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1244 - Traumwelt Terra

Titel: 1244 - Traumwelt Terra
Autoren: Unbekannt
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Zehntausende von Menschen gedrängt, jeder danach bestrebt, so rasch wie möglich Zutritt zur Informationsnische zu finden, damit er dem Virenimperium seine Fragen vorlegen könne.
    Jetzt aber war kein einziges Lebewesen zu sehen. Niemand interessierte sich für die Weisheiten des Virenimperiums, dessen gewaltiger Kreis sich wie der Bogen einer riesigen, nebelhaften Brücke am Nachthimmel abzeichnete.
    Terra war eingeschlafen. Während der Autopilot das Fahrzeug sanft in der Nähe des Portals absetzte, gewahrte Fredo Gopher einen einsamen Techno, der mit mäßiger Geschwindigkeit über die leere Fläche des Platzes glitt. Die Platzbeleuchtung erwachte zum Leben, als der Bodenbelag das Gewicht des gelandeten Gleiters spürte. An zwei hohen Masten flammten Flutlichter auf. Der Sat-Techno schien im ersten Augenblick irritiert. Er geriet ins Torkeln. Eine halbe Sekunde später hatte er seine Fluglage stabilisiert und stieg zielsicher zu einer der Flutlichtlampen empor.
    Wie eine Motte, ging es Fredo Gopher durch den Sinn.
    In diesem Augenblick prägte er den Begriff, unter dem die Sat-Technos viele Jahre später in den Annalen der Geschichte des Planeten Erde erwähnt sein würden: TRAUMMOTTEN.
     
    *
     
    Galbraith Deightons Krisenstab war geschrumpft. Es fehlten außer Bontan Burian noch zwei weitere Mitglieder, die aus dem Bereich der Privatindustrie stammten. Die Hanse-Sprecher dagegen hatten der Katastrophe bisher standhaft getrotzt. Freilich stand ihnen, da sie sich zumeist im Hauptquartier aufhielten, die Möglichkeit der unmittelbaren Kommunikation zur Verfügung. Sie hatten früher als alle anderen erfahren, daß der Konsum von Nachrichten- oder anderen Sendungen Gefahr bedeutete und sich seitdem ihrem Kom-Anschluß ferngehalten.
    Es war 16 Uhr an diesem 5. Januar 429, als Galbraith Deighton die Sitzung des Krisenstabs eröffnete, indem er dreimal hart mit den Knöcheln auf die Tischplatte klopfte und erklärte: „Meine Freunde, die Lage ist katastrophal. Wer es nicht glaubt, der mag sich die leeren, verödeten Städte ansehen. Vielleicht genügt ihm aber auch ein Blick rundum. Drei von insgesamt neun Mitgliedern des Stabes sind nicht zu dieser Besprechung erschienen. Sie sitzen entweder zu Hause oder an ihren Arbeitsplätzen und lauschen gebannt einer Sendung, die es überhaupt nicht gibt." Er streckte den Arm aus und wies der Reihe nach auf Egin Langford und Fredo Gopher. „Diese beiden sind nicht Mitglieder des Stabes. Sie haben jedoch unermüdlich gearbeitet, um das Ausmaß des Chaos zu definieren und nach Methoden Ausschau zu halten, mit denen wir uns der Gefahr erwehren können. Ich habe sie zu unserer Sitzung eingeladen, damit sie uns Bericht erstatten."
    Fredo Gopher übernahm die Aufgabe des Berichtens. Mitunter, wenn er sich an Einzelheiten nicht mehr erinnerte, wandte er sich an Egin, damit sie die Lücken in seinem Gedächtnis fülle. Er beschrieb zunächst in kurzen Zügen das Meß- und Experimentiersystem, mit dem Egin und er während der vergangenen dreißig Stunden gearbeitet hatten. Dann kam er auf die Resultate zu sprechen.
    „Die Katastrophe ist ganz eindeutig ein Machwerk der Sat-Technos", erklärte er. „Sie haben binnen weniger Tage das irdische Multikomnetz zu beherrschen gelernt. Sie können sich einfädeln, wo und wann auch immer sie wollen, und es ist ihnen ein leichtes, die Kommunikationskanäle mit ihren eigenen Sendungen zu füllen. Ihr Ziel ist es offenbar, die gesamte Menschheit in den Zustand der Hypnotrance zu versetzen. Welchem Zweck diese Strategie dienen soll, kann ich vorläufig nur ahnen. Ich fürchte, daß Terra als Chronofossil unwirksam wird, wenn ein Großteil der terranischen Bevölkerung in hypnotischer Starre versinkt. Die bevorzugte Methode der Traummotten ist die Simulierung einer Nachrichtensendung. Insbesondere haben sie es auf Krohn Meysenharts Reportagen abgesehen, da sie wohl wissen, daß Meysenhart unter den Medienkonsumenten die stärkste Anhängerschaft besitzt. Die Traummotten extrapolieren mit teuflischem Geschick irgendeine apokalyptische Bemerkung, deren Krohn Meysenhart bekanntlich pro Minute zumindest eine macht, und speisen dann ihre eigene, mit Psi-Impulsen untermalte Sendung in den Kanal ein. Der Konsument ist gefesselt von dem zumeist gewalttätigen Geschehen, das sich auf der Bildfläche vor ihm abspielt, und ist der psionischen Energie, die aus dem Empfänger auf ihn einfließt, wehrlos ausgesetzt. Es dauert im Durchschnitt acht Minuten, bis
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