eine Wahnsinnige Laute vor sich hin stammelte.
    Uuu-la… Fetzen ihres Namens, wohl die letzte Brücke in die Wirklichkeit.
    Aruula erschrak bei diesen Überlegungen, während ihr Mund weiterhin sang. Nun ging es ihr genauso wie ihrem Ebenbild! Konnte sie… konnte sie…
    Was? Was dachte sie da?
    Es ist vorbei, sagte eine tiefe männliche Stimme in ihr. Sie hatte sie schon einmal gehört. Du bist gerichtet, und du solltest dich nicht mehr wehren.
    Sssie darf sssich nisst mehr wehren, warf eine andere Stimme zischend ein.
    Wehren?
    Aruula hat ihr Urteil zu akzeptieren, sagte die erste Stimme, und unendlich viel Entschlossenheit lag in ihren Worten. Eine Entschlossenheit, der sie nichts entgegenzusetzen hatte. Die schiere Gewalt dieser Worte zwang sie zur Kapitulation.
    Außerdem… Aruula? Wer war das? Eine Frau? Ein Kind? Ein Mensch?
    Ihre Gedanken kehrten zurück in ihren Körper, konzentrierten sich auf ihren Mund, sangen mit ihm, in ihm, lösten sich mit den Lauten auf und verschwanden.
    ***
    In der Nähe und doch weit entfernt
    Ein Beobachtungsposten irgendwo in Meeraka
    »Es ist so weit«, sagte der Schwarzhaarige. »Sie ist endgültig gescheitert.«
    »Ich denke nicht«, widersprach General Arthur Crow. »Sie hat länger durchgehalten als alle anderen vor ihr. Ich glaube, sie hat noch Potential, dem Wahnsinn zu widerstehen.«
    »Sind Sie sicher, dass Sie sich nichts vormachen?« Als die Worte heraus waren, schalt sich Crows Assistent sofort dafür.
    Doch zu seiner Erleichterung reagierte der General diesmal nicht aufgebracht.
    »Sie litt ganz offensichtlich an stärkeren Halluzinationen als zuvor, doch sie hat sich dagegen gewehrt! Mit welcher Vehemenz sie immer noch darauf besteht, in Notwehr gehandelt zu haben, als sie ihre Alter Egos vernichtete! Sie hat sich anscheinend eine Version der Wahrheit gebastelt, die es ihr ermöglicht, alles zu erklären, was ihr widerfährt.«
    »Es ist nur unsere Vermutung, dass es von den Manifestationen ihrer Schuldgefühlen geplagt wird. Wir können uns nicht sicher sein.«
    »Sie tötete unseren Nosfera-Androiden und die Taratze. Und ihre Halluzinationen schienen anfangs von weiteren Kämpfen und Gewalttätigkeiten geprägt zu sein.« Crow ballte die Fäuste.
    »Sie führte Selbstgespräche mit den Gespenstern ihres beginnenden Wahnsinns, und sie schmetterte ihre inneren Dämonen immer wieder zurück!«
    »Wenn wir ihre Worte analysieren, gibt es doch keinen Zweifel daran, dass sie den Bezug zur Realität verloren hat! Es gibt kein Zurück für sie.«
    »Aber vergessen Sie nicht, mit welcher Klarheit sie mit dieser Rothaarigen geredet hat!
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