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1153 - Die Gruftie-Girls

1153 - Die Gruftie-Girls

Titel: 1153 - Die Gruftie-Girls
Autoren: Jason Dark
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Engel…
    Irgendwie gehörten sie zusammen, aber das Spiel der weichen Klänge wurde durch einen schrillen Misston unterbrochen, und genau jetzt erfolgte der Einsatz der Two Sins.
    Sie sangen. Sie tanzten dazu. Sie sangen gemeinsam und auch einzeln, wobei Julia die dunklere Stimme hatte und sie auch ständig vibrieren ließ.
    Der Klang war nicht wichtig für mich. Ebenfalls nicht die schrille Hintergrundmusik eines Instruments, dessen Bedeutung mir nicht klar war, da ich es noch nie zuvor gehört hatte. Es war auch für mich keine Musik mehr. Diese Töne erinnerten mich an Schreie, die durch den Keller gellten.
    Zum Glück überlagerten sie nicht den Text. Außerdem sangen die Two Sins sehr deutlich, so dass ich in der Lage war, jedes einzelne Wort zu verstehen.
    Sie lobten die Sünde. Sie sangen über sie wie andere über Liebe und Treue. Die Sünde allein war ihr Begleiter. Sie war die Power im Leben, denn sie sorgte für die Existenz der Engel, und damit kamen sie auf sich.
    Julia und Wiebke bezeichneten sich als sündige Engel. Oder als Engel der Sünde, die aus einem fernen Reich auf die Erde geschickt worden waren, um den Menschen ihre Botschaft zu übermitteln. Es war die Botschaft aus einer dunklen Tiefe, die aber schon immer Bestand gehabt hatte. Verborgen in der Unendlichkeit der Dimensionen, versteckt in den düsteren Dimensionen, wo der erste Sündenengel seinen Auftritt gehabt hatte. Er hatte die Sünde in die Welt gebracht, und er hatte sie über Äonen hinweg immer weitergegeben.
    Suko stieß mich an. »Passt genau!«, hauchte er in mein Ohr. »Kommt hundertprozentig hin…«
    Leider hatte er Recht. Immer mehr wurde uns klar, dass wir es hier nicht mit zwei harmlosen Sängerinnen zu tun hatten, sondern tatsächlich mit sündigen Engeln, die von der Macht des Bösen in diese Welt geschickt worden waren.
    Ihre Botschaft kam an.
    Da brauchte ich mir nur die Zuschauer anzusehen. Alle standen dicht gedrängt. Sie hielten die Köpfe leicht erhoben. Ihre blassen Gesichter waren einzig und allein der Bühne zugewandt. Sie wollten hören, erfahren und alles in sich aufsaugen. Niemand interessierte sich noch für seinen Nebenmann oder seine Nebenfrau. Nur die Two Sins waren wichtig.
    Sie sangen weiter. Sie legten genau die Überzeugungskraft in ihre Stimmen, die nötig war. Sie zogen die perfekte Schau ab, und auch die Beleuchtung spielte mit. Das Scheinwerferlicht wanderte, einige Male verengten sich dabei die Strahlen und konzentrierten sich ausschließlich auf die Gesichter der beiden Sängerinnen.
    Das war die perfekte Show. Nur von zwei Menschen inszeniert. Oder von Engeln, die den Weg aus ihrem Reich in diese Welt gefunden hatten.
    Das Lied war lang. Prall gefüllt mit Textzeilen, die sich ausschließlich um die Sünde drehten und dabei auch deren Variationen nicht ausließen.
    Die Two Sins sangen nicht nur allein. Es war zu spüren, als sie das Ende des Songs erreichten, und sie wollten, dass die Zuschauer mitsangen.
    Der Text war jedem geläufig, aber er wurde variiert. Jetzt sangen sie nicht von der Sünde allgemein, sie bezogen sie auf sich. Sie waren alle bereit, den Weg der Sünde zu gehen.
    Bis auf zwei Ausnahmen. Das waren Suko und ich. Es war nicht leicht, sich dieser emotional aufgeladenen Atmosphäre zu entziehen, da machte jeder mit. Auch die Helfer hinter der Theke. Mona stand da, sang und klatschte dabei in die Hände. Ihrem Ausdruck konnte ich entnehmen, wie voll und ganz sie auf der Seite der Two Sins stand.
    In einem gewaltigen Schrei endete der Gesang. Alle Anwesenden rissen ihre Arme in die Höhe, als wollten sie sich vom Echo des Schreis davontragen lassen.
    Auch Nick machte mit. Ich hatte ihn die ganze Zeit über im Auge behalten. Er war wie von Sinnen, er hatte sich etwas von mir entfernt und war sogar einige Male auf die Knie gefallen, um schnell wieder aufzustehen, damit er seinen Gesang und auch die rhythmischen Bewegungen fortsetzen konnte.
    Auf einmal war es still.
    Abwarten, lauern, aber auch ausatmen. Nur allmählich breiteten sich die Geräusche aus. Das Scharren der Füße, das heftige Atmen, aber stets blieb der Blick der Zuschauer auf die Bühne gerichtet, weil jeder wusste, dass der Auftritt noch nicht beendet war. Es folgte noch etwas.
    Julia war wieder an das Mikro herangetreten und hob beide Arme, die sie dann langsam senkte. Sie gab das Zeichen zur Ruhe.
    Sehr schnell verstummten die Gespräche, und wieder war die Spannung zu spüren.
    Suko flüsterte in mein Ohr.
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