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1153 - Die Gruftie-Girls

1153 - Die Gruftie-Girls

Titel: 1153 - Die Gruftie-Girls
Autoren: Jason Dark
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gedämpft klang. Kein Johlen, keine Pfiffe, hier lief eben alles nach einem bestimmten Ritual ab.
    Zum erstenmal sahen Suko und ich die beiden Schwestern, die aus dem Dunkel in die Helligkeit eingetreten waren und doch nicht so hell aussahen wie auf einer normalen Theaterbühne, wo das Scheinwerferlicht sie direkt in den Vordergrund zerrte. Noch immer wirkten sie wie Gestalten, die sich verlaufen hatten oder einfach aus dem Publikum hervor auf die Bühne gestiegen waren.
    Julia war die Blonde. Ganz in Samt gekleidet. Das Kleid floss an ihrer Gestalt entlang und reichte beinahe bis zum Boden. Der Ausschnitt war groß und viereckig. Ihre Aufmachung hatte Ähnlichkeit mit der von Mona hinter der Theke. Um den Hals hatte Julia eine Holzkette geschlungen. Die einzelnen Motive waren für mich nicht zu erkennen.
    Das Gesicht war ebenso bleich wie die Haut. Nur die Lippen schimmerten dunkel. Sie musste zumindest einen violetten Stift genommen haben.
    Ihre Schwester Wiebke war zwar nicht das glatte Gegenteil, aber die Schwestern unterschieden sich schon. Wiebkes Haar war nicht so lang.
    Sie hatte es rötlich gefärbt, hochgekämmt und durch Spray gestylt. Auch von den Gesichtern her glichen sie sich nicht. Wiebkes Gesicht war runder und sah kindlicher aus mit den etwas dickeren Wangen, der kleinen Nase und dem ebenfalls kleineren Mund.
    Ich ging davon aus, dass Julia die Chefin war und täuschte mich auch nicht, denn sie legte als erste eine Hand an das Mikro und rückte es zurecht.
    Zum erstenmal hörten wir ihre Stimme. Sie sprach sehr klar, keinen Slang, konnte eine Ausländerin sein, wie ihr Name schon sagte, und sie begrüßte die Gäste.
    »Ihr seid gekommen, alle. Ich freue mich, denn heute ist die wichtige Nacht.« Sie legte eine kurze Pause ein und ließ die Spannung wachsen.
    »Erinnert ihr euch noch an unser letztes Zusammentreffen, als Wiebke und ich hier auf der Bühne standen…?«
    Sie erwartete eine Antwort, die auch erfolgte. Einige nickten, andere bejahten es mit leisen Stimmen, aber die Antworten waren trotzdem zu hören.
    Alle erinnerten sich.
    »Das ist gut, meine Freunde, das ist gut.« Julia breitete ihre Arme aus, bevor sie die Hände den Gästen entgegenstreckte. »Sagt es mir. Sagt mir, was in dieser Nacht geschehen wird. Ich will es von euch hören. Nur von euch…«
    Julia war mit einem weiblichen Dirigenten zu vergleichen. Sie bewegte ihre Arme kurz in die Höhe, und die Zuschauer gehorchten ihr aufs Wort. Zudem befanden sich die Two Sins nicht zu weit von den Zuschauern entfernt, nicht mehr als die Distanz einer Treppenstufe; die Bühne lag nur etwas höher.
    Wie aus einem Munde erfolgte die Antwort. »Alle Menschen werden Sünder - alle Menschen werden Sünder - alle Menschen werden Sünder…«
    Immer und immer wieder wurde dieser eine Satz gesprochen. Eine ständige Wiederholung, aber mit unterschiedlicher Lautstärke. Zuerst relativ leise, was sich nach den nächsten Sätzen sehr schnell änderte. Da vereinigten sich die Stimmen zu einem regelrechten Sturm, der gegen die. Bühne brandete, als wollte er die beiden Gruftie-Girls dort einfach wegfegen.
    Ich kannte den Satz, nur anders. Alle Menschen werden Brüder und nicht Sünder. Beethoven, die Hymne an die Freude. Hier war sie auf den Kopf gestellt und pervertiert worden.
    Julias Hände sanken nach unten. Schlagartig wurde es wieder still, und es war eine gespannte Stille, die sich über den Kellerraum gelegt hatte.
    Julia war zufrieden. Ebenso wie ihre Schwester, denn Wiebke lächelte breit. Sie übernahm das Wort. Ihr schwarzer Hosenanzug aus dünnem Latex glänzte wie eingeölt. Die Augen funkelten, und sie brachte ihre Lippen dicht vor den Mikrokopf. »Das Lied ist so wichtig wie der Text. Beides sollt ihr hören. Beides wird euch uns näher bringen. Dicht heran an die sündigen Engel. Engel und Sünde, es passt wunderbar zusammen, wie ihr in den folgenden Minuten erfahren werdet. Und anschließend wird die Sünde auch in euch Einkehr halten. Nur deshalb haben wir unsere Welt verlassen und sind zu euch gekommen.«
    Unter dem letzten Satz konnte man sich einiges vorstellen. Die verlassene Welt war unter Umständen ein anderes Land, aber, es konnte sich auch um eine andere Sphäre oder Dimension handeln. Ausschließen wollte ich da nichts.
    Ich wollte Suko darauf ansprechen, aber die Musik lenkte mich ab. Sie drang aus für uns nicht sichtbaren Boxen, und wohl nicht wenige wunderten sich über das Harfenspiel.
    Harfen und
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