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1087 - Blutjagd

1087 - Blutjagd

Titel: 1087 - Blutjagd
Autoren: Jason Dark
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schließen.
    »Ich hätte ja nie gedacht, daß derartige Wesen existieren«, sagte sie leise. »Nun erlebe ich das Gegenteil, und ich finde mich sogar damit ab. Seltsam, nicht?«
    »Der Mensch kann sich an alles gewöhnen.«
    Estelle nickte. »Das muß ich wohl. Ich, muß auch lernen, mich zu akzeptieren. Ich meine, die neue Wahrheit über mich, geprägt von diesem Erlebnis aus der Kindheit.«
    »Du wirst dich daran gewöhnen.«
    »Das hoffe ich. Aber ich bin nicht unverletzbar. Es ist nur so, daß die Blutsauger mich nicht wollen.« Sie lachte. »Damit habe ich schon einen Vorteil den anderen gegenüber - oder?«
    »So kann man es sehen.«
    Der Vampir befand sich in den letzten Zügen seiner Umwandlungsphase. Er taumelte nicht mehr umher, sondern hatte sich aufrecht hingestellt und seinen Rücken durchgedrückt. Beide sahen ihn im Profil und bekamen mit, wie der Mund zuckte.
    Dann drehte er sich.
    Er starrte sie an.
    Estelle und Bill schauten zurück. Bill war ähnliche Bilder gewohnt. Oft genug hatte er die Fratzen der Blutsauger angeschaut, wobei es bei ihnen auch Variationen gab. Er kannte sie mit völlig normalen und glatten Gesichtern, er wußte auch von anderen, die unwahrscheinlich häßlich aussahen.
    Besonders diejenigen, die lange in irgendwelchen Gräbern und Gruften gehockt hatten.
    Dieser hier wirkte noch sehr menschlich. Ein älterer Mann, dessen Existenz bald vorbei sein würde.
    Noch tat er nichts und glotzte nur durch die Scheibe in den Gang hinein, wo die beiden Menschen standen, als könnte er nicht glauben, daß die Nahrung so nahe war.
    »Er wird kommen!« flüsterte Estelle.
    »Bestimmt.«
    »Und dann werde ich schießen.«
    »Es ist die einzige Möglichkeit. Wenn du dich überfordert fühlst, laß mich es machen.«
    »Nein, Bill, nein!« erklärte sie entschieden. »Ich muß es tun. Ich spüre den Drang in mir. Ich kann einfach nicht dagegen ankämpfen. Erst wenn ich ihn erledigt habe, bin ich froh.«
    Er glaubte ihr. Es war gut für ihr Selbstbewußtsein, und deshalb ließ er sie auch in Ruhe.
    Der Untote brauchte nur den Arm auszustrecken, um den Griff zu erreichen. Er tat es noch nicht.
    Einen kleinen Schritt ging er nach vorn, dann packte er zu.
    Sein Gesicht erschien dicht vor der Scheibe, prallte sogar dagegen, und Bill hoffte, daß sie es schnell hinter sich brachten. Bisher hatte noch kein anderer Fahrgast sein Abteil verlassen, um sich die Beine zu vertreten, aber er wußte auch, daß es nicht lange dauern würde, bis sie in Lancaster einliefen, dem nächsten Halt.
    »Jetzt!« zischte Bill.
    Estelle hatte die Arme angehoben. Die Beretta hielt sie mit beiden Händen fest. Die Mündung war auf das Ziel gerichtet. Sie war auch etwas zurückgegangen, um am Rücken den nötigen Halt zu spüren, und dann drückte sie ab.
    Der Vampir ging genau in dieser Sekunde vor.
    Er fing die Kugel auf.
    Bill hatte den Abschußknall wie nebenbei gehört. Ob Estelle gezielt hatte oder nicht, das war im Prinzip egal. Es zählte nur die Kugel und die Kraft des geweihten Silbers.
    Bill Conolly hatte nie erfahren, ob ein Vampir Schmerzen spürt, wenn er von einer Kugel erwischt worden war. Schmerzen, die ihn bis zu seinem endgültigen Ableben begleiteten. Es konnte so sein, denn das noch menschliche Gesicht des Mannes verzerrte sich. Der Mund stand weit offen, als der Vampir zurücktaumelte. Er drehte dabei den Kopf hin und her. Die tiefe Bißwunde an seinem Hals trat deutlich hervor, und Bill fragte sich, ob Ezra York bei seinen Angriffen mit allen Zähnen zubiß und nicht nur mit den beiden. Die Wunden sahen beinahe so aus.
    Um den ehemaligen Schaffner kümmerte er sich nicht. Die erlöste Kollegin war jetzt wichtiger. Bill drehte sich und packte sie an. Er schleppte sie in das Abteil, vorbei an der totenbleichen Estelle Crighton, die die Waffe hatte sinken lassen und leise schluchzte.
    Bill wuchtete die Tote auf den Sitz.
    Neben ihm brach der andere Vampir endgültig zusammen. Kein Laut drang aus seinem Mund.
    Nahtlos ging seine Existenz vom unechten in den echten Tod über.
    Neben dem Fenster blieb er liegen. Bill richtete sich wieder auf. Er zog den Mann hoch und legte ihn auf die andere Seite. Dann zog er die Vorhänge so weit wie möglich zu. Er hatte auch den Vierkantschlüssel an sich genommen, mit dem er die Abteiltür abschließen konnte. Zweimal mußte er ihn drehen, dann steckte er ihn ein.
    Estelle hatte kein Wort gesprochen. Sie stand noch immer an der gleichen Stelle. Bill sah ihr an, daß sie
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