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1115 - Die Tränen des Toten

1115 - Die Tränen des Toten

Titel: 1115 - Die Tränen des Toten
Autoren: Jason Dark
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warten?«
    »Darauf kannst du dich verlassen.«
    »Gut, dann bin ich weg.«
    Es gab eine Treppe, die ich nehmen konnte. Sie führte durch einen engen Schacht und war mehr als Nottreppe eingerichtet. Ich war den Weg lange nicht mehr gegangen. Die Schmierereien an den Wänden waren mir neu. Um mich herum war es sehr still geworden. Ich kam zum erstenmal wieder richtig zu mir und erlebte diese Welt, die mich umgab, als normaler Mensch. Der dumpfe Geruch, die schwüle Wärme, und ich kam mir plötzlich müde vor. Meine Beine waren schwer geworden. Es war keine körperliche Erschöpfung, es hing mit der Sorge um Shao zusammen.
    Der Hausmeister war zum Glück präsent. Er arbeitete zugleich als Portier und Kontrolleur und ließ keinen Unbefugten ins Haus.
    Als er mich kommen sah, schickte er die beiden Kinder weg, mit denen er gesprochen hatte. Sein Lächeln gefror, er schüttelte den Kopf und fragte: »Geht es Ihnen nicht gut, Mr. Sinclair?«
    »Warum fragen Sie das?«
    »Sie sehen so blaß aus.«
    »Ist nicht mein Tag heute. Aber hören Sie zu. Sie müssen den zur Tiefgarage führenden Lift blockieren.«
    »Wieso? Was ist los?«
    »Es gab einen Toten.«
    Er schrie nicht. Er drehte auch nicht durch. Er schaute mich nur mit einem Blick an, der vieles bedeuten konnte. Der Mann kannte mich, er hatte schon die Erfahrung mit seinen beiden besonderen Mietern machen können, und er erkundigte sich nur: »Sind andere Menschen hier aus dem Haus noch in Gefahr?«
    »Das hoffe ich nicht. Bisher hat es nur Suko und mich erwischt. Aber man kann es nicht ausschließen. Ich möchte nur, daß der Lift außer Betrieb bleibt.«
    »Ja, das läßt sich regeln.«
    »Danke.« Ich wandte mich wieder ab, und er rief noch hinter mir her: »Wo kann ich Sie denn finden, Mr. Sinclair?«
    »In der Tiefgarage…«
    Shao spürte die Luft und zugleich die Kühle, die spinnwebenartig durch ihr Gesicht streifte. Sie ging und schwebte zugleich. Sie sah sich umringt von einer schwarzblauen Dunkelheit, und sie wußte, daß es keine normale Nacht war, die sie erlebte. Shao war der Übertritt in eine andere Dimension gelungen und damit in das Dunkle Reich, in dem sich Amaterasu befand.
    Sie stand in der Schwärze. Sie war allein. Sie hielt die Armbrust fest. Sie kam sich vor, als hätte man sie auf die Kuppe eines Berges gestellt, um sie von dort in die Ferne schauen zu lassen. Doch da war nichts zu sehen. Die Dunkelheit schien sich bis in die Endlosigkeit hin auszubreiten, und sie war völlig lichtlos. Kein funkelnder Punkt. Kein heller Streifen, hier gab es die Welt der Finsternis und die ohne Hoffnung. Ähnlich wie im Reich des Spuks.
    Trotzdem existierte auch hier Leben. Shao wußte, daß ihre große Beschützerin in dieser Welt gefangen war und auf den Tag der Befreiung warteten. Dem hatten ihre Feinde Riegel vorgeschoben. Wenn sie die Sonnengöttin schon nicht töten konnten, dann wollten sie Amaterasu wenigstens nicht mehr aktiv werden lassen.
    Das hätten sie auch beinahe geschafft, hätte es da nicht Shao gegeben, die letzte Person in der langen Ahnenreihe. Sie war als normaler Mensch geboren worden und auch normal bei ihren Eltern aufgewachsen. Ihr Schicksal hatte sich erst als Erwachsene erfüllt. Da hatte sie schon Suko gekannt und sich auf seine Seite geschlagen, um die Mächte der Finsternis zu bekämpfen.
    Erst da war es zu einem Kontakt mit der Sonnengöttin gekommen. Shao hatte die Wahrheit über sich erfahren und in ihr neues Schicksal eingestimmt. Schon allein aus Dankbarkeit, denn die Sonnengöttin hatte ihr das Leben gerettet, und sie hatte Shao die zweite Existenz gewissermaßen geschenkt. Sie war zum Phantom mit der Maske geworden, und sie wurde getrieben durch die Kraft der Amaterasu.
    Eine Armbrust, ein Köcher mit Pfeilen. Die andere Kleidung, die Maske, so sah sie dann als Kämpferin aus, die gegen die Feinde der Sonnengöttin anging.
    »Es ist noch nicht vorbei, Shao…« Die Stimme wisperte ihr entgegen. Sie hörte sich an wie das leichte Tirilieren von kleinen Vögeln, und sie kam von allen Seiten.
    »Ich weiß es. Danke.«
    »Ich konnte dich nicht sterben lassen. Ich mußte dich wegholen, aber du hast erlebt, mit welcher Macht Agashi und der Dunkle Schrecken ausgestattet sind.«
    »Was wollen sie?«
    »Noch mächtiger werden. Sie wollen mich demütigen. Sie wollen dich und auch die Krone der Ninja. Wenn sich ihr erster Plan erfüllt, werden sie den zweiten in Angriff nehmen, um die Vergangenheit wieder zurückzuholen. Der Clan
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