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1244 - Die Besucher

1244 - Die Besucher

Titel: 1244 - Die Besucher
Autoren: Jason Dark
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den Kakao trinken, Kevin?«
    »Ja.«
    »Dann setz dich, bitte.«
    Germaine half ihrem Sohn, sich aufzusetzen. Auch in dieser neuen Haltung schaute Kevin ins Leere, als würde er irgendetwas sehen, das nur für ihn allein sichtbar war und für keine anderen Personen. Das Hineinschauen in eine Welt, die hinter der normalen lag und in der sich vieles von dem versteckte, was er in der vergangenen Nacht zu Gesicht bekommen hatte.
    Germaine hatte sich einen Stuhl herangezogen und schaute zu, wie ihr Sohn den Kakao trank. Er war nicht zu heiß, und Kevin genoss ihn in kleinen Schlucken.
    Natürlich war Germaine neugierig, wie es ihm ergangen war.
    Doch sie traute sich nicht, irgendwelche Fragen zu stellen. Den Versuch hatte sie schon öfter unternommen und war damit auf Granit gestoßen. Kevin wollte nicht über das reden, was ihm in der Nacht widerfahren war, und seine Mutter konnte es sogar verstehen, auch wenn sie ihrem Sohn den Grund nicht gesagt hatte.
    Sie hatte nur gedacht, dass es vorbei war, aber durch Kevin kehrte alles wieder zurück, und wahrscheinlich hatte sich mit ihm der Kreis sogar geschlossen.
    Der Junge setzte die Tasse erst ab, als er den Kakao bis auf einen Rest leer getrunken hatte. Germaine nahm sie ihm aus der Hand und stellte sie weg. Wieder einmal wurde ihr bewusst, wie schmerzlich sie Kevins Vater vermisste. Er hätte ihr bestimmt Rat geben können, aber er hatte es vorgezogen zu verschwinden und nicht mehr wieder aufzutauchen. Irgendwo auf der Welt hatte er sich verkrochen. Vielleicht auf irgendeinem Eiland in der Südsee, denn für diese Gegend hatte er schon immer geschwärmt.
    Kevin war und blieb blass. Auch der warme Kakao hatte für keine Röte in seinem Gesicht gesorgt. Germaine empfand den Blick des Jungen als Besorgnis erregend, aber auf das eigentliche Thema hin, traute sie sich nicht, ihn anzusprechen.
    Sie wollte ihn aufheitern und ihn von den anderen Gedanken und Erinnerungen wegbringen. Nach einem leisen Lachen sagte sie: »Weißt du eigentlich, dass wir heute Besuch bekommen werden?«
    »Nein.«
    Die Antwort erschreckte Germaine, denn sie hatte mit Kevin schon darüber gesprochen. »Ich hatte es dir gesagt, Junge.«
    »Kann sein. Habe ich vergessen.«
    »Gut, macht ja nichts. Dann will ich es dir noch einmal sagen. Heute kommt Maxine Wells zu uns. Maxine ist eine alte Freundin von mir. Wir kennen uns aus der Schule, und wir haben uns immer toll verstanden. Verloren uns allerdings aus den Augen, als ich heiratete und wegzog. Aber jetzt wird sie uns besuchen. Sie wohnt übrigens in Schottland. Sie ist Tierärztin und hat uns schon öfter eingeladen. Wahrscheinlich fliegen wir im nächsten Jahr mal zu ihr. Würde dich das freuen?«
    »Weiß nicht«, antwortete Kevin nach einer Weile. »Ich kenne sie ja gar nicht.«
    »Keine Sorge, Kevin, sie ist nett. Maxine wird dir bestimmt gefallen, glaube mir.«
    »Mal sehen.«
    »Ich denke, dass sie am frühen Nachmittag hier sein wird.. Sie hat mir noch gesagt, dass sie einen Freund mitbringt. Er heißt John Sinclair und kommt aus London.«
    »Kann ja sein.«
    »Sei doch nicht so. John kann dir sicherlich viel von dieser Stadt erzählen.«
    »Mal sehen.«
    Sie strich über Kevins dichtes Haar. »Und wie geht es dir jetzt? Hast du noch immer Kopfschmerzen?«
    »Ein bisschen.«
    »Dann leg dich wieder hin und…«
    Er ließ seine Mutter nicht ausreden, denn in ihren Satz hinein sprach er selbst. »Es ist so kalt gewesen. So anders kalt. Und da war viel Licht und Nebel. Heller Nebel…«
    In Germaine zog sich etwas zusammen. Sie merkte zugleich, dass sie zu zittern begann, aber sie riss sich zusammen und lächelte ihren Sohn an.
    »Auch sie waren da.«
    »Wer, Kevin?«
    »Die anderen. Sie haben mich begrüßt. Mich angefasst. Sie legten mich hin. Sie zogen mich sogar aus. Und dann haben Sie etwas mit meinem Kopf gemacht.«
    Germaine Duc saß regungslos auf ihrem Stuhl. Sie war geschockt, denn sie erlebte zum ersten Mal, dass Kevin über seine Entführung und die damit verbundenen Probleme redete.
    Sie spürte die heißen Wellen, die in ihr hochstiegen, und sie merkte auch, dass ihr Kopf zu glühen begann. Schweiß bedeckte plötzlich ihr Gesicht, und auch die Handflächen und den Mund hielt sie fest verschlossen.
    Die nächste Frage zu stellen, bereitete ihr Mühe, aber sie musste einfach sein.
    »Kannst du dich sonst noch an etwas erinnern, Kevin?«
    »Nein.«
    Die Antwort war ihr zu schnell gekommen. »Wirklich nicht? Du solltest schon
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