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1122 - Der Prophet des Teufels

1122 - Der Prophet des Teufels

Titel: 1122 - Der Prophet des Teufels
Autoren: Jason Dark
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sowieso schon traurig waren.
    Da mein Freund Harry keinen Kommentar abgab, hielt auch ich mich zurück und wartete darauf, was der Film noch alles bringen würde.
    Der Gang zum Grab war gefilmt. Auch die Rede des Pfarrers, aber davon hörten wir kein Wort, denn es gab keinen Ton. Der Streifen lief lautlos ab.
    Noch war es nicht unbedingt spannend, und ich wusste auch nicht, weshalb ich mir diesen Streifen hier anschaute, aber das änderte sich, als Harry eine Bemerkung von sich gab.
    »Achte gleich auf die beiden Bäume im Hintergrund, wenn die Kamera zu ihnen schwenkt.«
    Ich beugte mich etwas vor und identifizierte die beiden von Harry erwähnten Bäume als Buchen. Auch dort rieselte der Regen. Bei Sonnenlicht war der alte Friedhof sicherlich heller, so aber befanden sich mehr Schatten auf ihm, die ein graugrünes Zwielicht schufen.
    Zwischen den Bäumen sah ich die Bewegung. Warum gerade dieser Ort gefilmt worden war, mochte der Teufel wissen, er war es jedenfalls, und aus dem Zwischenraum löste sich eine dunkle Gestalt.
    »Schau dir die Gestalt genau an«, flüsterte Harry, »sie ist wichtig für uns.«
    Es war ein Mann. Er trug einen Hut, einen capeähnlichen Mantel, einen Anzug, ein helles Hemd, eine Fliege und hielt sich im Dunkeln, so dass ich sein Gesicht nicht erkennen konnte. Es war jedenfalls zu sehen, dass er zum Grab ging. Schnitt!
    Ich trank einen Schluck aus der Dose und fragte: »Was das alles, Harry?«
    »Nein, es geht noch weiter.«
    Zunächst sahen wir nur die Trauergäste am Grab. Auch der Pfarrer rückte ins Bild. Er war ein kleiner Mann, über dessen Pausbacken der Regen rann, obwohl ein Messdiener ihn mit einem schwarzen Schirm schützte. Der Geistliche hielt eine Rede. Wieder war kein Wort zu verstehen, aber hinter ihm erschien in diesem Moment die fremde Gestalt, als der Pfarrer zum Spaten griff, den ersten Lehm aus dem Hügel holte und ihn auf den Sarg fallen ließ.
    Es war auch das Zeichen für die anderen. Sie gingen der Reihe nach an das Grab heran, kondolierten den engen Verwandten, was der Pfarrer schon getan hatte und sich deshalb zurückziehen konnte.
    Warum der Filmer ihn verfolgt hatte, war uns noch immer ein Rätsel. Aber wir sahen, dass er dem Pfarrer plötzlich den Weg versperrte, kurz mit ihm sprach und Karten in der Hand hielt. Er hatte die Blätter gefächert und ließ den Mann zwei Karten ziehen.
    Welche es waren, sahen wir nicht. Aber der Pfarrer erschrak. Er riss den angewinkelten Arm vor sein Gesicht, drehte sich zur Seite weg und verschwand fluchtartig.
    Auch der seltsame Besucher zog sich zurück. Er verfolgte den Pfarrer allerdings nicht. Dafür behielt ihn die Kamera noch im Auge, bis er sich plötzlich auflöste.
    Sein Körper glitt in einen Schatten hinein, der für eine winzige Zeitspanne zu einem dunklen Skelett mit einer Sense wurde. Er hatte sich in das Symbol des Todes verwandelt und war dann weg.
    Damit endete auch der Film. Wir sahen noch einige verwackelte Bilder, das war es dann.
    Auch Harry trank. Erst dann wandte er sich an mich. »Was sagst du dazu?«
    »Nichts.«
    »Warum nicht?«
    »Hol die letzte Szene noch mal auf den Schirm.«
    »Wie du willst.«
    Diesmal wusste ich, worauf ich zu achten hatte. Es war nichts verändert, der Typ löste sich auf oder veränderte sich zu einem Skelett, ganz wie man es wollte.
    »Und wer hat die Beerdigung aufgenommen?« erkundigte ich mich leise.
    »Ein Kollege.«
    »Wieso das?«
    »Nicht direkt ein Kollege«, verbesserte sich Harry Stahl. »Es war ein Hauptkommissar von der Kripo, und er vermutete auf der Trauerfeier einen alten Kunden, dem bisher nichts nachzuweisen war, der aber unter Verdacht steht, im Immobiliengeschäft abgesahnt und schwer betrogen zu haben.«
    »Ein Politiker?«
    Harry schüttelte den Kopf. »Er nicht, aber die Fäden könnten in die Politik hineinlaufen. Das will ich auch nicht ausschließen. Es geht mich auch nichts an. Für mich oder jetzt für uns ist der Fremde wichtig, der plötzlich mit diesem Skelett zusammentraf oder sich sogar in ein solches verwandelte. So genau war es nicht zu erkennen. Jedenfalls hat der Kollege den Film weitergegeben, und irgendwie ist er an die richtige Stelle geraten und so an mich gekommen.«
    Ich sah meinen Freund an. »Du willst mir doch nicht einreden wollen, dass du wegen dieser Szene auf den Fall angesetzt worden bist? Nein, das kann ich nicht nachvollziehen. Das wäre zuviel des Guten, denke ich. Ein bloßer Verdacht. Eine Spielerei, ein Trick. So etwas
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