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1037 - Zurück aus dem Jenseits

1037 - Zurück aus dem Jenseits

Titel: 1037 - Zurück aus dem Jenseits
Autoren: Jason Dark
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ab. Dagmar schaute über den Tisch hinweg. Sie erkannte den fließenden und geheimnisvoll changierenden Stoff der Bluse, der Falten und Wellen warf wie ein kleines Gewässer. Darüber leuchtete das Gesicht der Wahrsagerin in einer sehr bleichen Farbe, die allerdings von einem leicht blauen oder rot-violetten Unterton gezeichnet war.
    »Wir sind nicht allein, meine Teure.«
    »Nicht…?«
    »So ist es.«
    Die folgende Frage fiel ihr schwer, weil Dagmar sich vor der Antwort irgendwie fürchtete. »Wer ist denn bei uns? Ich kann mich anstrengen, ich erkenne nichts.«
    Jamina lachte leise, aber durchaus verständnisvoll. »Sie ist da, denn sie ist immer da.«
    Dagmar irritierte die Antwort. »Von wem sprichst du? Wer ist denn sie? Bitte, ich…«
    Jamina schob ihre Hand über die Tischkante hinweg und streckte die zusammengelegten Finger ihrer neuen Freundin entgegen. »Ich meine sie damit, Dagmar.«
    »Die Kugel?«
    »Auch, meine Teure. Und doch ist sie nur die Hülle für eine andere Person, deren Geist hier alles beherrscht. Auch dich, meine liebe Freundin, auch dich…«
    »Kenne ich sie?«
    Jamina ließ sich zurückfallen. »Ja, vielleicht. Oder auch nicht. Sie hat einen wunderschönen Namen. Sie heißt Marianne, und ich spüre ihre Nähe. Sie will erscheinen, sie will sich dir zeigen. Du sollst von ihr begrüßt werden, Dagmar.«
    »Wieso denn?« flüsterte sie über den Tisch hinweg. »Ich kenne sie nicht. Ich kann nicht…«
    »Sie kennt aber dich, denn sie kennt jeden, der einen Schritt über die Schwelle meines Hauses setzt.« Nach diesen Worten stand Jamina auf und beugte sich weit über den Tisch hinweg. Mit ihren nach vorn gestreckten Händen umfaßte sie die Kugel von zwei Seiten und hob sie vorsichtig aus der Mulde.
    Gespannt schaute Dagmar Hansen zu. Sie wußte, daß etwas Besonderes bevorstand. Sie würde es nicht mehr verhindern können, und sie wollte es auch nicht. Der Weg über den Traum hatte sie hier zu der Wahrsagerin geführt, und sie würde ihn bis zum Ende gehen, egal, was auch noch alles passierte.
    Jamina hatte sich etwas erhoben, um die Kugel aus der Mulde nehmen zu können. Sie behielt sie in den Händen, als sie wieder ihren alten Platz einnahm. Es war äußerlich nichts mit der Kugel geschehen. Dagmar hatte auf eine Veränderung gehofft und sah sich nun enttäuscht, daß diese nicht eingetreten war.
    Aber das mußte ja nicht so bleiben. Es würde bestimmt einige Veränderungen geben, denn Jamina war Dagmars Gefühl nach nicht mit einer normalen Wahrsagerin zu vergleichen.
    Jamina lächelte. Ein sattes, irgendwie auch zufriedenes Lächeln umspielte ihren Mund. Sie erlebte einen Triumph, den sie immer auskostete.
    Dagmar wurde genügend Zeit gegeben, um auch über sich selbst nachzudenken. Auch die Umgebung interessierte sie plötzlich, und sie stellte fest, daß diese sich verändert hatte. Unmerklich und wie einer eingeschalteten Automatik folgend.
    Es war nicht düsterer und auch nicht heller geworden. Dennoch kam Dagmar die Umgebung dunkler vor. Irgendwelche geheimnisvolle Schatten hatten es geschafft, sich in den Raum hineinzudrängen. Sie konnte nicht sagen, woher sie gekommen waren, aber zugleich streuten von der Decke her auch schwache Lichter dem Boden entgegen.
    Die Besucherin warf einen Blick in die Höhe und erkannte die winzigen Lampen im Holz, die wie zahlreiche Augen in die Tiefe schauten, als wollten sie dort alles sehen.
    Dieser Raum hatte ein Eigenleben erhalten. Die Welt draußen war ausgesperrt worden. Zwischen diesen vier Wänden herrschte ein eigenes Flair, dem sich auch Dagmar Hansen nicht entziehen konnte.
    Sie fühlte sich nicht wohl, aber auch nicht unwohl. So wie sie mußte sich jemand vorkommen, der irgendwo auf der Grenze balancierte und noch nicht wußte, zu welcher Seite er sich wenden sollte.
    Außerdem war sie über sich selbst enttäuscht. Dagmar Hansen gehörte zum kleinen Kreis der Psychonauten und war damit etwas Besonderes. Sie wollte dabei nicht auf die eigentlichen Ziele dieser Gruppe zurückkommen, es stimmte sie nur etwas traurig, daß sie nichts von dem spürte, zu dem sie gehörte.
    Der Druck an oder hinter der Stirn fehlte. Nichts wies darauf hin, daß sich ein drittes Auge abzeichnen würde. Es schien von irgendwelchen Fesseln zurückgehalten zu werden. Dabei spürte Dagmar, daß sie trotz allem sehr nahe daran war.
    Jamina war in ihrem Element. Sie genoß es, die Kugel zwischen den Händen zu halten. Die Ellenbogen hatte sie gegen die
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