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1267 - Das chinesische Grauen

1267 - Das chinesische Grauen

Titel: 1267 - Das chinesische Grauen
Autoren: Jason Dark
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Schlüsse gezogen, aber niemand würde sich einmischen. Hier herrschten ungeschriebene Gesetze, die von jedem Bewohner des Viertels akzeptiert wurden, und wenn jemand plötzlich verschwand, dann nahm man es hin oder trauerte im Stillen.
    Shao hatte die Fesseln endlich zerschnitten. Die Bänder rutschten zu Boden, und Li konnte endlich ihre Handgelenke reiben, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen. Sie tat das mit unbewegter Miene, obwohl sie bestimmt Schmerzen verspürte.
    »Alles klar?«
    Li nickte.
    »Dann streck mal deine Beine aus.«
    Shao hatte schon Routine, was das Aufschneiden der Stricke anging. Das bewies sie in den folgenden Sekunden, denn die Fußfesseln fielen schneller als die an den Händen.
    Li zog die Beine an und massierte ihre Knöchel. Es ging ihr jetzt noch besser, aber sie würde Probleme haben, normal zu laufen, denn zu stark war der Blutstau in ihren Beinen.
    »Warte, ich helfe dir hoch.«
    »Danke, Shao, du bist so nett.«
    »Hör doch auf mit dem Unsinn.«
    Sie hielt die rechte Hand umfasst. Sehr langsam stand Li auf. Sie biss dabei die Zähne zusammen, aber normal stehen konnte sie nicht, denn sie knickte zusammen, als Shao sie losließ.
    »Das wird sich geben, Li, in ein paar Minuten wirst du schon laufen können.«
    Li ging darauf nicht ein. Sie bemühte sich, in Shaos Augen zu schauen. »Bitte, ich möchte, dass du jetzt gehst und mich alleine lässt. Du hast schon so viel für mich getan, aber jetzt ist es besser für dich, wenn ich allein bleibe.«
    »Schön gesagt, aber warum sollte ich das tun?«
    »Weil es für dich zu gefährlich ist.«
    Shao lächelte. »Für mich? Ich denke eher, dass es bei dir der Fall ist. Die beiden Männer hätten dir keine Chance gegeben, das ist dir doch klar - oder?«
    Li senkte den Blick. »Das weiß ich.«
    »Wunderbar. Und willst du das so einfach hinnehmen?«
    »Ich kann nicht anders.«
    »Ach - warum nicht?«
    »Weil es Gesetz ist.«
    »Welches Gesetz?«
    »Du bist fremd«, wich sie aus, »das verstehst du nicht. Aber es ist ein Gesetz.«
    »Hätte dir dieses Gesetz den Tod gebracht, Li?«
    Sie antwortete nicht und senkte nur den Kopf.
    Für Shao standen die Dinge längst fest. »Ja, es hätte dir möglicherweise den Tod gebracht. Aber dem werden wir vorbeugen, das kann ich dir versprechen.«
    »Nein, Shao, nein, du bist zu schwach. Und ich bin es auch. Wir kommen nicht gegen sie an.«
    »Wer sind sie denn?«
    »Die Herrscher. Die, die mit den finsteren Göttern einen Pakt schlossen haben. Deshalb rate ich dir, zu verschwinden. Lass mich in Ruhe, das muss so sein.«
    »Aha. Und was hast du vor? Wo willst du dich verstecken? Was geschieht mit dir?«
    »Ich werde mich nicht verstecken.«
    »Super. Und warum nicht?«
    »Weil es einfach kein Versteck gibt, in dem mich die anderen nicht finden würden. Sie sind die Herrscher hier. Sie kennen sich aus. Sie sind die Leute, die hier Gesetze machen und nach den schrecklichen Regeln der Götter vorgehen.«
    »Alles klar, Li. Ich habe alles verstanden, standen, und ich möchte gern mehr darüber wissen, damit ich…«
    »Nein, nein, nicht!« Sie war plötzlich aufgeregt und schüttelte den Kopf heftig. »Das ist nicht für uns gemacht. Wir müssen dienen und nicht mehr.«
    »Ja, ja, die alten Traditionen, Li, aber das ist für mich kein Befehl, wenn du verstehst.«
    »Du kennst sie nicht, Shao, du kennst sie nicht.«
    »Da hast du Recht. Aber vielleicht werde ich sie kennen lernen, verstehst du?«
    »Dann bist du tot.«
    »So leicht stirbt man nicht. Aber wir werden Zeit genug haben, über alles zu reden.« Shao nickte ihr zu. »So, und jetzt kommen wir mal zu den wichtigen Dingen. Wie sieht es aus? Kannst du gehen? Zumindest einige Schritte weit.«
    »Ich denke schon.«
    »Wenn nicht, dann stütze dich einfach bei mir ab. Wir werden auch nicht mehr durch den Laden gehen, sondern nehmen die Einfahrt, um in eine andere Umgebung zu gelangen.«
    »Es ist überall gefährlich.«
    »Bestimmt, Li. Nur werden wir uns darum nicht kümmern.« Shao wollte weg, denn auch sie fühlte sich hier nicht eben sicher. Man konnte von einer heimtückischen Bedrohung sprechen, die über allem hier lag. Shao war überzeugt, dass sie sich diese Bedrohung nicht einfach nur einbildete. In dieser Gegend galten eben andere Gesetze.
    Sie gingen die ersten Schritte. Shao hielt ihren Schützling am linken Arm fest. Sie schaute genau zu, wie Li die Füße setzte und stellte fest, dass die junge Frau Mühe hatte, die Beine zu
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