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1136 - Das Blut der Bernadette

1136 - Das Blut der Bernadette

Titel: 1136 - Das Blut der Bernadette
Autoren: Jason Dark
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den Begriff Engel nach, der sehr dehnbar ist.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Vielleicht war Bernadette ein Engel.«
    Die Antwort konnte Polly nicht begreifen. »Ein Engel?« hauchte sie, und Jane konnte sich vorstellen, daß ihr ein Schauer über den Körper lief. »Ein Engel? Nein. Engel sehen doch anders aus. Das meine ich zumindest. Ich habe sie so nicht in Erinnerung. Sie sind wirklich anders. Ich kenne sie von Bildern und…«
    »Vergiß es, Polly. Sie sind so, wie Menschen sie sich vorstellen. Aber sie können in verschiedenen Gestalten auftreten, und sie sind nicht immer so nett und lieb. Sie laufen auch nicht pausbäckig und mit Trompeten bestückt herum. Es gibt sie anders, das kann ich dir versprechen.«
    »Ja, ja…«, sagte Polly nach einer Weile. »Ich weiß auch nicht, wieso, aber ich glaube dir, Jane. Das ist schon komisch.« Sie amüsierte sich und lachte. Es klang nicht echt, und die nächsten Worte machten klar, in welche Richtung sich ihre Gedanken bewegten. »Können Engel auch morden und Menschen einfach töten?«
    »Das habe ich leider auch schon erlebt. Leider. Aber laß uns von etwas anderem reden. Wir sollten zusehen, daß wir hier herauskommen.«
    »Wie denn?«
    »Kannst du dich bewegen, Polly?«
    »Nein.«
    »Auch nicht deine Arme?«
    »Sie sind so fest an den Körper gedrückt.«
    »Ich weiß«, sagte Jane. »Aber ich bin dabei, dies zu ändern. Vielleicht schaffe ich es, sie anzuziehen und so aus der verdammten Fesselung zu rutschen.«
    »Das sagst du nur so.«
    »Stimmt nicht.«
    Jane hatte nicht gelogen. Tatsächlich war sie während des Gesprächs nicht untätig geblieben. Sie hatte versucht, sich innerhalb der Fesseln zu bewegen. Schultern anziehen, den Körper drehen und auch die Arme nach oben drücken.
    Es blieb leider beim Versuch. Plötzlich wurde die Tür des Kellers aufgestoßen. Jane lag so nahe, daß sie den Luftzug spürte, der über sie hinwegglitt.
    Automatisch hob sie den Kopf an. Aus dem Düstern des Kellerflurs hervor schob sich die Gestalt der Oberin in den Raum und trat ins Licht.
    Beim ersten Hinschauen hatte Jane den Eindruck, einen Todesengel zu sehen. Eine Gestalt, die trotz ihres menschlichen Aussehens in den Bereich der Apokalypse hineingepaßt hätte. Ihr Gesicht hatte im Licht einen anderen Ausdruck erhalten. Es wirkte härter. Da lag kein Lächeln um ihre Lippen herum. Der Mund bildete einen Strich, und hinter dem Kopf flatterte das Tuch.
    Sie blieb dicht vor der Tür stehen, um den Keller zu überblicken. Der harte Ausdruck auf ihrem Gesicht verschwand nicht. Sie deutete die Zufriedenheit statt dessen durch ein Nicken an und ging dann vor. Die Tür schloß sie nicht ab. Ihr Ziel war Jane Collins und auch Polly Clark, denn zwischen den beiden Liegen blieb sie stehen.
    Jane Collins wurde mit keinem Blick bedacht. Polly war ihr Ziel, und die Oberin nickte ihr zu. »Na, wie geht es dir?«
    Polly schwieg.
    »Willst du nicht mehr reden?«
    »Nicht mit Ihnen.«
    »Sei nicht undankbar. Das habe ich nicht verdient. Du hast es gut bei mir gehabt. Besser als die anderen, die einen Teil ihres Lebens abgeben müssen.«
    »Ja, ja!« stieß Polly hervor. »Ihr Blut. Sie sollen ausbluten. Ich weiß es jetzt.«
    »Du irrst dich, Polly. Nicht alle werden ausbluten. Sie werden nicht sterben, aber sie besitzen allesamt genügend Blut, um einen Teil davon abgeben zu können. Das sind sie der Gründerin schuldig. Wäre sie nicht gewesen, gäbe es dieses Heim nicht.. Dann hätte sich niemand um sie gekümmert. So aber geben sie einen Teil dessen zurück, was sie bekommen haben.«
    »An eine Tote, wie?« höhnte Jane. Sie hatte bewußt so provozierend gesprochen.
    Bernadette fing diesen Ball auch auf. »Tot ist nicht gleich tot«, flüsterte sie. »Das wirst du als Mensch kaum begreifen können, aber es ist nun mal so.«
    »Dann liegt eine lebendige Person im Grab? Oder ist die Gründerin lebendig begraben worden?«
    Die Oberin starrte Jane mit kalten Blicken an. »Nein, das ist sie nicht.« Dann ging sie einen Schritt auf das Bett zu und blieb daneben stehen.
    Sie senkte den Kopf. Der Mund war verzogen. Haß schimmerte in ihren Augen, und Jane wich dem Blick nicht aus. Sekundenlang maßen die Frauen allein durch Blicke ihre Kräfte, dann riß sich die Oberin los und bewegte ihre Rechte hart. Sie verschwand nur für einen Moment in der Kleidertasche. Als sie wieder zum Vorschein kam, hielt sie Janes Beretta umklammert.
    »Du wirst es niemals erfahren, Jane Collins, denn ich
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