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1091 - Das Geschöpf

1091 - Das Geschöpf

Titel: 1091 - Das Geschöpf
Autoren: Jason Dark
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von dem Geschöpf, das es hier gab. Er hatte es genau beschrieben. Für ihn war es der wahre Herrscher in diesem großen Bau, aber nur er hatte es zu Gesicht bekommen.
    Dann gab es da noch die vier Leichen, die man aus dem Wasser gefischt hatte.
    Starr und vereist. Das Wasser hatte sie nicht auftauen können. Es war einfach nur schrecklich und unbegreiflich gewesen. Gloria hatte sich oft gegen ihr Gefühl gewehrt, aber allmählich ging sie davon aus, daß Manuel doch etwas mit den Leichenfunden zu tun haben könnte. Nicht direkt, aber indirekt oder anders.
    Das bereitete ihr große Sorge. Mit Phil Hancock hatte sie sicherheitshalber nicht darüber gesprochen, doch er würde nicht aufhören zu bohren, was sein gutes Recht war. Außerdem wollte er nicht, daß sein Heim in Mißkredit geriet.
    Vor ihrer Wohnungstür blieb sie stehen. Sie war recht schnell gegangen und wollte erst wieder zu Atem kommen. Auch hatte sie nicht vor, ihrem Sohn aufgeregt gegenüberzutreten. Ein Namensschild war auf der braun gestrichenen Tür nicht zu sehen. Es gab auch keine Klingel. Besuch erhielten die beiden so gut wie gar nicht.
    Sie schloß auf.
    Die Wohnung bestand aus zwei Zimmern. Das eine bewohnte Gloria, das andere ihr Sohn. Eine Küche brauchten sie nicht. Sie aßen immer in der großen. Für die kleinen Mahlzeiten zwischendurch reichten die beiden Kochplatten durchaus.
    Sie betrat die Wohnung leise. Schon der erste Schritt brachte Gloria in ihr Zimmer. Die Möbel stammten aus zweiter Hand. Sie sahen allerdings gemütlich aus, auch wenn sie etwas zu groß für den Raum waren und die hohe Lehne der Couch bis über die Fensterbank hinwegreichte. Auf der Couch schlief Gloria, so hatte der Platz für ein Regal entstehen können, in dem die Glotze und der Videorecorder standen. Die Kleidungsstücke hatte sie in einem schmalen Schrank untergebracht.
    Das Bad und die Toilette konnten nur von Manuels Zimmer aus erreicht werden. Nach dem Eintreten hatte Gloria sofort nach rechts geschaut, vorbei an dem kleinen Eßtisch mit den beiden Stühlen.
    Ihr Zimmer war dunkel, aber aus Manuels Raum fiel Licht. Der breite Streifen reichte aus, um fast den gesamten ersten Raum zu erhellen.
    Manuel war da. Sie hörte ihn nicht, sie fühlte es nur. Mit sanften Schritten bewegte sie sich auf die offene Tür zu und schaute in das Zimmer hinein.
    Manuel hockte auf seinem Bett. Er hatte die eigene Glotze eingeschaltet, aber den Ton abgestellt. Er schaute zwar auf das Bild, aber er sah es nicht. Sein Blick war nach innen gekehrt, als wollte er seine eigene Seele beobachten.
    Er sah auch seine Mutter nicht, die für einen Moment auf der Schwelle verharrte. Ihr Herz klopfte plötzlich viel schneller, und auch das Blut schoß ihr in den Kopf.
    Dann schaltete sie den Fernseher aus.
    Manuel reagierte gar nicht. Es war ihm völlig gleichgültig, ob der Apparat lief oder nicht.
    Vor ihm blieb sie stehen. Schaute auf ihn nieder. Sah das dunkle Haar, das nie so recht gebändigt werden konnte. Ein Erbe seiner Mutter, denn der Vater war blond gewesen, trotz seines Namens Esteban. Sein Gesicht wirkte verschlossen. Außerdem bleich und fragil. Er hatte die Schultern hochgezogen, machte den Eindruck eines Autisten und hielt die Arme über seiner Brust zusammengelegt.
    Gloria sagte nichts. Sie streichelte nur mit dem Handrücken über seine linke Wange. Dabei hatte sie Mühe, die Hand nicht zurückzucken zu lassen, denn ihr war sofort die Kälte seiner Haut aufgefallen.
    Es geht los! dachte sie. Mein Gott, er steht wieder unter diesem Druck. Sie schloß die Augen. In diesem Moment fühlte sie sich so schrecklich allein. Die Welt um sie herum hatte sich nicht verändert, aber sie kam ihr vor wie in einem Taumel, der sie immer weiter mitschleifte.
    Manuel machte Schreckliches mit. Er litt, und sie stand hilflos daneben, ohne zu wissen, wie sie ihm helfen sollte. Alles hatte sich verdreht. Das Leben war für sie auf den Kopf gestellt worden, weil von außen her etwas eingegriffen hatte, das sie nicht begriff.
    »Manuel…«
    Er redete nicht, er schwieg sich aus.
    »Bitte, Manuel, ich weiß, daß du mich hören kannst. Ich bin deine Mutter, ich habe Angst um dich.«
    Sie kniete vor ihn und umfaßte die schmalen Schultern. Dabei glaubte sie, die Gänsehaut sogar unter dem Pullover zu spüren.
    Er schüttelte den Kopf.
    Beinahe hätte seine Mutter gelacht. Sie freute sich selbst über Kleinigkeiten. Er hatte sie gehört, wahrgenommen, und er würde bald auch reden. Daran glaubte
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