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1122 - Der Prophet des Teufels

1122 - Der Prophet des Teufels

Titel: 1122 - Der Prophet des Teufels
Autoren: Jason Dark
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das.« Martha Klinger griff nach einem in der Nähe stehenden Glas mit Wasser und trank zwei Schlucke. Sie war um die Sechzig. Ihr Haar war grau und kurz geschnitten, und das Gesicht zeigte wenig Falten. Die Sonnenbräune stammte sicherlich nicht aus dem Solarium.
    Dafür, dass sie so etwas Schreckliches gesehen hatte, wirkte sie wirklich sehr ruhig und gefasst. Sie bot uns Plätze auf einem Sofa mit geschwungener Rückenlehne an und sprach davon, dass wir uns, wenn wir etwas trinken wollten, die Getränke ruhig aus dem Kühlschrank holen konnten.
    »Nein«, erwiderte Harry lächelnd. »Wir haben gegessen und auch getrunken. Aber wir würden gern Ihre Geschichte hören, wenn Sie dazu bereit sind, Frau Klinger.«
    »Natürlich bin ich bereit. Deshalb habe ich auch auf Sie gewartet. Ich möchte zuvor bekannt geben, dass alles, was Sie jetzt hören, den Tatsachen entspricht.«
    »Das setzen wir voraus.«
    »Nun gut.« Sie trank noch einen Schluck Wasser, sammelte sich und begann mit ihrer Schilderung. Keinen von uns schaute sie direkt an, ihre Augen hatte sie gegen die Decke gerichtet, als würde sich dort die gesamte Szene für sie noch einmal abmalen.
    Harry und ich hörten geduldig zu. Was wir da erfuhren, klang sehr phantastisch und sogar unglaubhaft, aber so etwas war ich gewohnt. Ich hatte es mittlerweile gelernt, mich über nichts mehr zu wundern und das Ungewöhnliche und kaum Glaubhafte als Tatsache hinzunehmen. So war es auch hier.
    »Und dabei«, sagte sie zum Schluss mit immer leiser werdender Stimme, »habe ich den Pfarrer noch gewarnt.«
    »Wann war das?« wollte ich wissen.
    Sie trank einen Schluck Wasser, bevor sie antwortete. »Kurze Zeit vorher. Ich fuhr ja zu ihm, um die Wäsche abzuholen. Da haben wir noch über den Vorgang gesprochen.«
    »Welchen?«
    »Über die Beerdigung.«
    »Ach!«
    Harry und ich schauten uns an, denn das war uns neu. Es hatte also wieder bei einer Beerdigung begonnen. Wie schon auf dem Film, den wir uns angeschaut hatten.
    »Sie sind bei einer Beerdigung gewesen?« erkundigte sich Harry leise.
    »Nein, nicht ich. Meine Freundin Luise. Sie begleitete einen Kollegen auf seinem letzten Weg.«
    »Dann berichten Sie mal.«
    Es wiederholte sich. Der Film schien noch einmal vor unseren Augen abzulaufen. Wieder war diese Gestalt erschienen und hatte sich so ungewöhnlich verhalten.
    »Da wusste ich bereits Bescheid«, sagte die Frau. »Aber man hat mich nicht ernst genommen. Ich habe den Pfarrer gewarnt. Er hörte mir zu, doch er…« Sie zuckte mit den Schultern.
    »Wahrscheinlich können Sie nicht verstehen, wie das mit den jüngeren Leuten ist, Sie sind ja selbst noch nicht so alt, aber ich hatte das Gefühl, dass er mir nicht glaubte und mich innerlich sogar auslachte. Das wäre bei seinem Vorgänger nicht passiert. Der glaubte noch an die Grundwerte.«
    »Die wären?« fragte ich.
    »Himmel und Hölle!« Da wir nichts sagten, fragte sie weiter: »Oder glauben Sie etwa auch nicht daran?«
    »Doch, doch!« bestätigte ich. »Aber ich denke, dass sich in diesem Glauben etwas verändert hat. Der Himmel ist nicht oben, und die Hölle ist nicht unten.«
    »Dann gibt es auch keinen Teufel, wie?«
    »Doch.«
    »Schön, dass Sie daran glauben, Herr Sinclair. Und ich kann Ihnen sagen, dass ich den Teufel gesehen habe.«
    »Der sich dann in ein Skelett verwandelte?« Beinahe böse blickte sie mich an. »Junger Mann«, sagte sie im Ton der Oberlehrerin und hob den rechten Zeigefinger. »Der Teufel ist mächtig. Er kann alles. Er kann sich verwandeln. Wenn er auf Erden weilt, sieht er immer wieder anders aus. Dann ist er der große Blender, Täuscher und Verführer.«
    »Oder der Prophet des Bösen!«
    Die Frau hatte meine Antwort nicht so recht verstanden, der Begriff war ihr fremd, doch er gefiel ihr. »So kann man es auch sehen«, sagte sie flüsternd.
    »Und Sie hat er nicht angegriffen?« fragte Harry.
    »Nein.«
    »Er hat Sie auch nicht gesehen?«
    »So ist es.«
    »Aber haben Sie gesehen wie und wohin er verschwunden ist? Ist Ihnen etwas aufgefallen?«
    »Nein, Herr Stahl, das ist es mir nicht. Ich war weg vom Fenster, das können Sie wörtlich nehmen. Er hat sich auch nicht in einer Rauchwolke aufgelöst, obwohl mich das nach allem, was passiert ist, nicht gewundert hätte.« Sie lächelte mich verzerrt an. »So etwas erzählt man sich doch vom Teufel – oder?«
    »Das kann sein.«
    »Sind Sie kein Experte?«
    »Doch.«
    »Sie kommen aus dem Ausland.«
    »Ja, aus England.«
    »Da
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