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1059 - Der Scharfrichter

1059 - Der Scharfrichter

Titel: 1059 - Der Scharfrichter
Autoren: Jason Dark
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mich durchschaut, und ich bekam tatsächlich einen roten Kopf.
    Karina wußte, daß ich an meiner Antwort kaute und sagte deshalb: »St. Petersburg ist ja nicht aus der Welt. Wie ich hörte, bist du schon öfter in Rußland gewesen, um zusammen mit Wladimir nach irgendwelchen Dämonen zu jagen.«
    »In der Tat.« Ich dachte dabei an Donata, die Seherin, die es leider nicht mehr gab.
    »Wenn du wieder mal kommst, werden wir uns natürlich treffen, John. Wir fangen dann damit an, womit wir hier aufgehört haben.«
    »Mit Kaffeetrinken?«
    Jetzt lachte sie. »Aber Kaffee trinkt man doch erst nachher – oder? Zum Frühstück, meine ich.«
    »So siehst du das. Da hast du recht.«
    »Ich bin für meine guten Frühstücke bekannt.«
    »Und ich für meinen morgendlichen Hunger.«
    Sie breitete die Arme aus. »Was steht unserem Treffen dann noch im Wege?«
    »Der Job.«
    »Dein Schicksal?«
    »Hin und wieder schon. Du kennst doch die Geschichte von den beiden Königskindern, die zusammen nicht konnten kommen.«
    »Wir finden Möglichkeiten, John.«
    Zunächst allerdings wurden diese Möglichkeiten durch die Umstände gestoppt, denn die Maschine nach St. Petersburg flog bald ab, und die Passagiere wurden aufgerufen, sich in den entsprechenden Warteraum zu begeben. Ich begleitete Karina Grischin dorthin. Dort nahmen wir dann voneinander Abschied.
    »Paß gut auf dich auf, Geisterjäger!« flüsterte sie mit weicher Stimme.
    »Das gleiche gilt auch für dich.«
    »Klar, immer.«
    Dann umarmte sie mich. Es blieb nicht dabei. Sie preßte ihre Lippen auf meinen Mund, sie wurde weich in meinen Armen, und beim Abschiedskuß spielte sie mit der Zunge.
    Ich genoß dieses Gefühl. Leider nur sehr kurz, aber es war ein Versprechen.
    Karina Grischin löste sich von mir, winkte und rief zum Abschied: »Frühstück in St. Petersburg, John, denk daran.«
    »Werde ich machen.« Wenig später stand ich allein, sah sie nicht mehr und hatte plötzlich das Gefühl, auf einer Insel zu stehen, trotz der Fülle um mich herum.
    Ich mochte Karina Grischin. Sie war wirklich eine außergewöhnliche Frau. Nicht nur privat, auch beruflich. Ich hatte sie in Aktion erlebt. Eine wie Karina ließ sich so leicht nichts vormachen.
    In Gedanken versunken ging ich wieder zurück zum Parkplatz.
    Das Leben ging weiter und auch der Beruf, denn meine Feinde schliefen nicht. Ob wir einen großen Sieg errungen hatten, stand nicht fest, denn der echte Anführer, Draculan, war leider entkommen.
    Er hatte alles versucht, aber er war letztendlich zu gierig gewesen. Es hatte alles sehr schnell gehen müssen. Möglicherweise war er auch an seiner eigenen Gier gescheitert.
    Ich sah Maschinen, die starteten. Sicherlich befand sich auch die darunter, in der Karina saß.
    »Mach’s gut«, murmelte ich den Wolken entgegen. Dann steuerte ich die Schnellstraße an, über die ich wieder zurück nach London fuhr. In den Trubel, in die Hektik, in den Alltag eben…
    ***
    Doug Pinter war zwar noch in die Pension gegangen, nur hatte er so gut wie nicht geschlafen. Die Sorge um seine Frau fraß an ihm wie Säure. Er hatte sich eine kleine Flasche Whisky besorgt und sie fast geleert. Der Alkohol hatte ihn schließlich müde gemacht und die Angst um Mary weggeschwemmt.
    Das Erwachen war böse für ihn. Kopf- und Gliederschmerzen.
    Das dumpf-taube Gefühl im Schädel. Der Druck, der sich nach allen Seiten hin ausbreitete. Das Gefühl, nicht aufstehen zu wollen. Der Wunsch, einfach nur liegenzubleiben und weiterzuschlafen.
    Es gab noch eine andere Seite. Seine Frau. Die Angst um Sie.
    Mary war allein in der Nacht geblieben, und die Vorwürfe drängten sich automatisch in Pinter hoch.
    Er stand auf.
    Das kleine Zimmer war hell, denn durch das Fenster drang bereits das Licht des Tages. Der Kopf fühlte sich schwer an wie ein Mühlrad. Pinter wußte, daß er telefonieren mußte, jedoch nicht aus dem Zimmer; dort gab es kein Telefon. In seinem Zustand hätte er kaum ein vernünftiges Wort herausgebracht. Deshalb wollte er zunächst einen klaren Kopf bekommen.
    Der Standard dieser Pension lag auf der untersten Ebene. Eine Dusche fehlte ebenso wie die Toilette. Beides fand er im Gang, und dort machte er sich frisch.
    Auf den Schmutz in der Dusche achtete er nicht. Ihm war alles egal. Das Wasser wurde nicht richtig heiß, und es drang auch nicht eben in Massen auf ihn nieder. Aber sein Kopf klärte sich. Dafür meldete sich der Magen. Ihm wurde übel. Trotzdem verspürte er einen gewissen Hunger.
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