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100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

Titel: 100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder
Autoren: Hugh Walker
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lassen. Wir kamen in Klaras Zimmer zusammen, Willie, Kurt, Klara, Julia und ich. Vom Fenster aus beobachteten wir, wie der Oberinspektor und seine Männer durch den Ort gingen und verschiedene Häuser betraten. Ich fragte mich, was man ihm wohl vorlog. Vermutlich etwas, das wesentlich glaubhafter war als die Wahrheit.
    Resigniert wollte ich mich abwenden, da sagte Willie: „Ist das nicht der Zeitungsfritze?“
    „Wo?“
    „Dort auf der Hauptstraße. Wohin geht er bloß?“
    Tatsächlich war es Schwaber, der die Hauptstraße entlang eilte. Gleich darauf bog er nach links ab. „Zum Friedhof will er“, sagte ich. „Dieser Narr. Warum wartet er nicht, bis es dunkel ist?“
    „Da ist noch jemand!“ entfuhr es Kurt. „Scheint ihm zu folgen.“
    Wir hatten den Mann gleichzeitig entdeckt. Er hielt etwas in der Hand, das wie ein Stock aussah, bemühte sich, mit Schwaber Schritt zu halten.
    Als Schwaber den Friedhof erreichte und durch das Tor verschwunden war, hob der Mann den Gegenstand und hielt ihn hoch.
    Es war ein Gewehr!
    Auch die anderen bemerkten es, während ich zur Tür eilte. Der Polizist auf dem Korridor öffnete den Mund, um mich barsch in den Raum zurückzuverweisen. Aber ich ließ ihn nicht zu Wort kommen.
    „Rasch!“ rief ich. „Kommen Sie! Am Friedhof geschieht ein Mord!“
    Er sah mich verblüfft an. Ich zog ihn zum Fenster.
    „Dort!“
    Schwaber war zwischen den ersten Gräberreihen sichtbar. Dahinter, so daß der Reporter ihn nicht sehen konnte, machte sein Verfolger sich daran, ihn aufs Korn zu nehmen.
    Fluchend wollte der Polizist nach unten laufen, aber ich hielt ihn am Arm fest. „Zu spät. Sie müssen schießen!“
    „Das ist zu weit“, keuchte er. „Da trifft keiner!“
    „Möglich, aber der Schuß wird den Reporter warnen. Er hat angelegt! Rasch.“
    Er fummelte an seiner Pistolentasche, und es schien mir eine Ewigkeit, bis er sie offen hatte, die Waffe entsichert hatte und sie mit zittriger Hand aus dem Fenster hielt.
    Als der Schuß krachte, zuckten beide zusammen, Schwaber und sein Verfolger. Der Polizist feuerte erneut. Selbst auf die große Entfernung war der Einschlag der Kugel im Schotter zwischen zwei Gräbern zu sehen.
    Schwaber duckte sich und verschwand zwischen den Grabsteinen. Sein Verfolger feuerte zweimal. Aber es war nicht zu erkennen, ob er traf. Dann waren beide aus dem Blickfeld verschwunden. Von der Hauptstraße her näherte sich Berger an der Spitze eines halben Dutzend seiner Männer. Sie hielten die Waffen feuerbereit.
    Ich atmete auf und klopfte dem Polizisten auf die Schulter. „Das ist gutgegangen.“
    „Verdammt makaber, jemanden am Friedhof umzulegen.“
    „Sie werden jeden umzubringen versuchen, der sich am Friedhof zu schaffen macht. Da liegt nämlich der Schlüssel zum Geheimnis. Sagen Sie das Ihrem Oberinspektor.“
    Er sah mich verwundert an. „Woher…?“ begann er.
    „Spricht das nicht dafür?“ unterbrach ich ihn und deutete hinaus.
     

     
    Der Oberinspektor ließ nicht lange auf sich warten. Er musterte uns zweifelnd. Er hatte zwei Männer an seiner Seite, die einen Mann in Handschellen hereinführten.
    „Einer meiner Männer behauptet, Sie wüßten etwas über den Vorfall im Friedhof“, begann Berger. Es klang wenig überzeugt.
    Ich musterte ihn kühl. „Sie haben die falsche Einstellung“, bemerkte ich. „Wir haben Ihnen Informationen anzubieten. Daß sie Ihnen unwahrscheinlich erscheinen, ist Ihre Sache. Ich könnte mir denken, daß wir den simplen, einleuchtenden Erklärungen der Gehrdorfer Einwohner nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen haben.“ Ich sah mir den Gefangenen an, der mich haßerfüllt anstarrte. Zu spät bemerkte er, daß auch der Inspektor ihn beobachtete.
    „Er war es, der auf Schwaber schoß. Kennen Sie ihn?“ fragte Berger.
    Ich schüttelte den Kopf. „Es ist nicht von Bedeutung, welcher es war. Sie sind alle schuldig. Sie wollen alle überleben. Deshalb sind wir alle auf der Abschußliste. Weil wir zu viel wissen.“
    Berger starrte mich nachdenklich an. Sein Interesse schien plötzlich erwacht. Vielleicht war es die haßerfüllte Miene des Gefangenen, die es geweckt hatte.
    „Was haben Sie zu sagen?“
    „Ein vertrauliches Gespräch“, erwiderte ich. „Ohne Ihre Männer. Damit Sie kein Gesicht zu wahren haben.“
    Er nickte nach einem Augenblick. Dann winkte er seinen Männern, den Gefangenen nach draußen zu bringen.
    „Schließen Sie ihn gut ein“, warnte ich. „Lassen Sie keine Besuche zu ihm.
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