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1130 - Aufstand im Vier-Sonnen-Reich

Titel: 1130 - Aufstand im Vier-Sonnen-Reich
Autoren: Unbekannt
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das Prallfeld absorbierte jegliche harte Strahlung - ob sie nun von innen oder von außen kam. Sie würden sich Notzonenbegeher besorgen.
    Und dann ...
    Harbelon verdrängte den Gedanken.
    Es spielte keine Rolle. Selbst wenn ihn die Theokraten nicht erwischten - die Notzone war radioaktiv, bakteriologisch oder chemisch verseucht. Vielleicht hatte man damals auch alle drei Massenvernichtungsmittel eingesetzt. Die Ahnen der Sooldocks waren grimmige, hartherzige Leute gewesen, ehe Seth-Apophis ihnen das Geschenk des Friedens gebracht hatte.
    Duurn Harbelon lief über die schwarzen, staubigen Grate zwischen den Kratern und Bodenrissen, immer tiefer hinein in die kahle, lebensleere Ödnis, und jeder Schritt brachte ihn dem Tod ein Stückchen näher.
    Schweigend hüpfte der Mannberater hinter ihm her.
    Hoch oben im Orbit spürte man nichts von den Unruhen und Kämpfen, die Vrugg erschütterten. Kein Feuer war hell genug um mit seinem Glanz bis hinauf in die Umlaufbahn zu scheinen, und selbst wenn ganze Städte brannten, so konnten sie doch nicht mehr als ein Tupfer Rot auf der grünen Riesenkugel des Planeten sein.
    Aber noch ist es nicht soweit, dachte der Raummeister Carzel Boon mit einem Anflug von Trotz. Noch.
    Der Raummeister war ein alter, stämmiger Sooldock mit grauem Federkleid und fast ockerfarbenem Gallertorgan. Die Hornspiralen seiner Unterarme und Unterschenkel besaßen die Tönung verwitterten Basalts. Der Gürtel, der sich um seine Hüften schlang und zahllosen Utensilien und Werkzeugen Halt bot, wirkte sogar im schmeichelnden Dunstlicht des Konferenzkubus rissig und abgewetzt.
    Wie der Mann, so war auch der Gürtel uralt. „Keine Nachricht vom Raumhafen", sagte Teeber Lavareste mit seiner schrillen Stimme.
    Boon grunzte.
    Er drehte sich auf seinem Schwingsessel zu Cwon, seinem Bernon, herum. „Was meinst du dazu, Graugesicht?"
    Der Mannberater - ein Androide, so alt wie der Raummeister, mit einem Schädel grau wie Staub -krächzte. Seine Sensorzapfen zitterten. „Wer wartet", orakelte der Mannberater, „verpaßt manch wichtigen Augenblick. Wer handelt, sieht nur das, was vor ihm liegt. Nur wer wartend handelt oder handelnd wartet, fügt die Teile zum Ganzen zusammen."
    Lavareste pfiff mißtönend. „Dieser Androide", rief er aufgebracht, „gehört schon längst nach Marrschen. Seit Jahren hat er kein vernünftiges Wort von sich gegeben, und außerdem sehe ich nicht, wie uns diese nebulöse Philosophie in unserer Situation weiterhelfen soll."
    Carzel Boon drehte sich wieder dem ovalen Konferenztisch zu. „Du siehst so manches nicht, Teeber", knurrte der alte Raummeister. „Und das liegt daran, daß dir die kosmische Strahlung das Gehirn verbrannt hat."
    Lamarestes Multisinnesorgan verfärbte sich, daß es fast orange aussah. „Ich verbitte mir ...!" begann er empört, aber Woorn Sprinklon, der dritte Raummeister im Konferenzkubus, hob begütigend die Arme. „Streiten wir uns nicht", erklärte er. „Wir haben wichtige Dinge zu bereden. Unten auf Vrugg und auf den anderen Welten des Vier-Sonnen-Reiches wird genug gestritten. Und was soll aus dem Reich werden, wenn selbst die Raummeister untereinander uneins sind?"
    „Es ist eine Frage des Prinzips", beharrte Teeber Lavareste. „Nur weil ich vier Jahre jünger bin als dieser Greis, behandelt er mich wie einen Grünschnabel. Und sein Mannberater ist wirklich reif für Marrschen. Wer das bezweifelt, dem muß jeglicher Verstand abhanden gekommen sein."
    „Wahr, wahr", fügte Lamarestes Bernon hinzu. Der Androide hockte in einer Ecke des Konferenzkubus und verfolgte das Geschehen mit aufgeregt vibrierenden Sensorzapfen. „Marrschen", murmelte Boon, ohne auf die anderen Worte Lavarestes einzugehen. „Das bringt uns wieder zum Thema."
    Unbehagliches Schweigen trat ein.
    Jeder der drei Raummeister wußte, was Marrschen war.
    Marrschen war das Grauen, wie es einem in den finstersten Alpträumen begegnete. Marrschen war Angst und Entsetzen, die Kälte des Grabes und die Fäulnis des Todes, gestaltgewordener Wahnsinn und endloses Leid, dem niemand Einhalt gebot.
    Und Marrschen war gleichzeitig die einzige Hoffnung, die den Sooldocks blieb.
    Carzel Boon schauderte wie unter einem arktischen Wind. Wieder spürte er die Leere, die ihn schon seit Wochen begleitete, wie sie alle Sooldocks begleitete, seit Seth-Apophis verstummt war. Es war keine materielle Leere, sondern eine Leere der Seele, dem Verlust gleich, den der Tod eines geliebten Mannes oder einer
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