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124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm

124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm

Titel: 124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm
Autoren: Larry Brent
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Datums. Irgendwann aber hatte jemand wieder ein Loch
hineingestoßen, das groß genug war, um in den Turm zu kriechen. Rolf Salwin
führte instinktiv den Lichtstrahl in das Loch und bückte sich. Seine Augen
erblickten die klobigen Steine, die ausgetretenen alten Stufen, die nach oben
und nach unten führten. Eine Mauer war durchbrochen und ermöglichte so den
Blick in eine enge, schmutzige Turmkammer. Überall hing dichtes Spinngewebe und
bildete manchmal riesige Netze, in denen eingesponnene Käfer und Fliegen
hingen. Die klebrigen Fäden schimmerten im hellen Taschenlampenlicht. Faulendes
Laub, das der Wind durch die Löcher und Spalten geweht hatte, türmte sich meterhoch
an der gegenüberliegenden Wand auf und bedeckte ebenfalls die Treppe. Es roch
feucht und muffig wie in einem alten Keller. Und wie in diesem hausten auch
hier im Turm der Lady Myra Ratten und Mäuse. Die Nager huschten lautlos und
flink davon, als die ungewohnte Helligkeit sie traf.
    „Alles so wie
auf den Bildern“, sagte Martin Bernauer unvermittelt. „Die Kammer, verschiedene
Treppenaufgänge, die in unterschiedliche Etagen und Richtungen fuhren.“ Auch er
hatte eine Taschenlampe dabei, mit der er den Weg ausleuchtete. Er stieg durch
das Loch, zerfetzte zunächst mal die Spinnweben, die ihm den Weg versperrten,
und schüttelte heftig seine Hände, an denen sie klebten.
    Rolf Salwin
blieb gebückt auf der anderen Seite des Loches stehen. „Du willst wirklich hier
übernachten?“
    „Besser als
unter freiem Himmel, wie ich’s seit Wochen exerziere. Da wird’s kritisch,
wenn’s heftig regnet. Hier aber habe ich wenigstens ein Dach über dem Kopf .. .“
    Rolf Salwin
stieg doch noch durchs Loch. Nicht allzu weit vom Eingang entfernt, nur zehn
Schritte von dort, schlug Bernauer sein Nachtlager auf. Er breitete seinen
Schlafsack aus, stellte zwei Kerzen daneben und legte in Reichweite eine
Gaspistole. Da musste Salwin unwillkürlich grinsen. „Glaubst du, dass die
Geister auf so etwas reagieren?“
    „Damit will
ich weniger die Geister abschrecken, die ich nicht furchte, als eher die
Lebenden, Rolf! Keine Ahnung, ob sich hier irgendwelches Gelichter herumtreibt,
das möglicherweise nachts Unterschlupf sucht.“
    Im Moment
schien kein Grund zur Besorgnis zu bestehen, denn frische Spuren wären ihnen
selbst bei künstlichem Licht aufgefallen. Die wohlerhaltenen Spinnweben und der
dicke Staub, der auf den Stufen und in den einzelnen Kammern lag, waren das
beste Beweismittel hierfür.
    „Okay. Dann
lass ich dich in deiner Villa also allein“, sagte Salwin zum Abschied. „Wäre
wirklich gern geblieben. War mir ein Vergnügen, dich kennenzulernen. Wie lange
hast du vor, in dem Turm zu bleiben?“
    „Auf alle
Fälle die beiden kommenden Nächte, wie schon gesagt. Ob ich länger bleibe,
kommt auf die Umstände an.“
    „Welche
Umstände?“
    „Ob ich was
erlebe und was ich erlebe. Im letzteren Fall - wenn sich die Weiße Frau mir
also tatsächlich zeigen sollte werde ich mindestens noch eine weitere Woche in
der Nähe des Turmes und damit bei Pembroke bleiben, um mehr von den
Einheimischen zu erfahren. Gerade alte Leute wissen erfahrungsgemäß sehr viel.
Je mehr Daten und Ereignisse ich zusammentrage, desto besser für meine
Artikelserie ..."
    „Ich wünsche
dir viel Glück für alles.“ Salwin drückte ihm die Hand. „Wenn ich auf dem
Rückweg hier vorbeikomme, schaue ich auf alle Fälle nochmal rein in die gute
Stube.“
    „Wenn ich
dann noch hier sein sollte, trinken wir nen guten Tropfen miteinander, Rolf.
Ich besorge schon morgen in Pembroke einen Whisky, wie er nur in Wales gebraut
wird.“
    „Und ich
bringe einen echten irischen mit. Dann wechseln wir die Sorten.“ Rolf Salwin
entfernte sich von dem alten, baufällig aussehenden Turm. Zwei Fledermäuse
umkreisten ihn in halber Höhe. Hinter einem der engen Fensterquadrate
schimmerte unruhiger Lichtschein und die Silhouette Martin Bernauers war zu
sehen. Er winkte dem Davongehenden nach, und Rolf Salwin hatte plötzlich das
Gefühl, dass er Bernauer zum letzten Mal sah.
     
    ●
     
    Ava Bamer zog
den Kopf ein und unterlief einen Angriff des Schizophrenen. „Wir müssen weg
hier!“, rief sie der Kollegin zu, die sich aus eigener Kraft aufraffe und
erkannte, dass die Perücke verrutscht und ihre Maskerade durchschaut war. Die
Ältere streckte die Hand nach der Frau mit der Perücke aus und war ihr
behilflich, festen Halt zu bekommen. Der Verrückte tappte umher wie ein Bär
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