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1239 - Der Einsame der Tiefe

Titel: 1239 - Der Einsame der Tiefe
Autoren: Unbekannt
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sind?"
    „Sie sind es nicht!" rief Gnarrader Blek spontan aus.
    „Wer weiß! Ich würde mich nicht darauf verlassen. Was sagst du immer über deine Kunst? Du kannst sie nicht kontrollieren. Du benutzt ihre Ergebnisse nur!"
    „Es ist nicht meine Kunst!" sagte Blek barsch. Er hatte keine Lust, noch länger in seiner Aktivgestalt zu verharren, und machte sich auf den Weg zu seiner Schaukel. Sie bildete den Mittelpunkt des Sphäroids. Er faßte nach den Schwingen, zog sich hinein und ließ sich auf den energetischen Polstern nieder. Augenblicke später öffneten sich die Düsen, und die Schaukel füllte sich mit seltener Formenergie. Sie stieg rasch an, bis sie das obere Ende der Schaukel erreicht hatte.
    Blek stieß einen Laut des Wohlbehagens aus. Er liebte diese Art der Nahrungsaufnahme. Er war ein Jascheme und hatte Anspruch auf einen eigenen Energiesee. Langsam setzte er seinen Körper in Bewegung, und die Schaukel begann zu wippen.
    „Wessen Kunst denn? Die deines unbegreiflichen Aufenthaltsorts? Was wärest du ohne das Sphäroid und ohne mich?" Die Miniatur machte Anstalten, sich der Schaukel zu nähern.
    „Bleib, wo du bist, oder ich werfe mit Formenergie nach dir!" schrie Blek. Er verfolgte, wie der winzige Jascheme in seiner kleinen Kuppel verschwand und händeringend herumlief. Er aktivierte die Funkanlage, und seine Stimme dröhnte durch den Lebensbereich des Jaschemen.
    Gnarrader Blek hörte nicht mehr hin. Er hatte seine Passivgestalt angenommen und tauchte ganz in der Schaukelwanne unter. Er genoß es, von der nahrhaften Energie umspült zu werden. Sein körperliches und geistiges Wohlbefinden steigerte sich fast abrupt, und er stellte sich den jämmerlichen Winzling in seiner kleinen Kuppel vor, der von nicht mehr lebte als dem Inhalt billiger Batterien, die er ab und zu zerlegte, um sich in ihren energetischen Einzelteilen zu wälzen.
    War er stolz auf dieses Geschöpf?
    Der Jascheme verneinte die Frage.
    Der Winzling hatte noch nicht einmal einen Namen, obwohl er bereits mehrere Tiefenjahre existierte. Zusammen mit dem Sphäroid war er materialisiert, und Gnarrader hatte sich zunächst sehr gewundert. Er hatte nach der Ursache für die Erscheinung gesucht und sie nicht gefunden. Schließlich schrieb er es den unbegreiflichen Vorgängen zu, die draußen außerhalb des Sphäroids abliefen. Dort lebten die Anlagen, die alles aufrechterhielten. Es war seine Aufgabe, sie zu kontrollieren. Er beherrschte sie, denn er besaß das Wissen und die Erfahrung dazu. Alle waren Produkte seines eigenen Volkes, und er liebte sein Volk und gab langsam, aber sicher sein Leben, um dem Ruf der Jaschemen gerecht zu werden.
    Langsam, aber sicher. Auf seinem blauen Körper hatte sich ein weiterer roter Fleck gebildet. Zunächst war er hellrot, im Lauf der Zeit würde er abdunkeln wie alle, die er bereits besaß.
    Seine Gedanken schweiften wieder ab. Er kannte alles und wußte alles zu bedienen.
    Nichts an dieser Maschinerie, die große Ähnlichkeit mit einem lebendigen Riesenwesen hatte, war ihm fremd. Und dennoch empfand er die Vorgänge als unbegreiflich. Er wußte, daß es mit seinem Aufenthalt hier zusammenhing. Sein Bewußtsein hatte sich von Anfang an verändert, und der Körper machte die Veränderung mit etlicher Zeitverzögerung mit.
    Ich sollte mir das Leben hier in Abschnitte einteilen, die von dem Meßbecher unabhängig sind, dachte der Jascheme. Dann würde endlich das Gekeife des Winzlings aufhören. Ob er ein Produkt meiner unterbewußten Phantasie ist, ein Relikt aus meiner eigenen Kindheit?
    Er bohrte in der Erinnerung und fragte sich, ob er jemals eine Kleinausgabe eines Jaschemen als Spielzeug gehabt hatte. Er stieß an eine unüberwindliche Mauer und er kannte, daß seine Erinnerung irgendwo zu Ende war.
    Zeitabend, ein gutes Wort, das ihm einfiel. Es besitzt einen abschließenden und endgültigen Charakter und ist daher ein wenig mit der Mauer verwandt, die meine Erinnerung abschottet.
    Er fühlte sich erholt und genährt, und er tauchte aus der Tiefe seiner Schaukel auf und brachte sie langsam und durch Verlagerungen seines Körpergewichtes zum Stillstand. Er nahm seine Aktivgestalt wieder an und stieg aus der Schaukel.
    „Guten Morgen!" rief die Miniatur herausfordernd, blieb aber unter der durchsichtigen Kuppel sitzen. Sie zerlegte etwas, und Blek schaute nicht hin, was es war. Meist riß sie sich unbedeutende Dinge unter den Nagel, die von den Anlagen draußen automatisch ergänzt wurden. Es gab
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