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1059 - Der Scharfrichter

1059 - Der Scharfrichter

Titel: 1059 - Der Scharfrichter
Autoren: Jason Dark
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auf, ich war geblendet, und ich riß beide Arme in die Höhe, weil ich plötzlich dazu getrieben wurde. Ich vollzog selbst nicht genau, was ich in diesen Sekunden erlebte. Ich war zwischen die Mühlsteine zweier konkurrierender Kräfte und Mächte geraten.
    Mein Kreuz hatte das Böse gespürt, das da aus dem Teich gekommen war. Und es hatte sich dagegengestemmt. Einen Schutzschild aufgebaut und mich gezwungen, die Arme in die Höhe zu reißen.
    Ich sah das verdammte Beil.
    Vor mir stand es.
    Wieder in Griffweite.
    Diesmal aber umhüllt von einem Streifen aus kaltem Licht.
    Widerschein des Kreuzes.
    Ich führte die folgenden Handlungen durch, ohne zu überlegen.
    Mit beiden Händen schnappte ich mir den Griff. Schon beim ersten Zupacken hielt ich ihn fest. Er rutschte mir auch nicht mehr aus den Fingern hervor. Die fremde Waffe schien mir zu passen, und ich steckte auf einmal voller Energie.
    Vor mir war der Scharfrichter aus dem Wasser gekommen.
    Wieder tropfnaß wie eine aus dem Graben gekletterte Ratte stierte er mich an. Seine Augen waren verdreht, er glotzte mehr in die Höhe, weil er wohl nicht begreifen konnte, daß seine Waffe jetzt in meinen Händen lag.
    Noch aus der letzten Gehbewegung heraus stürzte er vor. Er wollte mich mit seinen bloßen Händen töten. Er hatte sich abgestoßen, die Arme vorgestreckt. Er achtete nicht auf seine Deckung.
    Hinter den gespreizten Händen malte sich sein fürchterliches Gesicht ab. Ich konnte einfach nicht anders reagieren und schlug zu.
    Die Klinge erwischte beide Arme. Sie wurden dem Untoten abgehackt. Ich sah sie wie altes Gestrüpp zu Boden fallen, aber der Scharfrichter stand noch auf den Beinen.
    »Meinen Lohn!« brüllte er.
    »Den bekommst du!« schrie ich zurück.
    Danach schlug ich zu.
    Diesmal nicht von oben nach unten, um ihm den Kopf zu spalten, ich hatte die Waffe gedreht, so daß ihn der Hieb von der Seite her erwischte.
    Es war, als hätte ich es geübt.
    Die Klinge traf seinen Hals genau an der richtigen Stelle, und sie trennte seinen Kopf vom Körper.
    Ich hatte ihn geköpft!
    In meinen eigenen Schrei hinein hörte ich das Geräusch, mit dem sein Schädel auf den Boden schlug. Der dumpfe Laut erschien mir so endgültig. Ich brauchte nicht mehr zuzuschlagen. Kopf und Körper lagen getrennt voneinander, und so hatte ich es geschafft, die Existenz des Scharfrichters zu zerstören.
    Er würde keine Menschen mehr bei lebendigem Leib begraben!
    ***
    In den nächsten Minuten hockte ich auf dem Boden und stützte mich mit dem Rücken an der Hüttenwand ab. Ich mußte wieder zu mir selbst finden und das verarbeiten, was hinter mir lag.
    Vor mir im Gras lagen der Kopf und der Körper des Scharfrichters. Das Beil hatte ich weggeworfen, als wäre es giftig gewesen.
    Und ich dachte daran, daß ich zuletzt zum Henker geworden war.
    Doch wer Wind sät, erntet zumeist Sturm.
    Es waren zu viele Menschen durch die Rache dieser monströsen Gestalt gestorben. Sie war kein Geist, sie war kein Mensch, sie war irgendein Mittelding gewesen. Mehr brauchte und wollte ich auch nicht wissen. Aber die Menschen hier in Mayne hatten jetzt Ruhe vor ihm. Für die Toten allerdings war das kein Trost mehr. Die Schatten der Vergangenheit würden aus diesem Ort wohl nie mehr weichen…
    ENDE
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