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1089 - Horrorland

1089 - Horrorland

Titel: 1089 - Horrorland
Autoren: Jason Dark
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seiner Märchenstunde gestorben, und ich erfaßte nicht, auf welche Art und Weise der Tod den Mann erwischt hatte.
    An der Vorderseite sah ich keine Verletzung.
    Ich drehte mich um und blieb so stehen, daß mein Körper den größten Teil des Toten verdeckte. Glenda hatte die Glasinsel ebenfalls betreten und war dicht an der Tür stehengeblieben. Ihr starrer und zugleich fragender Blick war auf mich gerichtet.
    »Glenda, es ist besser, wenn du die Kinder wegführst.«
    Sie stellte keine Fragen. An meiner Mimik hatte sie gesehen, daß etwas passiert war. Als ich mich wieder umdrehte und dem Toten zuwandte, hörte ich ihre Stimme, die sehr ruhig klang.
    »Kommt, die Märchenstunde ist vorbei.«
    »Warum denn?«
    »Weil es dem Weihnachtsmann übel geworden ist.«
    »Was ist denn da so rot?« fragte jemand.
    »Farbe.«
    Ich hörte, daß die Kids aufstanden und wußte sie bei Glenda in guten Händen. Zumindest für die nächsten Minuten.
    »Soll ich einen Arzt holen, John?«
    »Nein.« Ich drehte mich noch einmal um. »Den braucht er nicht mehr. Jetzt müssen die Kollegen ran.« Mehr brauchte ich ihr nicht zu sagen, denn sie wußte, daß ich damit die Mordkommission gemeint hatte.
    »Schon gut, John.«
    Es war wie zum Weglaufen. Egal, wo ich auch hinging, ich mußte einfach das Gefühl haben, daß ein Fluch an meinen Beinen klebte.
    Mein Leben verlief einfach nicht normal, und das meiner Freunde zwangsläufig auch nicht.
    Vor einigen Tagen Estelle Crighton, und jetzt dieser Weihnachtsmann, der ums Leben gekommen war. Da er nach rechts gerutscht war, hatte sich sein Körper etwas von der Rückenlehne gelöst. Ich brauchte ihn nicht groß zur Seite zu bewegen, so daß ich einen Blick auf seinen Rücken werfen konnte.
    Seine Kutte war hellrot, das Blut war es nicht. Es war aus einer großen Wunde gesickert, die nicht von einem Messer oder ähnlichen Gegenstand stammte, sondern von einer Waffe, die viel breiter und möglicherweise auch länger gewesen war. Eine große Wunde, die an den Rändern zerfetzt war.
    Ich schüttelte den Kopf. Wie hatte sie entstehen können? Wie war es dem Mörder möglich gewesen, hier hereinzuschleichen und den Mann zu töten?
    Es gab keine zweite Tür in dieser Insel aus Glas, die zudem schallgedämpft war, denn der Trubel aus der Etage war hier nicht zu hören. Wie war der Mörder nur hineingekommen?
    Es rann mir kalt den Rücken hinab, als ich an den letzten Fall dachte. Da hatten wir es mit dem Killer in der Nacht zu tun gehabt, auf dessen Konto auch Estelle Crightons Tod gegangen war. Er war ebenfalls ein Unsichtbarer gewesen, und das existent gewordene böse Ich einer Person, die als normale Frau gelebt und ihre Umwelt derartig getäuscht hatte. [1]
    Aber die Person gab es nicht mehr. Auch das böse Ich war vernichtet. Es durfte einfach keine Parallelen zu diesem Fall hier geben.
    Und doch kam ich zwangsläufig darauf, denn ein normaler Mörder hätte gesehen werden müssen.
    Das gab Probleme. Und ich wußte, daß mir der reine Zufall oder eben das Schicksal wieder etwas an den Hals gehängt hatte.
    Zuständig für diesen Bereich war als Chef der Mordkommission mein alter Freund Tanner. Ich hoffte, daß er Tagschicht hatte, und jetzt stand das Glück auf meiner Seite. Als ich seine brummige Stimme hörte, atmete ich auf.
    »Sinclair hier.«
    Das Brummen verwandelte sich in ein Knurren. »Rufst du an, um mir zu helfen?«
    »Wobei?«
    »Ich soll Weihnachtsgeschenke besorgen, hat mir meine Frau gesagt. Zumindest für sie.«
    »Wie schön.«
    »Willst du mir nicht helfen?«
    »Nein, ich bin ebenfalls im Weihnachtsstreß. Aber um dir das zu sagen, habe ich dich nicht angerufen.«
    »Ist es dienstlich?«
    »Leider ja.«
    Ich hörte Tanner lachen. »Was heißt leider, John? Du erlöst mich von einem Problem. Wenn ich kein Geschenk finde, kann ich das wenigstens auf dich schieben. Dann kannst du dich mit meiner Frau auseinandersetzen.«
    »Aber du mit Mord.«
    Er wurde ernst. »Wen hat es erwischt?«
    »Den Weihnachtsmann.«
    Tanner schwieg. Wahrscheinlich dachte er darüber nach, ob ich ihn auf den Arm nehmen wollte, doch ich kam seiner Frage zuvor.
    »Es ist kein Witz, Tanner, man hat tatsächlich einen Weihnachtsmann umgebracht, der den Kindern Märchen vorlas. Es ist der reine Zufall, daß ich hier bin, aber ich habe das Gefühl, daß ich mit drinhänge.«
    Der Chief Inspector sagte zunächst einmal nichts. Ich hörte ihn dafür laut atmen, wobei er die Luft in den Hörer hineinblies. »Gib mir
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