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1116 - Der Hexenkelch

1116 - Der Hexenkelch

Titel: 1116 - Der Hexenkelch
Autoren: Jason Dark
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ihr Gesicht. Ich sah ein zweites, ein geisterhaftes und zugleich ein sehr altes und graues. War das ihre wahre Gestalt? Zeit, darüber nachzudenken, ließ sie mir nicht, denn sie wuchtete sich plötzlich vor.
    Das Messer konnte mich nicht verfehlen. Es würde tief in meine Brust rammen, und ich kam noch nicht weg. Vielleicht eine kleine Drehung, doch das war zu wenig.
    Und dann hörte ich den Ruf.
    »Topar!«
    ***
    Fünf Sekunden Stillstand. Fünf knappe Sekunden, in denen Suko alles richten mußte.
    Er war mit seinem kleinen Boot so dicht wie möglich an den Kutter herangefahren, und er hatte auch sehen können, was an Bord passierte, da ihn die Wellenkämme des öfteren in die Höhe gehoben hatten. Als sein Boot wieder gegen den Kutter schrammte, nahm Suko die Gelegenheit wahr. Er sprang in die Höhe und umfaßte mit beiden Händen das Schanzkleid. Noch aus der Bewegung heraus zog er sich in die Höhe. Er sah, wie die Hexe sich in Bewegung setzte, um dem an einen Mast gefesselten John Sinclair ihr Messer in die Brust zu rammen, und es blieb ihm nur eine Chance.
    Er aktivierte seinen Stab. Ein Wort reichte aus.
    Und diesmal hatte er Glück. Die Hexe gab es in der menschlichen Gestalt und nicht in der feinstofflichen. Aus diesem Grunde gehorchte sie auch den menschlichen Regeln. Nicht nur John Sinclair und der Kapitän wurden durch seinen Ruf zur Bewegungsunfähigkeit verdammt, auch Alana mußte der Magie Tribut zollen.
    Sie blieb in der Vorwärtsbewegung stehen. Nicht einmal weit von Suko entfernt. Der aber lag mehr als er stand, und er mußte erst aus dieser Position heraus.
    Es kostete Zeit.
    Und die verrann…
    Plötzlich waren die fünf Sekunden vorbei. Alles lief wieder normal weiter, und Suko hatte es noch nicht geschafft, die Hexe zu entwaffnen. Ihm blieb nur eine Möglichkeit.
    Aus dem Stand heraus hechtete er auf die Banshee zu. Sie lief ebenfalls weiter, aber Suko bekam sie trotzdem zu fassen. Mit einer Hand packte er ihren rechten Knöchel und riß sie von den Beinen.
    Sie schlug noch zu. Das Messer beschrieb einen Bogen, aber es erreichte John Sinclair nicht. Statt dessen hieb die Spitze in die Planken. Die Aufprallwucht war so stark, daß Alana den gläsernen Kelch nicht mehr halten konnte. Er rutschte ihr aus der Hand und rollte davon…
    ***
    Mir genau vor die Füße!
    Das war natürlich die Gelegenheit für mich. Die Fesseln bildeten jetzt das kleinste Hindernis. Die linke Hand hatte ich frei, und ich konnte mich auch so tief bücken, um an den Kelch heranzukommen.
    Genau das wollte Alana ebenfalls. Denn sie wußte genau, was das bedeutete.
    Ich war schneller. Ihre Hand griff ins Leere, und sie schrie wieder auf wie ein Tier.
    Suko stand hinter ihr. Er hatte die Dämonenpeitsche gezogen und den Kreis geschlagen. Die drei Riemen hingen wie tote Schlangenkörper aus der Öffnung hervor.
    »Nicht!« rief ich ihm zu. »Ich mache das!«
    »Wie du willst!«
    Die Banshee kroch zurück. Ohne Kelch war sie ein Nichts. Den hielt ich jetzt fest. Es war mir in den letzten Sekunden auch gelungen, die rechte Hand frei zu bekommen. So konnte ich an mein Kreuz gelangen, denn das war wichtig.
    In einer Hand hielt ich den Kelch, in der anderen das Kreuz. Es hing schon nicht mehr vor meiner Brust.
    Alana kniete. Den Blick hielt sie nach oben gerichtet. Sie wollte sehen, was ich tat.
    »Schau genau hin!« flüsterte ich ihr zu. »Sie hin, um dann zu merken, wie schwach du bist. Der Sohn des Lichts ist geboren, um die Mächte der Dunkelheit zu zerstören. So wie jetzt!«
    Ich ließ das Kreuz fallen.
    Es landete im Kelch!
    Ich hatte vorgehabt, die Formel zu sprechen, das war nicht mehr nötig.
    Plötzlich waren die Kräfte des Kreuzes frei, und sie begannen, die anderen zu bekämpfen…
    ***
    Keiner von uns brauchte einzugreifen. Das Licht jagte aus dem Kelch hervor. Es war wie eine riesige Glocke, die sich über dem Kutter spannte. Zitternd, von Blitzen durchzuckt und mit einer gewaltigen Kraft ausgestattet, die wie ein Sog wirkte, dem Alana nichts entgegenzusetzen hatte.
    Sie wurde von diesem Sog erfaßt und verlor sehr schnell den Boden unter den Füßen. Es riß sie in die Höhe. Sie trieb hinein in das weiße Licht, in dem sie sich abmalte wie ein Gespenst, das allerdings nicht mehr in dieser Form blieb.
    Das Licht zerstörte die Gestalt der schrecklichen Banshee. Wir erlebten und sie durchlitt die Stufen jetzt in umgekehrter Reihenfolge. Sie hatte sich vorgenommen, den Tod zu überwinden und demnach auch das Altern.
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