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1246 - Die Macht des Träumers

Titel: 1246 - Die Macht des Träumers
Autoren: Unbekannt
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er aus dem Schlaf. Einen schrecklichen Moment lang sah er noch die graue Asche und den glasierten Strand von Sarlengort vor sich, dann verblaßten die Erinnerungsbilder. Er war wieder in der Wirklichkeit, in der Zentrale der PRIMAT DER VERNUNFT. Die Wände aus grüner Formenergie, der Boden, die Decke, das ganze Schiff - alles schien von innen heraus zu glühen. Wie um die Schatten seiner Träume zu vertreiben.
    Formenergiehände massierten seine verspannte Rückenmuskulatur; aus dem Seitenwulst der Schlafmulde schob sich ein flexibler Schlauch. Automatisch öffnete er den Speisemund und trank gierig den mit belebenden Wirkstoffen versetzten Nährbrei.
    Während er trank, atmete er über das Luftröhrensystem des Atemhalses reinen Sauerstoff ein.
    Kazzenkatt fühlte sich zerschlagen - wie nach jedem dieser seltsamen Träume, in denen er sich nicht von seinem Körper löste, sondern in den Abgrund seiner Erinnerungen stürzte.
    Keiner seiner Artgenossen auf Sarlengort hatte je derartige Träume gehabt. Ein Traum war stets ein Zerotraum gewesen - das Bewußtsein schüttelte die Fesseln des Körpers ab und konnte in dieser ätherischen Zustandsform die Grenzen von Raum und Zeit überwinden, in Gedankenschnelle Entfernungen zurücklegen, für die sogar das Licht lange Jahre benötigte.
    Auf Sarlengort hatte man nie davon gehört, daß es Träume gab, die in den Kosmos der Innenwelt führten statt in den Kosmos der Außenwelt, und daß im Universum des Unbewußten manchmal größere Gefahren lauerten als im Universum der Sterne und Galaxien.
    Kazzenkatt schob den Nährschlauch zur Seite und horchte mit hellroten Pigmentsensoren in die Leere des Schiffes. Nichts. Nur das fast unhörbare musikalische Wispern der Formenergie. Er gab dem Bordcomputer einen mentalen Befehl. Die Formenergie der Schlafmulde bildete sich um. Die Mulde wuchs zu einem bequemen Sessel; ein weiterer Mentalbefehl, und in der Luft erschien ein unstrukturiertes holografisches Projektionsfeld. Während er unentschlossen das bunte Flackern des Hologramms betrachtete, fiel ihm ein, daß die Innenweltträume kurz nach seinem fünfhundertsten Geburtstag begonnen hatten. Und nun war er über viertausend Jahre alt, obwohl die natürliche Lebensspanne eines Sarlengort nur zweihundert Jahre betrug.
    Ohne die Zellduschen auf LAGER wäre er schon vor langer Zeit gestorben...
    Vielleicht, dachte Kazzenkatt, sind diese Träume der Preis der Unsterblichkeit. Vielleicht sind wir Sarlengort dem ewigen Leben psychisch nicht gewachsen. Die Last der Jahre wird drückender und drückender, bis nicht einmal mehr der Zerotraum Erleichterung bringt; was bleibt, sind die Reisen in die Innenwelt... Ich werde meine Fähigkeit zum Zeroträumen verlieren, dachte Kazzenkatt deprimiert. Je länger ich lebe, desto schwerer wird die Last der Jahre, und um diese Last abzuschütteln, fliehe ich in den Weltraum.
    Aber die Jahre eines Unsterblichen sind zahllos, und eines Tages wird die Last unerträglich sein. Der Körper verwandelt sich in ein Gefängnis, aus dem es für den Geist kein Entkommen gibt. Was für eine schreckliche Vorstellung!
    Und da ich dies erkannt habe, durchfuhr es Kazzenkatt, weiß es auch der Herr der Negasphäre. Er weiß, daß ich als Lenkungselement wertlos bin, wenn ich die Gabe des Zeroträumens verliere. Er wird mich töten oder mir die nächste Zelldusche verweigern...
    Aber dann wurde ihm bewußt, wie absurd seine Überlegungen waren. Die Entscheidung war bereits gefallen. Er hatte versagt, und seine Tage waren gezählt. Selbst der verzweifelte letzte Schlag, den er gegen den Gegner geführt hatte, hatte die Niederlage nicht mehr abwenden können. Die Kosmokraten und ihre Verbündeten - die Endlose Armada, die Milchstraßenvölker, die Hanse und die Superintelligenz ES - hatten die Auseinandersetzung um die Chronofossilien gewonnen. Der Versuch der Mächte des Chaos, die Chronofossilien zu neutralisieren und so die Rückkehr des Frostrubins und die Reparatur des Moralischen Kodes zu verhindern, war bislang gescheitert.
    Schlimmer noch: Eines der wirkungsvollsten Machtinstrumente der Chaotarchen, der Dekalog der Elemente, war faktisch zerschlagen.
    Es ist meine Schuld, dachte Kazzenkatt. Ich bin das Element der Lenkung. Ich habe den Krieg gegen die Milchstraße geführt. Ich bin für den Untergang des Dekalogs verantwortlich.
    Er fröstelte.
    Wann wird er kommen, der Herr der Negasphäre, um mich für mein Versagen zu bestrafen? fragte sich Kazzenkatt. Oder
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