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1100 - Die Hölle von Sodom

1100 - Die Hölle von Sodom

Titel: 1100 - Die Hölle von Sodom
Autoren: Jason Dark
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mußte den Kopf einziehen, um mit den Haaren nicht unter der Decke herzustreifen. Durch eine schmale Türöffnung traten wir hinaus in die Nacht. Der Wind wehte aus südwestlicher Richtung. Er brachte den Geruch des Wassers mit, aber auch den der Frühlingsblüten. Jasmin- und Lavendelduft wehte mir in die Nase hinein. Er hing regelrecht in der schmalen Gasse fest, durch die wir gingen. Der Weg war steinig und führte bergan.
    Manchmal, wenn es der Halbmond schaffte, seinen Schein durch die Lücken der Wolken zu werfen, dann schimmerte die festgebackene Unterlage so glatt, als würde sie mit einer Eisschicht bedeckt worden.
    Krystos blieb vor mir. Er hielt den Kopf gebeugt. Seine Kapuze hatte er nicht übergestreift. Er war viel kleiner als ich und bewegte sich wie ein Schatten vor mir her. Ich hörte ihn nur sehr leise auftreten.
    Unser Ziel war die kleine Kirche mit dem ebenfalls nicht sehr hohen Turm. Er kam mir vor wie ein Arm, dessen Hand oder Faust abgebrochen war. Die Außenmauern des kleinen Gotteshauses schimmerten ebenso weiß wie die der Häuser. Sie waren vor Jahren einmal voll belegt gewesen. Das gehörte nun der Vergangenheit an. Nur noch wenige Mönche hielten es hier aus. Hinter keiner Fensteröffnung schimmerte Licht.
    Vor der schmalen Eingangstür blieb Krystos stehen. Er war nicht außer Atem, er mußte nur den Schweiß von der Stirn wischen, da er etwas schwitzte.
    Die dunkle Eingangstür befand sich hinter seinem Rücken. Krystos deutete über die Schulter hinweg darauf und sagte mit leiser Stimme. »Wenn wir hineingehen, werden wir sofort zum Turm hochgehen. Das ist am besten.«
    »Sehr gut. Du bist der Chef.«
    »Nein.« Er schüttelte etwas traurig den Kopf. »Das bin ich schon lange nicht mehr. Es hat sich gegenüber den früheren Zeiten vieles verändert. Die hektische Welt will uns nicht mehr. Sollte die alte Zeit noch einmal zurückkehren, werde ich sie nicht mehr erleben. Dann liege ich längst tot und begraben in der griechischen Erde. Aber das geht jedem so; auch du lebst nicht ewig, John.«
    »Stimmt.«
    »Dann komm jetzt.« Er drehte sich um und streckte die rechte Hand aus. Ein leichter Druck reichte aus, um die Tür nach innen zu schieben. Diesmal brauchte ich mich nicht zu ducken, um in die Kirche hineingehen zu können.
    Es war kühl in diesem kleinen Gotteshaus. Der Geruch von Weihrauch, vermischte mit anderen Kräutern oder Gewürzen, drang mir entgegen. Weiter vorn stand der Altar. Viel sah ich nicht von ihm. Zwei Kerzen brannten, und ihre Flamme bewegten sich in einem sanften Rhythmus. Der Mönch bog dicht hinter der Tür zur linken Seite hin ab. Er hatte vom Turm gesprochen, in den wir nun hinauf stiegen.
    Die Wendeltreppe war eng. Ich war schon einige Treppen dieser Art hochgegangen, aber selten hatte ich eine so enge Umgebung erlebt. Zudem war es recht finster. Es gab zwar Öffnungen im Mauerwerk, aber man konnte sie nur als Luken bezeichnen.
    Um nicht zu stolpern, nahm ich die Lampe zur Hand und leuchtete die Stufen an. Ungleichmäßig, eingetreten. An den Wänden hatten Spinnen ihre Netze hinterlassen. Wie feine Schleier strichen sie über die Haut an unseren Gesichtern.
    Ich ging gebückt. Über mir war es dunkel, aber vor Krystos sah ich nach der letzten Biegung den Schatten einer kleinen Glocke. In dieser Umgebung gab es etwas mehr Platz. Einen hölzernen Dachstuhl sah ich hier nicht, dafür vier größere Fenster, die sich an allen Seiten verteilten.
    Der Mönch führte mich auf das rechte Fenster zu. Er blieb davor stehen, und es war auch noch Platz für mich.
    »Sind wir hier richtig?« fragte ich.
    »Ja. Hierher wollte ich dich führen. Schau hinaus, John.«
    Um mehr sehen zu können, beugte ich mich nach vorn. Der Ausschnitt ließ es zu, und mein Blick glitt in die Weite hinein und über das Meer hinweg.
    Es paßte zu dieser Nacht. Die sich bewegende Fläche kam mir nicht schwarz oder gar bedrohlich vor, sie zeigte sich in einem dunklen Blau und glich einem Teppich, der stets und ständig aufgerollt wurde, um an irgendwelchen Ufern zu zerschellen.
    Auf den Wellen schimmerten hin und wieder die hellen Schaumkronen, als hätte jemand Diamanten darüber gestreut. Meine Augen hatten sich sehr bald an die Dunkelheit gewöhnt, und so war es mir auch möglich, Einzelheiten auszumachen.
    Ich sah, daß es nicht nur Wasser gab. Dunkle Flecken hoben sich ab. Die Luft war sehr klar, und deshalb konnte ich auch recht weit schauen. Die Flecken lagen still. Sie bewegten sich
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