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101 - Das Narbengesicht

101 - Das Narbengesicht

Titel: 101 - Das Narbengesicht
Autoren: Dämonenkiller
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seelischen Schmerz, den sie in ihm auslösten - und er begriff auf einmal, weshalb Niko so empfindlich auf die Radiomeldung reagiert hatte. Eingebildete Ängste waren oft stärker als jede reale Bedrohung.
    Nara spürte, daß sich seine Nackenhaare sträubten. Er hätte am liebsten die Scheinwerfer eingeschaltet, und er zuckte jedesmal zusammen, wenn ein Ast unter den Reifen zersplitterte.
    Plötzlich erschien zwanzig Meter vor ihm ein gedrungender Körper. Der Fremde verharrte unentschlossen, machte dann eine Kehrtwendung und verschwand wieder zwischen den dichtstehenden Bäumen.
    Nara trat das Bremspedal bis zum Anschlag durch. Niko schrie entsetzt.
    „Was ist passiert? Warum hältst du an?"
    Nara deutete mit zitternder Hand in die Fahrtrichtung.
    „Ich sehe nichts!" sagte sie schrill.
    Schweißperlen sickerten unter seinem Haaransatz hervor. Seine Augenlider zuckten.
    „Fahr doch weiter, Nara!"
    Er ließ den Gang einrasten und beschleunigte. Der Wald stand schwarz und schweigend vor ihnen. Trotzdem wurde er den Eindruck nicht los, daß zahllose Augenpaare ihn beobachteten. Dann konnte er sich nicht länger beherrschen. Er schaltete das Licht ein. Schlagartig wurde der Waldweg in gleißendes Licht getaucht. Unmittelbar vor ihnen sprangen fünf Gestalten hoch, hüpften um den Wagen herum und tauchten dann im finsteren Wald unter.
    „Nara!" schrie die junge Frau. „Sie haben uns umzingelt. Ich weiß, daß sie uns töten werden!"
    Sie klammerte sich an seinen Arm und barg ihr Gesicht an seiner Brust.
    „Hör zu schreien auf, Niko! Ich fahre die Meute über den Haufen. Solange wir im Wagen sind, kann uns nichts passieren."
    Jetzt war der Waldweg wieder frei. Die Bodenwellen zeichneten sich im Scheinwerferlicht reliefartig ab. Nara trat auf das Gaspedal. Der Motor heulte auf. Das Fahrzeug machte einen Satz und schlitterte über den schmalen Waldweg. Niko schrie laut, als ein Hindernis vor ihnen auftauchte. Nara bremste sofort, doch er konnte nicht verhindern, daß der Wagen herumgeschleudert wurde und mit dem rechten Kotflügel gegen den querliegenden Baumstamm stieß. Ein schmetternder Schlag ertönte. Dann erstarb das Motorengeräusch.
    „Ich will hier raus!" keuchte Niko.
    Sie wollte den Anschnallgurt lösen, doch Nara ergriff ihre Hand.
    „Du darfst jetzt nicht durchdrehen, Niko", sagte er mühsam beherrscht. „Ich wende den Wagen. Wenn wir zurückfahren, sind wir gerettet."
    „Nein!" schrie sie. „Ich will hier raus! Der Wagen ist eine Todesfalle."
    Nara gab ihr eine Ohrfeige. Darauf sank sie schluchzend auf dem Sitz zusammen und krümmte sich. „Tut mir leid, Kleines. Aber es ging nicht anders."
    Nara drehte den Zündschlüssel und ließ den Motor an. Er legte den Rückwärtsgang ein. Mit einem Ruck löste sich der verbeulte Kotflügel vom Baumstamm. Dann drehten die Vorderräder durch. „Auch das noch!" preßte er hervor. „Ich muß die Räder freischaufeln. Anscheinend Sandboden. Wir stecken fest."
    Als Nara durch die Windschutzscheibe blickte, glaubte er zu erstarren. Hinter dem querliegenden Baumstamm standen sechs Männer. Ihre Augen schimmerten wie Kieselsteine, und ihre Gesichter sahen wie moosüberwucherte Totenschädel aus. Die Münder sabberten, und die dürren Arme streckten sich gierig nach ihm aus.
    „Neiiiin!"
    Niko zuckte hoch, doch Nara preßte sie fest an sich.
    „Nicht hinsehen, Niko! Du darfst sie nicht sehen."
    Er rutschte im Sitz herunter. Er wäre am liebsten im Boden versunken. Doch er wußte, daß es keine Fluchtmöglichkeit für sie gab. Sie waren allein mit den Schreckensgestalten. Um sie herum war nur Wald.
    Die Unheimlichen krochen über den Baumstamm hinweg. Als einer von ihnen an den Ästen hängenblieb, zückte ein anderer die Axt und trennte die Äste einfach ab. Die verdreckte Klaue des ersten tastete nach dem Türknopf.
    Nara reagierte sofort und drückte den Sicherungsknopf nach unten. Im gleichen Augenblick riß ein anderer Freak die rechte Tür auf. Niko bäumte sich in wilder Panik im Sitz auf. Der Unheimliche packte sie am Kleid. Er achtete nicht darauf, daß sie noch angeschnallt war. Niko schrie vor Schmerz, und der Stoff ihrer Bluse zerriß.
    Nara griff nach dem kleinen Feuerlöscher, der im vorderen Ablagefach lag. Er schmetterte ihn auf die Hand des Angreifers. Die Kreatur gab ein Röcheln von sich und ließ Niko los. Nara verschloß sofort die Tür.
    „Das sind keine Terroristen!" preßte er schwer atmend hervor. „Das sind die reinsten Ungeheuer."
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