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101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)

101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)

Titel: 101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)
Autoren: Unbekannt
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er, «und ob sie ein menschliches Wesen ist oder ein Dschinn.» Diese Nacht verbrachte er, indem er unablässig an sie dachte, denn die Liebe zu ihr hatte in seinem Herzen ein Feuer entfacht, das er nicht zu löschen vermochte.
    Kaum dass der Morgen graute , bestieg er sein Pferd und begab sich wieder auf die Reise. Wie er gerade so unterwegs war, hörte er plötzlich jemanden rufen: «He, Abdallah Ibn Muhammad von Kairouan!» Und siehe da! Das Mädchen saß vor ihm auf einem Stein, genau wie beim ersten Mal. Er grüßte sie, und sie erwiderte den Gruß. Doch dann begann sie zu schimpfen. «Du Lügner und Betrüger!», zeterte sie. «Du wolltest deinen Schützling hintergehen! Hast du so wenig Geduld? Kannst du dich nicht beherrschen? Warum wartest du nicht, bis du auf erlaubte Weise an das gelangst, was du begehrst? Muss es durch die Sünde sein? Nun ja», lenkte sie ein, «für dieses Mal sei dir dein Fehltritt verziehen, denn du bist ein junger Mann und hast noch wenig Lebenserfahrung.»
    Als er ihre Rede gehört hatte , zog er eines seiner Gewänder aus und warf es ihr über. Er setzte sie hinter sich aufs Pferd und ritt mit ihr zum nächsten Rastplatz. Dort ließ er sie in einem Zelt ausruhen, wie er es schon einmal getan hatte, und wartete auf den Rest der Reisegesellschaft.
    Mitten in der Nacht aber überkam ihn wieder das Verlangen, dasselbe zu tun, wonach es ihn in der ersten Nacht gelüstet hatte. Er hatte sich bereits die ganze Zeit hinter ihrem Zelt aufgehalten, ohne sich wegzubewegen, und hatte sie bewacht, damit sie nicht fortlaufen konnte. Jetzt schaute er nach ihr – und fand sie nicht. Er suchte sie bei den Reisegefährten – auch dort war sie nicht. Sie war spurlos verschwunden. Darüber wunderte er sich . Als der Morgen graute, bestieg er sein Reittier und ritt, wie er es gewohnt war, weiter durchs Land, seinen Reisegefährten voraus. Wie er nun gerade so auf einem freien Ödland anhielt, hörte er plötzlich den Ruf: «He, du da!»
    Er wandte sich um – und was sah er da? Dasselbe Mädchen kam hinter einem Stein hervor, und wieder war sie splitternackt.
    «Du schändlicher Lump!», herrschte sie ihn an. «Du wolltest wieder dasselbe tun wie in der ersten Nacht! Aber dein Fehltritt sei dir verziehen, denn wir Frauen wurden ja als Versuchung für das männliche Geschlecht erschaffen.» Und wieder legte er ihr eines seiner Gewänder um, setzte sie hinter sich aufs Pferd und ritt im Schritttempo weiter, bis die Sonne so heiß herunterbrannte, dass er fast gestorben wäre .
    «Die Sonne sticht uns schon», sagte das Mädchen zu ihm. «W ie wäre es, wenn wir zu einem Baum in der Nähe gingen? Ich kenne einen hier, unter dem sogar eine Quelle sprudelt. Dort können wir im Schatten sitzen und aus der Quelle trinken, bis die Reisegesellschaft zu uns aufgeschlossen hat.»
    «Aber ja!», pflichtete ihr der junge Mann bei. «W as für eine gute Idee!»
    An dieser Stelle unterbrach das Morgengrauen Schahrasad , und sie verstummte. Der König erhob sich, entzückt von ihrer spannenden Geschichte, befestigte einen Siegelklumpen an der Tür und siegelte ihn mit seinem Ring. Dann begab er sich in seine Regierungsgemächer.
    Die vierte Nacht

    So spricht Faharâyis, der Philosoph:
    Und in der folgenden Nacht kam der König, brach das Siegel auf und schlief mit dem Mädchen bis zu der bewussten Zeit.
    Da rief Danisad ihr zu: ~ Ach meine Schwester! Ach, Schahrasad , erzähle doch unserem Herrn, dem König, deine schönen Geschichten!
    ~ Einverstanden, mein Gebieter, erwiderte sie. ~ Und so geht die Geschichte weiter:
    Er ritt auf den Baum zu, den sie ihm beschrieben hatte, stieg vom Pferd und ließ sich unter dem Baum nieder. «Hier werde ich mir endlich nehmen, was ich von ihr ersehne, und mein Verlangen stillen», sprach er zu sich selbst.
    Doch wie er gerade noch darüber nachdachte, sprang mit einem Mal das Mädchen auf ihn zu, umfasste ihn, hob ihn in die Höhe und schlug ihn krachend auf die Erde nieder. Dann band sie seine Arme mit einer Handfessel hinter dem Rücken zusammen.
    «Jetzt habe ich dich!», frohlockte sie. «Bei Gott, du wirst etwas erleben! Dir werde ich’s zeigen! Ich bin ja schon jahrelang hinter dir her und versuche dich zu fangen, aber erst jetzt ist es mir geglückt!» Mit diesen Worten stieg sie aufs Pferd, hob ihn hinter sich in den Sattel und ritt mit ihm quer durch die Wüste bis zu einem Schloss, das sich mitten in dem freien, öden Land erhob, ohne irgendein anderes Gebäude in
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