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1041 - Der Rächer

1041 - Der Rächer

Titel: 1041 - Der Rächer
Autoren: Jason Dark
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eine große Schuld zuweist. Aber eine Schuld, die nicht existiert.« Er hob den Kopf und schaute uns an. »Zumindest bei mir nicht, und bei meinen vier toten Brüdern hat sie auch nicht bestanden. Manchmal habe ich den Eindruck, als hätte sich ein Tor der Hölle geöffnet und das Böse entlassen. Ich weiß nicht mehr, wie ich noch zurechtkommen soll. Sie etwa?« Er schaute uns der Reihe nach an und wartete auf Antworten.
    Kollege Biker schüttelte den Kopf. Bei ihm ein Zeichen, daß er überfragt war. Dann sah ich den Blick auf mich gerichtet, und ich wollte etwas sagen.
    »Im Moment wissen wir noch keinen Bescheid. Wir kennen den Täter nicht, wir haben ihn nie gesehen, wir können nur vermuten, wer sich dahinter verbirgt.«
    »Patrick Shannon.«
    »Das denken wir auch.«
    Walter Kinsley hob die Arme, als stünde er betend vor dem Altar.
    »Warum denn? Warum nur tut jemand das? Die Menschen haben ihm nichts getan. Sie sind völlig unschuldig gewesen. Er handelt in einem nicht nachvollziehbaren und irren Haß. Unsere kleine Kirche wurde angezündet. Von einem Brandstifter. Aber nicht von einem Pfarrer. Das ist es doch, was Patrick auf den falschen Weg gebracht hat. Der Täter war keiner von uns, möchte ich mal so sagen. Ich war an diesem Abend hier, und das habe ich der Polizei auch immer wieder gesagt. Ich kann mir wirklich kein Bild mehr machen. Ich sehe überhaupt kein Motiv.«
    »Und doch muß es eins geben«, sagte Suko, der langsam seine Teetasse absetzte.
    »Welches?«
    Suko fing den schrägen Seitenblick des Pfarrers auf, dessen Gesicht einen gequälten Ausdruck zeigte. »Haß!«
    »Nein!«
    »Wieso nicht?«
    »Für mich ist der Mann nicht gesund. Er hat einen Schock erlitten. Er muß mit angesehen haben, wie seine Familie verbrannte, wenn wir davon ausgehen, daß Shannon der Täter ist. In seinem Kopf muß da etwas durcheinander geraten sein. Deshalb kann ich ihn auch nicht mit normalen Maßstäben messen. Sollte er je gefaßt werden, wäre es besser, ihn in eine geschlossene Anstalt zu stecken. Ich betone es noch einmal. Dieser Mann ist nicht gesund.«
    »Aber es gibt ihn«, sagte ich.
    »Ja, leider.«
    »Und deshalb müssen wir ihn fassen.«
    »Wie denn?«
    Da mußte ich passen. Es war zum Heulen. Wir saßen hier und diskutierten. Da verstrich Zeit. Zeit, die der andere womöglich zu neuen Untaten nutzte. Diese Vorstellung trieb mir die Röte ins Gesicht.
    Wir kannten auch zuwenig, wir wußten nicht, wo wir ansetzen konnten, aber es stand fest, daß der Brandstifter und Rächer Pfarrer haßte.
    Das Telefon meldete sich mit einem hohen Summton. Walter Kinsley entschuldigte sich, stand auf und ging zu seinem Schreibtisch, um abzuheben. Wir sahen nur seinen Rücken, bekamen allerdings mit, daß er mehrmals zusammenzuckte. Wir hörten auch seinen geflüsterten Kommentar, den er mit entsetzter Stimme abgab.
    »O Gott, das ist nicht möglich!«
    Er hörte wieder zu.
    Wir vernahmen die Stimme des Anrufers, ohne verstehen zu können, was der Mann sagte.
    Schließlich reagierte auch Walter Kinsley wieder. »Ja, ich bedanke mich, daß Sie angerufen haben. Ich werde es weitergeben. Ja, Inspektor Biker ist bei mir.«
    Er legte auf und drehte sich um.
    Sein Gesicht war totenbleich geworden.
    »Der fünfte?« fragte ich.
    Walter Kinsley nickte nur…
    ***
    Schweigen – bedrückend und schwer. Keiner von uns wußte, was er sagen sollte. Nur unsere Atemzüge waren zu hören, und wir saßen sekundenlang da wie Zinnfiguren.
    »Wo ist es passiert?« fragte Suko schließlich.
    »In einem kleinen Ort. Ungefähr zwanzig Kilometer von hier.« Mit müden Schritten näherte sich Kinsley dem Tisch und ließ sich schwer auf den Stuhl sinken. »Ich kannte meinen Kollegen. Er war schon über Siebzig, mußte aber noch drei Dörfer betreuen. Eine Frau, die Weihnachtsgestecke brachte, hat ihn gefunden. In seinem Haus.«
    »Verbrannt?« flüsterte Biker.
    Kinsley dachte einen Moment nach. »Nein«, sagte er dann. »Pfarrer Michael ist nicht verbrannt, obwohl seine Kleidung nach Benzin roch. Und da ist auch noch das Mädchen gewesen, eine gewisse Charlene, die einige wirre Aussagen gemacht hat.«
    »Welche?« fragte ich sofort.
    »Ich weiß es nicht. Die Polizei wird sie noch vernehmen. Fest steht jedenfalls, daß sie den Mörder gesehen haben muß. Da sie noch lebt, haben wir eine Zeugin.«
    »Sehr gut«, lobte ich. »Trotzdem ist mir einiges unklar, Herr Pfarrer.«
    »Was denn?«
    »Der Mann wurde nicht verbrannt, sagten Sie?«
    »Das
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