Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1204 - Der Häuter

1204 - Der Häuter

Titel: 1204 - Der Häuter
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
wohnte Ben Navis hier, und zwar über seinen beiden Büros in der ersten Etage. Viel Platz gab es dort nicht. Als Einzelperson brauchte er den auch nicht.
    Wasseranschlüsse fielen mir ins Auge. Ich stieg über Schläuche hinweg, umkurvte zwei hochkant gestellte Schubkarren, bevor ich keine Deckung mehr nehmen konnte, denn das Feld der Grabsteine war nicht mehr vorhanden.
    Dafür fiel mein Blick auf drei Fenster. Sie schmückten die Rückseite des Hauses.
    Sie waren nicht hundertprozentig einsehbar, weil die Hälfte durch eine Gardine verdeckt wurde. Ich musste sehr nahe heran, um in das Büro schauen zu können.
    Es waren zwei Räume. In einem stand ein Schreibtisch in der Mitte. An der Wand sah ich einen Aktenschrank. Ein Stuhl kam noch hinzu, eine Rechenmaschine stand auf dem Schreibtisch neben dem Telefon. Papiere lagen auf der Platte und wurden durch einen Locher festgehalten.
    Nichts, aber auch gar nichts wies darauf hin, dass dieses Büro einem vierfachen Mörder und Triebtäter gehörte. Hier war alles so normal. Genau das war es, was diese Menschen schützte.
    Die scheinbare Normalität. Die Unauffälligkeit.
    Der Blick durch das zweite Fenster brachte mir auch nichts, höchstens Frust, denn von Ben Navis war nichts zu sehen. Hier empfing er seine Kunden. Auch dort sah ich einen Schreibtisch, zwei Besucherstühle und ein Regal an der Wand. Die drei Reihen Regalfächer waren mit Grablaternen der verschiedensten Größen gefüllt. Schwere Dinger aus Metall und in einer rötlichen Farbe schimmernd. An den Wangen hingen Bilder, die allesamt Friedhofsmotive zeigten. Es waren gemalte Bilder, keine Fotografien.
    Auch dieser Raum sah aufgeräumt aus. Zumindest wirkte er auf mich nicht so, als würde der Mann, der ihn verlassen hatte, jeden Augenblick zurückkehren.
    Ben Navis war nicht da. Oder schien nicht anwesend zu sein, denn sicher war ich mir nicht. Es gab noch einen zweiten Bau, seitlich des ersten. Und er war größer, denn hinter diesen grauen Mauern, auf denen ein flaches Dach lag, befand sich die Werkstatt. Dort wurden Steine zurechtgeschnitten. Wurde das Material poliert und auch die Buchstaben für die Namen angebracht.
    Ich löste mich von meinem Platz, sprang über ein schmales Rasenstück hinweg und ging die restlichen Schritte zum Eingang der Werkstatt. Auf meinem Rücken klebte schon kalter Schweiß, als ich vor der Tür stehen blieb.
    Zu hören war nichts. Niemand schien sich in der Werkstatt zu befinden, um zu arbeiten, doch ich verließ mich nicht nur auf mein Gehör. Ich wollte es genau wissen.
    Die Tür war nicht abgeschlossen. Mit einem schnellen Rundblick überzeugte ich mich davon, dass ich unbeobachtet war.
    Auch vorn an der Straße bewegte sich kein Mensch. Es fuhr nicht mal ein Auto vorbei, und fern im Westen war die sinkende Sonne dabei, der Dämmerung Platz zu schaffen.
    Erst jetzt dachte ich über die Stille nach. Sie missfiel mir irgendwie. Sie war so anders, leicht drückend, fremd, einfach nicht normal.
    Ich beschäftigte mich mit der Werkstatttür. Sie war stabil, aber sie war nicht ins Schloss gedrückt worden, und so konnte ich sie aufziehen.
    Da die Angeln gut geölt waren, verursachte dieser Vorgang kaum Geräusche. Ich schritt über einen grauen Steinboden in die Werkstatt hinein, die mehr lang als breit war. Ich sah über einer Kreissäge für Steine den Trichter der Absauganlage schweben. Es gab Werkbänke, sogar alte Töpferscheiben und einige Grabsteine, die auf breiten Gestellen lagen. In dieser Haltung wurde die Beschriftung angebracht. Zwei Greifarme liefen über Rollen, die sich elektrisch bewegen ließen. An der gegenüberliegenden Seite der Werkstatt malte sich eine zweite Tür ab, die ebenfalls geschlossen war.
    Obwohl die Absauganlage vorhanden war, hing der Staub noch in der Luft. Er war nicht zu sehen, aber zu riechen. Auf einem kleinen Holztisch sah ich mehrere Schutzbrillen.
    Obwohl ich nichts Verdächtiges entdeckt hatte, wollte ich die Werkstatt nicht verlassen, ohne sie mir genau angesehen zu haben.
    Ich achtete dabei auf mein Gefühl, das mir keine Sicherheit vermittelte. Es konnte durchaus sein, dass sich in der Werkstatt jemand aufhielt. Zwar drang Licht durch die Fenster, aber es gab an der linken Seite auch schattige Stellen.
    Dort hingen auch die Greifarme und die öligen Ketten. Von dort hörte ich das leise Klirren und dann zwei Schrittgeräusche.
    Einen Lidschlag später erschien Ben Navis!
    ***
    Ich hatte ihn nie zuvor gesehen, aber ich wusste,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher