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1164 - Die Wolfsfrau

1164 - Die Wolfsfrau

Titel: 1164 - Die Wolfsfrau
Autoren: Jason Dark
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nassen Glanz.
    Der Gestank war so intensiv, dass Suko und Bill zurücktraten, um ihn nicht einatmen zu müssen. Sie drehten auch den Kopf zur Seite. Bill presste sogar ein Taschentuch gegen die Lippen.
    Suko hielt nur den Atem an. Er holte seine kleine Leuchte hervor und trat so nahe an den Rand wie möglich. Dann schickte er den schmalen Lichtarm in die Tiefe.
    Die Helligkeit war stark genug, um den Grund zu erreichen. Suko besaß gute Augen. Schon beim ersten Blick sah er, dass er und Bill mit den Vermutungen nicht verkehrt lagen.
    Sie hatten den »Friedhof« des Blut-Galans gefunden. Dort lagen seine Opfer. Und er hatte das mit ihnen getan, wofür er schon damals in Frankreich bekannt gewesen war.
    Es war furchtbar. Auch Bill sah jetzt die grauenhaften Bilder, als Suko die Lampe bewegte. Lange schauten sie nicht hin. Der Reporter ging zur Seite und hustete würgend.
    Suko steckte die Lampe weg und schob den Deckel wieder auf das Loch, sodass auch der widerliche Geruch verschwand.
    Bill Conolly hatte sich wieder etwas erholt. Dennoch war er blass und schweißfeucht im Gesicht.
    »Das ist doch nicht möglich«, flüsterte er.
    »Genau deshalb wird es Zeit, dass wir Beau Leroi das Handwerk legen. Ich will nicht, dass noch mehr Leichen hinzukommen.«
    »Gut gesagt, Suko. Aber erst müssen wir ihn haben.«
    »Der steckt im Haus.«
    »Und das Tageslicht wird ihn hoffentlich geschwächt haben, auch wenn er sich in einem düsteren Raum verbirgt.« Er wies auf den Anbau. »Sollen wir es noch einmal an der Tür versuchen?«
    »Nein, jetzt nicht mehr«, flüsterte Suko, noch immer unter dem Eindruck des Erlebten stehend.
    »Jetzt gehen wir durch das Fenster…«
    »Noch besser!«
    ***
    Auch nachdem einige Sekunden vergangen waren, sagten Judy und Alice nichts. Sie starrten sich an, und keine von ihnen bewegte sich. Alice lag starr auf dem Boden, während Judy bewegungslos neben ihr kniete und die Lippen geschlossen hielt.
    Alice kam zuerst mit sich selbst und auch mit der neuen Situation zurecht. »Du…?«, hauchte sie.
    »Du, Schwester?«
    »Sicher.«
    Alice schloss die Augen. Nein, ein Traum war es nicht, aber ein Schock oder auch eine böse Überraschung. Sie fühlte sich allmählich wieder wie ein Mensch, obwohl sie wusste, dass etwas Grauenhaftes hinter ihr lag. Aber sie konnte es nicht hervorholen. Sie wusste nicht genau, was ihr die Nacht gebracht hatte. Es war ihr Schicksal, das sie einmal im Monat bei Vollmond erreichte. Sie wusste auch, wie schwer die Morgen danach waren, und das war hier nicht anders.
    Und doch gab es Unterschiede. Normalerweise war Alice in ihrer vertrauten Umgebung des eigenen Hauses erwacht. Das gab es hier jetzt nicht. Sie befand sich woanders, und sie sah auch kein Fenster, durch das sie nach draußen schauen konnte. Verzweifelt kramte sie in ihrer Erinnerung. Etwas musste doch einfach hängen geblieben sein. So sehr sie sich auch bemühte, es war zunächst kein Lichtstrahl da, der das Dunkel hätte aufhellen können.
    Da war etwas gewesen, das wusste sie schon. In ihrem Haus am Wald. Sie hatte Besuch erhalten, und sie erinnerte sich dunkel an einen Mann, dessen Faszination sie erlegen war. Möglicherweise war sie ihm sogar gefolgt.
    Und jetzt war Judy da!
    Die bleiche, die totenbleiche Judy, die im grauen Licht älter wirkte, als sie war. Das Gesicht wies einen traurigen Ausdruck auf, kam es ihr vor. Die Augen lagen tiefer in den Höhlen als sonst, die Lippen waren so bleich, dass sie farblich kaum abstachen.
    Judy hatte ihre Hände gegen die Schultern der Schwester gedrückt. Ihr Blick hatte sich in Alices Gesicht festgebrannt und war auch hinab bis zum Hals geglitten.
    »Du bist mir geschickt worden, Schwester.«
    »Wieso?«
    »Ich brauche dich.«
    Für Alice hatte Judy in Rätseln gesprochen. Zugleich hatte sie dabei auch eine Tür der Erinnerung aufgestoßen. Sie erinnerte sich daran, dass sie Judy aus ihrem Haus weggeschickt hatte, weil sie nicht mehr gebraucht wurde.
    Jetzt sah es anders aus. Da war das Gegenteil der Fall. Plötzlich brauchte Judy sie, und sie trug ihr auch nichts nach. Die Schwester war ihr so nah und doch so fremd.
    Alice wünschte sich weit weg, was nicht möglich war. Sie lag nackt auf dem Boden und spürte den Druck der Hände. Wusste Judy, was mit ihr in den Vollmondnächten passierte? Kannte sie ihr intimstes Geheimnis?
    Sie musste davon ausgehen. Aber auch Judy war nicht mehr normal. Alice hatte sie anders in Erinnerung. Sie war so ernst, so kalt und wirkte
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