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1116 - Der Hexenkelch

1116 - Der Hexenkelch

Titel: 1116 - Der Hexenkelch
Autoren: Jason Dark
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50 und 60?«
    »Ha - das hatte ich mir gedacht. Ist völlig klar, daß Sie so denken, Sinclair. Aber Sie irren sich. Er ist erst Dreißig. Sogar noch jünger als ich.«
    »Holla, das hätte ich nicht gedacht.«
    »Ich auch nicht.«
    »Wie ist er gealtert?«
    »Das werden Sie gleich sehen.«
    »Und was bedeuten die Wunden auf seiner Brust?«
    »Keine Sorge, Mr. Sinclair, auch diese Antworten liefert ihnen der Film.«
    Noch tat sich nichts. Abgesehen davon, daß der Besitzer der Kamera sich den Gefesselten nahe herangeholt hatte. So schwenkte der Blick über das Gesicht hinweg, zeigte viele Einzelheiten wie Falten und Schweißtropfen, gab aber auch die Angst wider, die den Mann überfallen hatte, und in der er erstickt zu sein schien.
    Dann sah ich die Brust deutlicher und damit auch das Blut, das aus den Schnittstellen geronnen war.
    Man hatte einen breiten Schnitt geführt, aus dem sicherlich viel Blut gesickert war. Einige Blutfäden klebten eingetrocknet auf seiner Haut.
    Ich spürte, daß Alan mich anschaute, und drehte den Kopf. »Er hat verdammt gelitten, Mr. Sinclair, und ich hoffe, daß er noch lebt.«
    »Er hat gelitten und ist gealtert.«
    »Ja. Da kommen zwei Dinge zusammen, die ich nicht begreifen kann. Nicht, wenn ich normal denke.«
    »Dann denken Sie doch unnormal.«
    »Später. Und das mit Ihnen zusammen. Geben Sie acht, der Film ist noch nicht zu Ende.«
    »Ich warte.«
    Die Gestalt des Gefangenen verkleinerte sich wieder, als die Kamera zurückfuhr. Es war jetzt praktisch mehr Platz auf dem Schirm, und von der linken Seite her sah ich die Bewegung.
    Jemand trat in das Bild.
    Es war eine Frau, ein regelrechtes Weib, und es hielt zwei Dinge in den Händen.
    Einen gläsernen Kelch in der rechten Hand und ein Messer mit kurzer Klinge in der linken…
    ***
    Alan Friedman reagierte. Er berührte einen Knopf, so daß das letzte Bild als Standbild blieb.
    Links die Frau, davor der Gefolterte mit seinem weit aufgerissenen Mund und der Angst in den Augen.
    »Schauen Sie sich diese Person genau an. Merken Sie sich jedes Detail. Sie ist wichtig, noch wichtiger als mein Freund, denn sie ist ein weiblicher Satan.«
    »Okay.«
    Ich sah sie im Profil. Langes rötliches Haar, mit einem Stich ins Braune, umrahmte ihren Kopf. Es war an der uns zugewandten Seite zurückgeschoben, so daß wir ihr Profil sehr gut erkennen konnten. Unter der hohen Stirn wuchs eine leicht nach oben gebogene Nase. Der Mund wirkte weich, das Kinn fiel etwas ab, und der Blick der Augen war auf den Kelch gerichtet, den sie leicht angehoben hatte, um ihn genau betrachten zu können.
    Die Frau trug eine dünne Hose oder ein Hosenkleid. Der Rücken lag beinahe frei. Ob die Brüste ebenfalls bedeckt waren, konnte ich nicht erkennen, aber zwei dünne, über die Schultern hinwegreichende Träger hielten das Kleid fest, damit es nicht nach unten rutschte und die Person im Freien stand.
    Der Kelch bestand aus Glas. Ob er mit Zeichen bemalt war oder der rote Inhalt aus Blut bestand, war für mich nicht zu erkennen. Jedenfalls war der Kelch nicht leer, denn auf dem Boden breitete sich Flüssigkeit aus.
    »Genug gesehen, Mr. Sinclair?«
    »Ja, Sie können den Film weiterlaufen lassen.«
    Eine Sekunde später bewegte sich die Rothaarige wieder. Sie drehte sich von der Kamera weg und schritt jetzt auf den Gefangenen zu, der sie ebenfalls kommen sah. Sein Gesicht veränderte sich noch mehr. Er sah aus wie jemand, der nicht mehr an sich halten konnte und der auch schrie. Nur hörten wir das nicht, da der Film von keinem Ton unterlegt worden war. Hier traf das Beispiel der »stummen Schreie« tatsächlich zu.
    Die Frau ging auf den Gefesselten zu. Ob sie lächelte oder ihr Gesicht starr blieb, das war die Frage.
    Nach wie vor sahen wir nur ihren Rücken und die recht breiten Schultern.
    Vor dem Gefangenen blieb sie stehen. Es konnte Zufall sein, aber sie stand genau so, daß wir Justin Corners Gesicht sehen konnten, so daß der Schrecken für uns erhalten blieb.
    In der rechten Hand hielt die Person weiterhin den Kelch. In der linken das Messer. Und genau diese Hand bewegte sie jetzt. Sekundenlang blitzte die Klinge hoch auf, dann war uns die Sicht darauf genommen. Aber wir konnten uns vorstellen, was die Person tat.
    Der Gefesselte zuckte in seinen Ketten. Sicherlich schrie er, doch der Laut, der durch das Zimmer schwang, stammte nicht von ihm, sondern von Alan Friedman. Er hatte das Stöhnen nicht mehr zurückhalten können und hockte jetzt wie sprungbereit
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