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107 - Turm der Menschenmonster

107 - Turm der Menschenmonster

Titel: 107 - Turm der Menschenmonster
Autoren: Larry Brent
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und wie sie es formulierte. Sie
sah nur, daß Shillings Augen immer größer wurden.
    „Unmöglich, ausgeschlossen“, murmelte er.
Aber dann lief er schon los, und die Schwester einen
Schritt hinter ihm her. Die Aufregung blieb nicht unbemerkt. Andere Schwestern
tauchten auf. Die Tür zu einem Krankenzimmer wurde geöffnet. Ein
Blinddarmoperierter, der in drei Tagen entlassen werden sollte, beugte sich
über das Fußende seines Bettes, das unmittelbar neben der Tür endete, und
starrte hinaus auf den Gang.
    Henry Shillings stürzte in den Raum und
glaubte seinen Augen nicht trauen zu dürfen.
    Das Gestell mit der Infusion war umgekippt,
der Pfropfen herausgerutscht, und die Flüssigkeit bildete eine große Lache auf
dem Fußboden.
    Susan Malitt saß im Bett, stöhnte, warf den
Kopf hin und her und kämpfte gegen irgend etwas Unsichtbares, das sie von ihrem Körper fernhalten wollte.
    Sie stieß ständig hervor, daß sie nicht
wolle, daß jemand ihren Körper öffne ... daß ihr Körper ihr gehöre und niemand
sonst.
    Shillings war kreidebleich.
    „Eine Beruhigungsspritze, Schwester, schnell!
Und sagen Sie Doktor Russell Bescheid. Er soll so schnell wie möglich
hierherkommen ...“
    Es war zwischen ihm und der Patientin ein
regelrechter Kampf, um sie in die Federn zurückzudrücken. Durch die Anstrengung
war der Verband rund um ihre Brust schon völlig durchblutet.
    Diese Frau brachte sich selbst ums Leben,
wenn sie so weitermachte!
    Gutes Zureden führte zu nichts. Susan Malitt
schien den Arzt überhaupt nicht wahrzunehmen.
    Dr. Russell war ein Mann wie ein
Kleiderschrank. Mit seinen breiten Schultern kam er gerade noch durch die
Türöffnung. Er verabreichte der Patientin eine Spritze, die sofort wirkte.
    Er redete irgend etwas von einem Trauma, aber
er sprach so leise, daß seine Worte kaum an Anne Feddersons Ohren drangen.
    Die beiden weißbekittelten Männer standen vor
dem Bett der Frischoperierten und blickten auf sie hinab.
    Shillings schüttelte den Kopf. Der fünfzehn Jahre jüngere Stationsarzt schien mit dem, was der
Chefarzt da sagte, nicht ganz einverstanden zu sein.
    „Ihr unnormales Verhalten ... ihre
außergewöhnliche Kraft unmittelbar nach der Operation ... das ist doch kein
Trauma ...“
    „Sie konnte in den letzten Wochen an nichts
mehr anderes denken als an diese Operation, Doktor“, warf Russell unbeirrt ein.
„Sie hatte Angst davor. Jeder fürchtete sich vor einem Eingriff. Aber sie hat
es ganz besonders intensiv mitempfunden. Der Gedanke, daß wir ihren Körper
öffnen würden, ließ sie nicht mehr los, und dieser Gedanke ist es gewesen, der
ihr jetzt - unmittelbar nach dem Aufwachen - Kräfte verlieh, die über ihren
normalen Besitzstand hinausgingen.“
    Henry Shillings preßte die Lippen
aufeinander. Man sah ihm an, daß er sich das Hirn zermarterte und daß er versuchte,
eine Erklärung für den außergewöhnlichen Vorfall zu finden.
    „Während der Narkose befindet sich der Körper
in tiefem Schlaf, und doch gibt es Menschen, deren Unterbewußtsein Geräusche
und Lichteinflüsse registriert. Die meisten vergessen das wieder. Aber bei ihr
war das eben nicht der Fall. - Ich nehme an, es war ein einmaliger Zustand.
Nach der Spritze wird sie die nächsten drei bis vier Stunden tief schlafen ..
    Doch das war nur einer von vielen
Irrtümern...
     
    ●
     
    Sie untersuchten die Wunde und legten einen
neuen Verband an. Es wurden Geräte in das Krankenzimmer geschafft. Ein Fernauge
wurde installiert und ein Oszillograph. Atmung und Herzfrequenz wurden laufend
überwacht.
    Dr. Russell war ernst, aber zufrieden.
    „Das Herz schlägt rhythmisch, der Schrittmacher
funktioniert ganz hervorragend.“ Er beobachtete drei Minuten lang die
rhythmischen Linien auf dem Oszillographenschirm und verließ dann vor Henry
Shillings das Krankenzimmer.
    Schon eine Stunde später wurden beide Ärzte
erneut alarmiert.
    Die Wirkung der Spritze hatte schlagartig
nachgelassen. Susan Malitt tobte erneut. Doch diesmal war ihre Unruhe
rechtzeitig von den Instrumenten registriert worden.
    Als Dr. Russell und Dr. Shillings in das
Krankenzimmer kamen, fing die Patientin gerade an zu schreien.
    „Meine Brust! O mein Gott! Diese Schmerzen.
Die Hände . .. sind wieder da! Und das Messer! Er will mir das Herz aus der
Brust schneiden.“
    Arthur Russell sprach beruhigend auf Susan
Malitt ein. Schwester Anne Fedderson stand schon mit der Spritze bereit, die der
Chefarzt gern vermieden hätte. Aber die Injektion würde
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