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120 - Schwur in der Opferhalle

120 - Schwur in der Opferhalle

Titel: 120 - Schwur in der Opferhalle
Autoren: Dämonenkiller
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Wand. Ich behielt gerade noch das Gleichgewicht.
    Im Schein des Feuerzeugs sah ich ein totes Mädchen, dessen Alter ich nicht schätzen konnte. Sie war nackt, ihre Kehle war durchschnitten, und ihr Gesicht war bis auf die Knochen abgenagt. Der Körper war seltsamerweise von den Ratten nicht angerührt worden. Ich schätzte, daß die Tote nicht viel älter als zwanzig Jahre war.
    Ich stieg über sie hinweg und entdeckte nach wenigen Metern einen Haufen menschlicher Knochen, die von den Ratten säuberlich abgenagt worden waren.
    Wieder raschelte es im Stroh. Vor mir hockten mindestens zwanzig riesige Ratten, die mich begierig ansahen.
    „Verschwindet", sagte ich. „Noch ist es nicht soweit, verdammte Bestien. Noch lebe ich."
    Ich trat auf die Ratten zu, sprang blitzschnell nach vorn und landete mitten unter ihnen. Zwei zertrat ich mit den Füßen. Die anderen ergriffen die Flucht, blieben aber nach zehn Metern stehen und blickten mich wieder an.
    „Ravana!" schrie ich, so laut ich konnte. „Wann beginnt endlich die Prüfung?"
    Doch ich bekam keine Antwort. Ich ging einmal im Kreis herum, stieß auf zwei weitere halb verweste Leichen, und wunderte mich wieder darüber, daß die Ratten sie teilweise verschont hatten. Da erschien ein schwaches bläuliches Licht. Ich hob den Kopf. Sekunden später war der arenaartige Raum in mattes Licht getaucht. Die Ratten verschwanden in den Löchern.
    Ich befürchtete, daß ich gar nicht geprüft werden sollte. Mir schien, ich sollte hier den Ratten überlassen werden.
    Rasselnd öffnete sich ein Teil der mir gegenüberliegenden Wand. Ein riesiger Königstiger sprang in die Arena. Seine grüngelben Augen funkelten mich an. Nie zuvor hatte ich einen größeren Tiger gesehen. Ihn umgab eine Aura unglaublicher Kraft und Stärke mit unverkennbar dämonischer Ausstrahlung. Sie wurde rasch stärker.
    Was ist das für eine Prüfung? fragte ich mich verwundert. Sollte ich vielleicht mit dem Tiger kämpfen? Das konnte nicht der Sinn der Prüfung sein. Dann fiel mir ein, daß der Dämon von einem heiligen Tiger gesprochen hatte. Durfte ich keine Angst zeigen? Ich wußte nicht, was man von mir erwartete.
    Die dämonische Ausstrahlung wurde stärker, als der Tiger geduckt näherschlich. Er riß das Maul auf und entblößte gewaltige Zahnreihen. Auch die Pranken des Tigers waren enorm. Mit einem Schlag konnte er mir den Schädel zerschmettern.
    Ich wich einen Schritt zurück und blieb breitbeinig stehen.
    Der Tiger riß das Maul wieder auf und ein furchterregendes Knurren ertönte. Es ging mir durch Mark und Bein. Der dämonische Tiger machte einen gewaltigen Satz und landete einen halben Meter vor mir. Die rechte Pranke schlug nach mir, verfehlte mich aber.
    Flink sprang ich zur Seite. Der Tiger folgte mir. Wieder sprang er mich an. Wild fauchte er, als er mich wieder verfehlte.
    Der Bursche will mir nicht ernsthaft an den Kragen, dachte ich. Er will mich nur einschüchtern. Aber wozu?
    Das Biest drängte mich an die Wand. Diesmal hatte mich eine Pranke erwischt und mein rechtes Hosenbein zerfetzt.
    In diesem Augenblick spürte ich dämonische Gedanken, die mein Hirn überschwemmen wollten. Der Ansturm war so heftig und überraschend, daß ich in die Knie ging und vor Schmerzen stöhnte. „Du mußt mir gehorchen!" flüsterten die Gedanken. „Du mußt mir folgen!"
    Vor meinen Augen wurde es schwarz. Verzweifelt kämpfte ich gegen die drohende Ohnmacht an. Die dämonischen Gedanken verstärkten sich. Ich war kaum zu einem klaren Gedanken fähig.
    Ich kippte zur Seite und schlug schwer auf.
    „Du bist mein Sklave", dachte es in mir.
    Der Ys-Spiegel, dachte ich. Ich wälzte mich auf den Rücken und versuchte, die dämonischen Gedanken zu ignorieren, die auf mich einströmten. Meine zitternden Finger berührten den Ys-Spiegel, und ich atmete erleichtert auf. Die Gedanken, die Gewalt über mich bekommen wollten, verloren ihre Kraft.
    Ich setzte mich auf und starrte den Königstiger an, der ein halbes Dutzend Schritte von mir entfernt auf dem Boden hockte und mich anstarrte. Seine glühenden Augen versuchten, mich zu hypnotisieren.
    Brummend stand ich auf, lehnte mich an die Wand und riß den Ys-Spiegel hervor.
    Der Tiger sprang auf, als habe er einen elektrischen Schlag erhalten. Er winselte und zog den gewaltigen Schweif ein. Das Glühen in seinen Augen erlosch. Seine Gestalt begann zu flimmern.
    Warte nur, du Biest! dachte ich grimmig. Jetzt drehen wir mal den Spieß um. Die Wirkung des Ys-
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