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1162 - Kampf um Terra

Titel: 1162 - Kampf um Terra
Autoren: Unbekannt
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teilte sie unsere Gefühle?" fragte sie entrüstet.
    Muai trocknete ihre Tränen.
    „Ach, laß nur! Reg' dich nicht über solche Äußerlichkeiten auf! Manche Menschen legen Wert darauf, daß sich Friedhofsroboter so benehmen."
    Diesmal schluchzte sie laut auf.
    „Bitte, hör auf!" sagte Lai Nurgowa. „Mach dich nicht selbst verrückt, Muai! Willst du nicht so lange bei mir bleiben, wie dieses Schreckliche andauert? Vielleicht folgen wir Ma und Pa schon bald. Warum sollten wir jede für sich sterben anstatt gemeinsam?"
    Muai schüttelte den Kopf, dann holte sie tief Luft und sagte entschlossen: „Nein, Lai, genau das sollten wir nicht tun. Je weiter wir auseinander sind, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß wenigstens eine von uns überlebt - und mit ihr die Gene, die das wahre Wesen von Ma und Pa ausgemacht haben und die sie an uns weitergaben, damit wir sie ebenfalls weitergeben. Es ist nicht wichtig, wann ein Mensch stirbt, Lai.
    Wichtig ist nur, daß die Gene weitergegeben werden."
    Lai seufzte.
    „Fängst du schon wieder damit an! Ich begreife gar nicht, wie du so aus der Art schlagen konntest. Wir als eineiige Zwillinge müßten doch eigentlich wie eine Persönlichkeit denken und handeln. Du bist doch Gen-Philosophin. Ich meine, außer daß du als Komponistin arbeitest. Besagt die Gen-Philosophie nicht, daß wir in allem absolut identisch sein müssen?"
    „Nein, nein!" entgegnete Muai hitzig. „Ich sehe schon, daß du mich überhaupt nicht verstehst. Gleich werden wir uns wieder streiten. Auch deswegen ist es besser, wenn sich unsere Wege so bald wie möglich wieder trennen. Sei mir nicht böse, Lai. Ich liebe dich trotzdem, und ich melde mich gleich über Visiphon, sobald ich wieder in meinem Häuschen bin."
    „Kann ich etwas für die Damen tun?" fragte eine traurige Stimme hinter den beiden Frauen.
    „Ich hatte dir doch gesagt, du sollst uns allein lassen!" schimpfte Lai Nurgowa, während sie sich langsam umdrehte - zu dem Friedhofsroboter, wie sie meinte.
    Dann sah sie den Sprecher, und ihre Knie wurden weich.
    „Pa ...?" flüsterte sie mit geweiteten Augen.
    Muai war ihrem Blick gefolgt.
    „Ma ...?" flüsterte sie, bevor sie ohnmächtig zu Boden sank.
    „Nein, nein!" stammelte Lai, als die Gesichtszüge, die sie eben noch als die ihres verstorbenen Vaters zu erkennen geglaubt hatte, sich veränderten. Plötzlich wurde sie der schwarzen Augen mit den grellweißen Pupillen gewahr. Ein gellender Schrei entfuhr ihr.
    „Es tut mir sehr leid", sagte der Fremde. (Lai vernahm seine mentale Stimme fast genauso wie eine akustisch artikulierte.) „Ich weiß, daß es für manche Menschen ein Schockerlebnis ist, wenn sie mir zum erstenmal begegnen. Mein Name ist Chthon."
    „Der Schatten!" sagte Lai entgeistert. „Chthon, was willst du von mir? Ich bin nur eine bedeutungslose Öko-Architektin. Was will ein vierdimensionaler Schatten wie du von mir?"
    „Ich weiß es selbst nicht", antwortete der Unheimliche. „Jedenfalls nicht genau. Ich spüre nur eine starke Affinität zwischen uns. Sie muß es gewesen sein, die mich aus der Ziellosigkeit an diesen Ort spülte."
    Er beugte sich zu Muai hinab, dann richtete er sich wieder auf.
    „Ich kann ihr nicht helfen. Sie würde mir durch die Hände gleiten. Aber, seltsam, wie eure Gesichter sich gleichen!"
    Lai hatte sich wieder gefangen. Nicht mehr entsetzt, sondern fasziniert musterte sie die geheimnisvolle Erscheinung.
    „Muai und ich sind eineiige Zwillinge", erklärte sie. „Ich bin Lai Nurgowa."
    Sie kniete neben ihrer Schwester nieder, hob ihren Kopf auf ihre Knie und tätschelte ihre Wangen.
    Als Muai nach einer Weile die Augen aufschlug, sagte sie: „Es ist Chthon, dieser vierdimensionale Schatten. Du brauchst keine Angst zu haben, Muai. Er will uns nichts tun."
    Sie hob den Kopf, dann blickte sie sich suchend um.
    „Jetzt ist er weg!" rief sie überrascht. „Einfach verschwunden!"
    „Wer ist verschwunden?" erkundigte sich Muai und richtete sich mit Hilfe ihrer Schwester wieder auf. „Es war jemand Fremdes, nicht wahr? Für einen Moment glaubte ich Mamas Gesicht zu erkennen, aber das war ja unmöglich. Es sei denn, Le So Te wäre wieder aufgetaucht."
    „Nein, nein!" beruhigte Lai sie. „Es war dieser Chthon. Hast du mir denn nicht zugehört?
    Ich sagte dir doch, daß es der vierdimensionale Schatten war."
    „Chthon?" fragte Muai ungläubig und sah sich um. „Wollte er denn etwas von uns?"
    „Er sagte, das wüßte er selber nicht.
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