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1005 - Im Bann des alten Königs

1005 - Im Bann des alten Königs

Titel: 1005 - Im Bann des alten Königs
Autoren: Jason Dark
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Ihm war kalt und warm zugleich. Der Schweiß hatte sich in seinen Achselhöhlen gesammelt und die Haare dort klebrig werden lassen. Er bewegte heftig seinen Mund, ohne allerdings etwas zu essen oder zu schlucken. Er war »nur« nervös.
    Licht gab es auch.
    Noch hatte er seine Hand nicht in Richtung Schalter bewegt. Er ließ sie auch noch in den folgenden Sekunden unten. Schließlich aber hob er sie an. Der Arm schien mit einer schweren Masse gefüllt zu sein. Er spürte jeden Muskel, aber er machte weiter, fand den Schalter und legte ihn um.
    Selbst das leise Klicken erschreckte ihn dabei, und der Constabler zuckte zusammen.
    Das Deckenlicht fiel auf die beiden Toten.
    Es malte sie so grausam an. Es leuchtete die Menschen aus, als sollte dem Beobachter jede Einzelheit präsentiert werden. Wieder hatte er den Eindruck, als schliefen die beiden, aber das stimmte nicht. Sie waren tot, und sie waren auf eine verdammt miese Art und Weise ums Leben gekommen.
    Die Wunden waren nicht zu sehen. Planen verdeckten sie. Doch einige eingetrocknete Blutflecken zeichneten sich in den beiden wächsernen Gesichtern ab.
    Terence Bull wollte zwar nicht unbedingt näher an das Ziel heran, aber da war auch eine Kraft oder ein Drang in ihm, der ihn nach vorn zu schieben schien.
    Diesmal reagierte er wie seine Frau bei ihrem Besuch. Er fing an zu schnuppern.
    Einige Male saugte er die Luft ein. Sie war nicht gut, das stimmte schon, aber sie roch nicht nach Verwesung. Nicht süßlich oder stinkend, eher muffig. Als ob der Raum lange nicht gelüftet worden war.
    Während Bull mit staksigen Schritten auf die Toten zuging, spielten sich wilde Szenen in seiner Phantasie ab. Er ärgerte sich darüber, daß sie ihm gerade jetzt in den Sinn kamen. Das lag wohl an der Umgebung und war auch nicht so rasch zu ändern.
    Die Bilder glichen einem Mosaik des Schreckens. Er sah die Frau und den Mann, wie sie ihre Laken von sich wegstießen und dann ihre durch Wunden gezeichneten Körper in die Höhe drücken.
    Einen Moment später wälzten sie sich von der Liege.
    Dabei hatten sie ihm ihre Gesichter zugewandt. Wachsbleiche, glatte Fratzen mit geöffneten Augen, in denen das fahle Licht einer anderen Welt glomm. Arme und Hände streckten sich ihm entgegen. Eine graue Haut wuchs an den Gliedern entlang, rissig und von bläulichen Adern durchzogen, in denen aber kein Blut mehr floß.
    Der Constabler blieb stehen. Dabei wischte er durch sein Gesicht, um diese schrecklichen Bilder zu vertreiben. Er schaute wieder hin – und es war alles normal.
    Weder die Frau noch der Mann hatten sich erhoben. Sie lagen weiterhin auf dem Rücken. Wären sie noch am Leben gewesen, dann hätten sie auch zur Decke starren können.
    Geschlossene Augen. Bull lächelte. Gut war das, sehr gut. So mußte es auch sein und…
    Plötzlich riß etwas in ihm.
    Ja, er hatte tatsächlich den Eindruck, als wäre in seinem Kopf und direkt hinter der Stirn etwas zerrissen worden. Ihn durchfuhr kein Schmerz, er konnte das Gefühl überhaupt nicht beschreiben, aber es war da. Vielleicht war es auch das Entsetzen, das sich darin so ausdrückte.
    Es war etwas geschehen.
    Nicht mit beiden Toten, nur mit einer Leiche, und zwar mit der männlichen.
    Terence Bull tat nichts. Er blieb einfach nur stehen. Er versuchte auch, seine Gedanken auszuschalten, um sie dann auf einen bestimmten Punkt zu konzentrieren.
    »Ich habe sie gesehen«, flüsterte der Constabler vor sich hin. »Ich habe beide gesehen. Den Mann und die Frau. Und ich weiß auch, wie sie ausgesehen haben…« Seine Worte versickerten, denn jetzt hatte er wieder in das Gesicht der männlichen Leiche geschaut. Realität und Erinnerung hielten sich bei ihm die Waage. Auf einmal wußte er Bescheid. Nicht nur das. Der Mann war sich hundertprozentig sicher.
    Horace F. Sinclair hatte vor kurzem noch mit geschlossenen Augen auf dem Rücken gelegen.
    Das war jetzt vorbei.
    Seine Augen standen offen!
    ***
    Der Constabler wußte nicht, was er sagen oder wie er reagieren sollte. Er stand auf der Stelle und glotzte nach unten. Er sah das Gesicht, aber die Züge oder Umrisse waren für ihn nicht mehr klar zu erkennen. Sie verschwammen, als liefen Tränen aus seinen Augen hervor.
    Kein Irrtum. Leider keine Täuschung. Die Augen des toten Horace F. Sinclair standen weit auf. Im Gegensatz zu denen seiner Frau. Sie lag mit noch geschlossenen Augen neben ihm. Bewegungslos, wie es sich eben für eine Tote gehörte.
    Er verzog die Lippen. Der Schweiß brach
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