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1052 - Die Nekropole

1052 - Die Nekropole

Titel: 1052 - Die Nekropole
Autoren: Jason Dark
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gesehen?«
    »Nein. Ist schon seltsam.«
    »Egal, komm. Der Junge ist wichtiger. Er ist, so sehe ich es, der Schlüssel…«
    Wir wären natürlich gern leise die Treppe hochgestiegen, das aber ließen die Stufen nicht zu. Sie waren nicht mit Teppichen belegt. Das weiche, leicht polierte Holz bog sich durch, und jedes Aufsetzen der Füße verursachte ein leises Knarren.
    Die Pfosten des Geländers waren dunkelrot gestrichen. Wie mit klebrigem angeschmutzten Blut. Auch sonst wirkte das Innere des Hauses nicht gerade sauber. Durch das weiche Licht wurde der meiste Schmutz überdeckt, aber nicht alles. Flecken an den Wänden, Risse und Grauschleier unter der Decke, in deren Ecken sich Spinnweben spannten.
    Suko war weiterhin vor mir geblieben. Als er nach der letzten Stufe stehen blieb, drehte ich mich um und schaute zurück. In der Umgebung des Eingangs rührte sich nichts. Sie lag da wie eine verlassene Filmkulisse. Selbst den Niedergeschlagenen sah ich nicht, da er im toten Winkel lag Ob in London, New York oder Frankfurt, die einfachen Bordelle in aller Welt glichen sich. Ein Gang mit Türen, das war alles. Dieser hier war zudem noch eng. Der Boden und die Wände schwammen im trüben gelben Licht, das aus Schalenlampen an der Decke sickerte. Die Türen zu den einzelnen Zimmern lagen etwas versteckt in schmalen Nischen.
    Was uns auffiel, war die Stille. Keine Musik, keine Stimmen. Wenn die Zimmer hauptsächlich von Frauen belegt waren, dann mußten sie ihre tiefe Schweigephase haben. Der Junge war nicht da! Für uns war das keine Überraschung. Verstecke hätte er sich hier aussuchen können. Wenn wir ihn finden wollten, mußten wir alle Zimmer durchsuchen oder zumindest in sie hineinschauen.
    Suko schüttelte den Kopf. »Ein seltsamer Puff«, sagte er. »Man hört und sieht nichts. Wenn du mich fragst, sage ich dir, daß er ziemlich verlassen ist.«
    »Leer?« Ich wollte ihm nicht so recht glauben. »Unten gab es Frauen.«
    »Die reichen anseheinend. Vergiß nicht, daß nur wenige Touristen in der Stadt sind.«
    »Okay, wir müssen uns die Arbeit teilen. Ich nehme die rechte Seite, du die linke.«
    »Einverstanden.«
    Ob der Junge gefährlich war, wußten wir nicht. Ich zog sicherheitshalber die Beretta, als ich auf die erste Tür zuging und sie öffnete. Ein dunkler Raum, in dem sich niemand aufhielt. Das Zimmer kam mir vor wie ein vergrößerter Schuhkarton, auf dem Boden malten sich die Umrisse einer Matratze ab, als Fenster diente eine Luke, und Licht spendete eine Messingleuchte, die neben einem Sitzkissen stand. Kein Waschbecken, keine Hygiene – nichts.
    Und natürlich keine Frau. Ich ging bis an das Fenster heran. Draußen war es zwar hell, nur hatte es das Tageslicht kaum geschafft, das Fenster zu erreichen. Zudem war es noch vergittert. Dahinter lag ein flaches Dach.
    Im Flur traf ich wieder mit Suko zusammen, der die Achseln zuckte. Auch er hatte keinen Erfolg gehabt. Obwohl wir beide erst ein Zimmer durchsucht hatten, breitete sich in uns allmählich der Eindruck aus, daß auch die anderen Räume leer waren. Das wollten wir natürlich genau wissen.
    Der Reihe nach öffneten wir die Türen. Zumindest auf meiner Seite besaßen alle Räume die gleiche Einrichtung. Wer hier in dieses Bordell ging, der mußte wirklich einen Riß in der Schüssel haben.
    Ich hatte einmal meine kleine Lampe eingeschaltet. Ihr Strahl hatte Ungeziefer erschreckt. Die kleinen Tiere mit ihren Chitinpanzern huschten davon, um so rasch wie möglich die dunklen Stellen zu erreichen.
    Es blieben die letzten beiden Türen. Suko grinste mir zu. »Nimmst du Wetten an, daß der Junge hinter einer von ihnen steckt?«
    »Nein, nehme ich nicht an.«
    »Schade.«
    »Worauf hättest du denn gesetzt?«
    »Daß niemand da ist.«
    »Eben.«
    Gleichzeitig öffneten wir die Türen. Ich wieder an der rechten, Suko an der linken Seite. Ich hörte Sukos Kommentar, wie er davon sprach, daß auch der letzte Raum leer war. Von mir allerdings erhielt er keine Antwort, denn etwas hatte sich verändert.
    Von der Größe her stimmte alles. Von der Einrichtung auch. Nur etwas war anders geworden.
    Das Fenster war nicht mehr geschlossen. Der Junge mußte hier gewesen sein. Er hatte es aufgezogen und war verschwunden. Er hatte es nach dem Verlassen des Raumes nicht mehr geschlossen. Später hatte er dann sicherlich den Weg über die Dächer gefunden.
    Mein Blick fiel auf ein Flachdach. Es gab höhere und weniger hohe Häuser in der Umgebung. Sie kam mir vor wie
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