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1051 - Als Verfluchte grüßen...

1051 - Als Verfluchte grüßen...

Titel: 1051 - Als Verfluchte grüßen...
Autoren: Jason Dark
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beschrieben.
    Für einen winzigen Moment durchfuhr sie ein gutes Gefühl. Da hatte ihr Sammy eine Nachricht hinterlassen. Dieser Gedanke beflügelte Ida. Sie bewegte sich schnell, riß den Zettel an sich, las die Worte einmal, zweimal, um sie dann auszusprechen.
    »Wir haben ihn!«
    Ida Cobin riß den Mund auf. Für die Dauer einer Sekunde stand sie unbeweglich, das Gesicht in maßlosem Entsetzen verzerrt. Dann war es vorbei mit ihrer Beherrschung.
    Sie schrie.
    Ida schrie wie noch nie in ihrem Leben. Als wollte sie das große Haus zusammenschreien.
    Sehr bald schon erstickte der Schrei, denn sie fiel nach vorn und landete mit dem Gesicht auf dem Kissen. Ein Beobachter hätte nur einen schräg auf dem Bett liegenden und zuckenden Körper gesehen, dessen Füße auf den Boden schlugen…
    ***
    Durch die Wohnung ging ein Gespenst. Immer den gleichen Weg.
    Vom Wohnraum in das Schlafzimmer und wieder zurück. Aber das Gespenst war ein Mensch und hieß Ida Cobin. Sie konnte es nicht verkraften, daß Sammy nicht da war. Noch schlimmer war die verdammte Nachricht gewesen, die sie immer wieder gelesen hatte.
    WIR HABEN IHN!
    Mehr hatten sie nicht zu schreiben brauchen, denn ihr war alles klargewesen. Und sie wußte noch mehr. Versagt. Sie hatte versagt.
    Es war ihr nicht gelungen, das zu beschützen, was sie am meisten auf der Welt liebte. Nun gab es nichts mehr, für das es sich noch zu leben gelohnt hätte.
    Der letzte Hammerschlag des Schicksals war der schwerste gewesen und hatte sie voll erwischt.
    Schlafzimmer, Wohnraum – Wohnraum, Schlafzimmer. Das immer und immer wieder.
    Sie war so leer. So völlig von der Rolle. Nichts würde ihr mehr gelingen. Ida lebte, doch sie fühlte sich dabei wie eine lebende Tote.
    Oder wie jemand, der neben sich selbst herging.
    Kein Leben funkelte in ihren Augen. Sie waren tot und hätten auch zu einer Leiche gepaßt. Ihr Blick glitt ins Leere. Irgendwohin. Eigentlich hätten sie etwas sehen müssen, aber sie sah nichts. Die Wohnung war ihr fremd geworden. Alles war ihr fremd. Es war so fürchterlich. Diese Welt war ohne Sonne für sie. Dunkelheit auch am Tag, Dunkelheit in der eigenen Seele.
    Manchmal sah sich Ida im Spiegel, aber sie blieb nie stehen, um sich zu betrachten. Es lohnte sich nicht, denn sie würde immer denken, von einer fremden Frau angeschaut zu werden. Dieses schmale bleiche Gesicht mit den Knochen, die vorstanden, und über die sich die dünne Haut spannte, das war sie nicht. Eigentlich waren ihre Haare braun, aber in den letzten Minuten waren sie grau geworden.
    Sie wirkten wie mit Asche gepudert.
    Den Zettel hielt sie in der Hand. Sie las den Text ständig, ohne ihn richtig wahrzunehmen. Sie konnte nur an Sammy denken, der ihr ganzes Leben gewesen war.
    Nun nicht mehr.
    Man hatte ihr den Jungen brutal genommen. Einfach entrissen. Sie waren in das Haus eingedrungen und hatten ihn geholt. Überwältigt, vielleicht bewußtlos geschlagen und dann abgeschleppt.
    Nach Zeugen brauchte Ida erst gar nicht zu suchen. In dieser verdammten Elendskaserne kümmerte sich keiner um das Leid des anderen. Hier lebte jeder für sich. Als Zeuge würde erst recht keiner auftreten. Nur nichts sagen, denn es hätte ja etwas Falsches dabei sein können. O ja, Ida kannte die Regeln.
    Es war sinnlos. Es gab Sammy nicht mehr. Also braucht es mich auch nicht zu geben, dachte sie. Was soll ich denn noch auf dieser verdammten Welt? Gar nichts. Es lohnte sich nicht mehr. Sie würde Sammy nie mehr sehen, das wußte sie.
    Die Fremden waren dreimal erschienen und hatten ihr erklärt, daß sie kein viertes Mal kommen würden, um nach Sammy zu fragen.
    Da wollten sie dann handeln.
    Und das hatten sie getan.
    Ida Cobin blieb vor der Wohnungstür stehen und nickte. Noch stand sie in ihrer Bude. Nicht mehr lange, denn sie wollte gehen, und es würde für sie ein Abschied für immer sein.
    Sie warf nicht einmal mehr einen Blick zurück. Diese Heimat interessierte sie nicht. Sie war auch keine Heimat mehr, denn sie war es eigentlich nie gewesen.
    Zuerst verließ sie die Wohnung. Wenig später das Haus. Sie trat wieder hinein in die Kälte des Februartags. Der Himmel war bedeckt. Die Wolken hingen schwer unter ihm, als hätte man sie mit Metall gefüllt. Eine feuchte Luft umgab sie. Es sah nach einem Winternebel aus, aber auch darum kümmerte sich Ida Cobin nicht mehr.
    Sie hatte sich entschlossen, die Konsequenzen aus Sammys Verschwinden zu ziehen.
    Jetzt wollte sie nur noch weg.
    Und das für
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